Kirsten Dorsch x Wincor Nixdorf Top-Ten x IT-Executive des Jahres

Auf den Fahrplan kommt es an

03.11.2005
Das Ziel definieren, im Austausch mit anderen den richtigen Weg dorthin finden und ihn dann konsequent gehen - an dieses Konzept hält sich Kirsten Dorsch grundsätzlich, vor allem aber in ihrer Funktion als CIO der Wincor Nixdorf AG.

Kirsten Dorsch geht die Dinge pragmatisch an. Die nutzenorientierte Vorgehensweise der Diplomkauffrau hat sich auch im Hinblick auf das in ihren Augen wichtigste Projekt bei dem Paderborner Anbieter von IT-Lösungen für Retail-Banken und Handelsunternehmen bewährt: Innerhalb von nur zwei Jahren stellte das IT-Team unter Dorschs Ägide die gesamte technische Basisinfrastruktur des in Europa, Asien und Amerika agierenden Unternehmens auf neue Beine. "Wir haben die Infrastruktur in elf Themenblöcke - so genannte IT-Gewerke - unterteilt, jedes einzeln sowie auf ihre Abhängigkeiten zueinander untersucht und komplett neu konzipiert", beschreibt Dorsch das komplexe Unterfangen. Sinn und Zweck der Neuausrichtung war nicht zuletzt, der raschen Expansion des Konzerns IT-seitig in Sachen Geschwindigkeit und Flexibilität gerecht zu werden. Angesichts des dynamischen Wachstums von Wincor Nixdorf sei es entscheidend, neue Mitarbeiter, neue Standorte oder auch neu gegründete Einheiten zügig in die IT-Landschaft einzubinden, erklärt die IT-Managerin.

Zur Person

• Seit 1997: CIO bei Wincor Nixdorf;

• 1990 bis 1996: Leiterin Materialbuchhaltung und diverse Projektleitungsfunktionen im kaufmännischen Bereich für Retail und Banking bei der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI);

• 1987 bis 1990: Controllerin im zentralen Produktions-Controlling bei der Nixdorf Computer AG;

• 1985 bis 1987: DV-Organisatorin bei der Walterscheid GmbH;

• Ausbildung: Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster.

Erfolgsbausteine

• Umstellung der gesamten IT- Basisinfrastruktur in einzelne Themenblöcke;

• Standardisierte IT-Infrastruktur als Grundlage für ein End-to-End-Monitoring von Prozessen und Endgeräten;

• Ausgeprägte Ziel- und Team- orientierung.

Für das Team um Dorsch bedeutete das nicht nur, im Zeitraum zwischen 2002 und 2004 die gesamte Telekommunikationsinfrastruktur in Deutschland auf Voice over IP (VoIP) umzustellen und zehn zuvor in fremder Obhut befindliche Rechenzentren auf zwei in Eigenregie betriebene Server-Standorte in Paderborn und Singapur zu reduzieren. Gleichzeitig galt es, das ehemalige, auf Frame-Relay-Technik basierende WAN durch ein MPLS-geswitchtes (Multi Protocol Label Switching) und damit priorisierungsfähiges Netz zu ersetzen. Parallel dazu hatte die veraltete Server-Landschaft einer skalierbaren Terminal-Server-Farm auf Basis von Blade-Servern zu weichen. Des Weiteren erfolgte der Rollout von mittlerweile rund 5500 standardisierten Hardware-Clients, und last, but not least entstand eine eigene weltweite LAN-Infrastruktur.

Dass ein Aufgabenpaket dieser Größenordnung nur mittels straffer Projektorganisation und starker Teams zu bewältigen ist, versteht sich von selbst. "Natürlich waren hier und dort noch Daten zu migrieren, aber im Prinzip war alles so gut vorbereitet, dass am Ende vor Ort nur noch die Systeme angeschlossen werden mussten", blickt Dorsch zurück.

Flexibilität im Fokus "Wir haben eine gute Basis für die künftige Anbindung weiterer Lokationen geschaffen", resümiert die IT-Chefin zufrieden. Die über das Mammutprojekt angestrebten Ziele wurden erreicht: Die homogenisierte und merklich stabilere IT-Landschaft verursache heute insgesamt um 25 bis 30 Prozent weniger Kosten, gleichzeitig seien Flexibilität und Leistung deutlich gestiegen, so Dorsch. So werden heute bei dem mit rund 100 Standorten in gut 90 Ländern agierenden Konzern nicht nur IT-bezogene Störungen über den rund um die Uhr besetzten End-User-Helpdesk gemeldet. Auch die Verteilung von Software und Security-Patches erfolgt mittlerweile auf diesem Weg - automatisch und damit schnell. Darüber hinaus ermöglicht die neue Infrastrukturbasis das End-to-End-Monitoring sowohl von Vorgängen als auch von Endgeräten, was insbesondere im Hinblick auf die IT-Unterstützung der Serviceprozesse bei Wincor Nixdorf von Bedeutung ist.

Zur IT kam Dorsch über ihr grundsätzliches Interesse an Prozessen und ein Faible für die Optimierung von Abläufen. Nach dem Studium war die heute 44-Jährige zunächst als DV-Organisatorin bei der Walterscheid GmbH, einem Anbieter von landtechnischen Antriebs- und Anbausystemen, aktiv - eine Tätigkeit, die die damalige Berufsanfängerin noch als "zu IT-lastig" empfand. Besser aufgehoben fühlte sie sich im zentralen Produktions-Controlling bei der Nixdorf Computer AG, der nächsten Station ihrer beruflichen Laufbahn. Hier war sie federführend in diverse Optimierungsprojekte etwa in den Bereichen Bestandsführung, Materialwirtschaft und Investitionsplanung involviert, bis sie - nach der Verschmelzung von Nixdorf und Siemens - die Leitung der Materialbuchhaltung übernahm. Erneut und stärker mit der IT konfrontiert wurde Dorsch dort als Leiterin eines Projekts im kaufmännischen Bereich, das die Neugestaltung der gesamten Verfahrenslandschaft zum Ziel hatte, bevor sie 1997 bei Wincor Nixdorf die neu geschaffene CIO-Position besetzte.

Der CIO als Dolmetscher Ein ausgeprägtes Verständnis für Prozesse sowie die Fähigkeit, bereichsübergreifend zu arbeiten und Anforderungen zusammenzuführen, zählt Dorsch zu den Kerndiziplinen, die ein CIO beherrschen muss, um seiner Schnittstellenfunktion zwischen den Fachbereichen, dem Management und der IT gerecht zu werden. Wichtig sei Kommunikationstalent: "Ein CIO muss technische Inhalte verständlich vermitteln, aber auch das Prozessverständnis in die IT transportieren können."

Spezielle Hürden als Frau in der nach wie vor männerlastigen IT-Domäne hatte Dorsch nie zu überwinden. "Oder ich habe sie nicht wahrgenommen", überlegt die Cheftechnologin von Wincor Nixdorf, die in der ihr verbleibenden knappen Freizeit auch noch eine Familie "betreibt". Privat setzt sie ebenfalls auf Organisation - und auf ihr Team: "Bei uns zu Hause müssen alle mit anpacken - sonst wäre das nicht möglich." n

Katharina Friedmann