Leasinganbieter bekräftigt: Nie betrogen oder gefälscht

Auf Anregung des US-Gerichts:IBM und Comdisco einigen sich

15.11.1991

CHICAGO (CW) - Im Streit mit der IBM um angeblich gefälschte Memory-Upgrades in 3090-Mainframes verzeichnet die Comdisco Inc. einen Teilerfolg: Big Blue zog einen Antrag auf einstweilige Verfügung zurück; der Leasing- und Wartungsanbieter verpflichtete sich seinerseits, alle betroffenen Kunden zu benachrichtigen.

Der mit der Klage befaßte Federal Court in Chikago hatte die Parteien am 28. Oktober aufgefordert, sich möglichst außergerichtlich zu einigen. Eine Zusammenkunft von Vertretern des Mainframe-Herstellers und der Leasing-Company erbrachte ein Abkommen, das das Bundesgericht in der vergangenen Woche billigte und damit in den Rang eines gerichtlichen Beschlusses erhob. Dieser verfügt folgendes:

Das Leasing- und Wartungsunternehmen aus Rosemont bei Chikago verpflichtet sich, bei Leasing oder Verkauf von Hauptspeicher-Aufrüstungen gegenüber seinen Geschäftspartnern nicht den Eindruck hervorzurufen, als seien von Dritten gefertigte oder modifizierte Memory-Karten von IBM hergestellt oder in ihrem aktuellen Zustand durch Big-Blue-Techniker gewartet worden. Die Kunden, so der Beschluß, dürfen auch nicht im Glauben gelassen werden, sie könnten künftig für die Speicherteile Wartungsleistungen von IBM beanspruchen. Vielmehr ist Comdisco nunmehr verpflichtet, Anwender modifizierter Boards von sich aus darauf hinzuweisen, daß diese nicht aus der IBM-Fertigung stammen, in ihrer gegenwärtigen Form nicht von IBM gewartet wurden und daß auch kein Anspruch auf Wartungsleistungen des Herstellers besteht.

Eventuelle Folgen bereits getätigter Geschäfte sollen dem Beschluß zufolge abgefangen werden, indem Comdisco jeden einzelnen betroffenen Kunden, aber auch Big Blue unverzüglich über die Identität und Herkunft fremder Speicherkarten unterrichtet.

Comdiscos Executive Vice-President Robert Bardagy wies nach dem Gerichtsbeschluß erneut IBMs Behauptung zurück, bei einigen Kunden seien Funktionsfehler der Speicherkomponenten aufgetreten. "Vor dem Verfahren haben wir seitens der Kundschaft von keinem einzigen Problem mit der Zuverlässigkeit eines der modifizierten Speicher gehört, die wir verkauft oder verleast haben", so Bardagy. Bis heute, betonte er, habe IBM die Behauptung nicht belegt. Comdisco dagegen hat sich nach eigener Darstellung mit allen Kunden in Verbindung gesetzt, an die jemals eine modifizierte Speicherkarte geliefert worden sei. Diesen Geschäftspartnern habe man verschiedene Optionen angeboten, wie die Wartung für die Memories - entweder durch IBM oder Third Parties - weiterhin gesichert werden könne. (siehe CW Nr. 45 vom 8. November 1991, Seite 1: "Fälschung".").

Darüber hinaus, betonte Thomas Flohr, Geschäftsführer der Comdisco Deutschland GmbH, gegenüber der COMPUTERWOCHE, gebe es auch nach der gerichtlichen Maßgabe keinen Anlaß, das Verhalten gegenüber den Kunden zu ändern. Er bekräftigte, daß Comdisco 3090-Maschinen mit von Drittanbietern getunten Speicherkarten nur bis Januar 1991 in den Markt gebracht habe. Nach einem Signal der IBM, die Boards nicht warten zu wollen, habe man den Handel damit eingestellt.

Gänzlich beendet ist das Verfahren indes nicht: IBM verlangt weiterhin finanzielle Wiedergutmachung für erlittenen Schaden, über dessen Höhe, so eine Mitteilung des Mainframe-Herstellers, allerdings noch entschieden werden müsse. Und auch andere Anbieter von IBM-Mainframes beziehungsweise Speicherteilen können noch nicht aufatmen: In einer Mitteilung aus der blauen Konzernzentrale heißt es, man befasse sich nach wie vor generell mit Drittunternehmen, die nachgemachte Memories an arglose Kunden lieferten.

Unterdessen bewegt sich ein älterer Streitfall der IBM offenbar auf sein Ende zu, und zwar der mit Allen-Myland Inc. (AMI).

Das Unternehmen befaßt sich mit der Wiederaufbereitung (Refurbishing) gebrauchter IBM-Maschinen, unter anderem dem Splitting von Zweiprozessor-Maschinen in zwei Einzelprozessoren. Wegen dieser Praxis, für die statt einer Lizenz des internen Maschinen- oder Microcodes deren zwei erforderlich sind, hatte Big Blue AMI vor etwa einem Jahr verklagt. Das Begehren: Gebühren für die zusätzlichen Lizenzen. Das Gericht gab bereits vor längerer Zeit dem Mainframe-Hersteller im Prinzip Recht; dieser mußte sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, für die Lizenzen ungerechtfertigt hohe Preise zu verlangen. Damit, so der juristische Stand der Dinge, verhindere Big Blue einen freien Wettbewerb und verstoße gegen den sogenannten "Consent Decree". Diese Vereinbarung IBMs mit dem US-Justizministerium verpflichtet das Unternehmen grundsätzlich, Manipulationen an Maschinen zuzulassen die bei Anwendern installiert sind. Nach der jüngsten Verhandlung in dieser Sache, so der Branchenreport "Insight IBM" muß AMI nun damit rechnen, zur Zahlung einiger Millionen Dollar Vertragsgebühr verdonnert zu werden. Die Summe will das Gericht noch festlegen.