Auf dem Weg zur Normalitaet

03.12.1993

Langsam, aber sicher haben wir auch in Deutschland normale TK- Verhaeltnisse; oder wie sonst waere die Absichtserklaerung von RWE, Mannesmann und Deutscher Bank zu deuten, kuenftig im nationalen wie internationalen Business mitzumischen? Zumindest gehoert das Engagement branchenfremder Firmen in der Telekommunikation anderenorts - etwa in den USA, wo sich Filmindustrie und Kabelfernsehgesellschaften beim Wettrennen um lukrative TK-Joint- ventures gegenseitig die Klinke in die Hand geben - laengst zur Tagesordnung. Auch im europaeischen TK-Musterlaendle Grossbritannien kraeht mittlerweile (fast) kein Hahn mehr danach, wenn im kommenden Jahr mit "Energis" eine von den britischen Stromversorgern gegruendete TK-Company BT und Mercury Paroli bieten will.

Die fuer 1998 vorgesehene Abschaffung des Telefondienstmonopols steht daher gerade in der bundesdeutschen TK-Landschaft wie ein Menetekel an der Wand. Auf dem Weg dorthin scheint sich durch das vom Postministerium in Kraft gesetzte Genehmigungskonzept Corporate Networks eine lukrative Nische zu entwickeln, in der es sich noch so mancher Anbieter von Sprach- und Datendiensten bequem machen duerfte. Wenn man dann noch in Rechnung stellt, dass sich ein Konzern wie Mannesmann, der tief in den roten Zahlen steckt, neben dem "Abenteuer" Mobilfunk noch ein weiteres millionen-, wenn nicht milliardenschweres TK-Standbein leisten will, ist ueber die Attraktivitaet der kuenftigen Wachstumsbranche Nummer eins alles gesagt.

Ob dadurch allerdings jetzt schon, wie so mancher Zeitgenosse glaubt, die Telekom-Festung wankt, ist eine andere Frage. Im TK- Markt agieren heisst zunaechst investieren - und da werden so manchem vollmundig skizzierten Planspiel eines selbsternannten Carriers erst noch Taten folgen muessen. Andererseits, viel Zeit bleibt der Telekom - trotz eines Hoffnungsschimmers in Sachen Postreform - wahrlich nicht mehr, um sich auf die neuen Verhaeltnisse einzustellen.

Dies vor Augen, haben sich die Mannen um Helmut Ricke in den letzten zwei Jahren geradezu verzweifelt um internationale Allianzen bemueht; herausgekommen ist dabei aber mit Sicherheit nicht das, was sie sich urspruenglich vorgestellt hatten. Ohne Zweifel bildet da die Kooperation mit France Telecom, eine fuer Europa ausreichende Basis; das derzeit erneut heftige Werben um AT&T zeigt jedoch, woran es bei den Bonnern nach wie vor hapert - naemlich an der Moeglichkeit, in Nordamerika und Fernost zumindest den Fuss in die Tuer zu bekommen. Daran aendert auch der Aktionismus nichts, mit dem die Telekom-Chefetage bis dato die strategische Ausrichtung betrieb. France Telecom, vielleicht auch AT&T, Infonet, Eunetcom und demnaechst Detesystem - die Anwender werden irgendwann wissen wollen, wofuer die Bonner mit welchem Namen einstehen. gh