Viasoft wird Alliance-Mitglied, Knowledgeware kündigt neues Produkt an

Auch mit Re-Engineering-Tools möbelt die IBM ihr AD/Cycle auf

24.07.1992

MÜNCHEN (qua) - IBM wagt einen weiteren Schritt raus aus dem CASE-Elfenbeiturm und rein in die Anwenderrealität: Das AD/Cycle-Konzept soll künftig nicht nur Client-Server-Architekturen einbeziehen (siehe in dieser Ausgabe Seite 1), sondern auch die Pflege existierender Applikationen Berücksichtigen. Ein Indiz dafür ist die Partnerschaft mit dem RE-Engineering-Anbieter Viasoft.

Bereits seit Jahren weisen Marktbeobachter darauf hin, daß die Entwicklung neuer allenfalls für einen kleinen Teil des sogenannten Software-Problems eine Lösung bietet. Den ungleich größeren - je nach Analyst auf das Zwei- bis Neunfache bezifferten - Aufwand erfordern nämlich Änderungs- und Aussbesserungsarbeiten an bestehenden Anwendungen. Um den Maintenance-Overhead zu verringern, bietet eine stetig wachsende Zahl von Software-Unternehmen Re-Engineering-Werkzeuge an, mit deren Hilfe die Anwender alten Code analysieren, von Redundanzen befreien und zur Weiterverwendung aufbereiten sollen.

Diesem Marktsegment widmet sich auch die Viasoft Inc. mit Sitz in Phoenix, Arizona. Jetzt wurde das mit einem Jahresumsatz von 18,7 Millionen Dollar nicht gerade zu den Major Players zählende Software-Unternehmen von der IBM dazu auserkoren, das im Herbst vergangenen Jahres angekündigte Re-Development für AD/ Cycle in die Praxis umzusetzen. Ab sofort gehört Viasoft folglich - neben Bachman, Intersolv und Knowledgeware sowie Digitalk, Easel, Microfocus und Synon - zur International Alliance for AD/Cycle.

Vorerst nur auf Mainframes

Im Zuge der AD/Cycle-Partnerschaft fungiert IBM zumindest in den USA als Distributor für Viasofts "Existing Systems Workbench" (ESW), vormals "Via/Center". In Deutschland wird der Re-Engineering-Werkzeugkasten seit fast drei Jahren ausschließlich von der Cap Debis GEI - beziehungsweise der vormaligen GEI mbH - vermarktet. Darüber, wie die deutschen Vertriebsrechte künftig geregelt werden sollen, verhandeln GEI und die Stuttgarter IBM derzeit noch.

In der aktuellen Ausführung arbeiten die Viasoft-Produkte nur mit MVS, TSO und ISPF. Nach Auskunft von Andreas Bereczky, zuständig für das CASE-Produkt-Marketing der GEI, werden jedoch drei der ESW-Komponenten - "Insight", "Renaissance" und "Smart Doc" - sowie ein neues Metrik-Werkzeug mit der Bezeichnung "Recap" ab September diesen Jahres auch als Frontend-Produkte unter OS/2 zur Verfügung stehen. Allerdings sei ESW vor allem für das Re-Engineering von Mainframe-basiertem Cobol-Code ausgelegt, weshalb das Viasoft-Repository sowie die Analyse- und Testfunktionen auch weiterhin auf dem Großrechner gehalten würden.

Die Kunden, die ein explizit auf OS/2 2.0 zugeschnittenes Re-Engineering-Werkzeug nachfragen, vertröstet IBM auf das Ende des laufenden Jahres. Bis dahin will der ADI-Cycle-Partner Knowledgeware seine Application Development Workbench/ Maintenance Workstation (ADW/MW) für den Markt freigegeben haben.

Laut Anbieter ermöglicht das mit Schnittstellen zu den vorhandenen ADW-Tools ausgerüstete Produkt den Entwicklern, die Logik eines Programms bildlich darzustellen und auch mit Hilfe grafischer Werkzeuge zu editieren.