Erste Gewinnwarnung seit zehn Jahren

Auch Microsoft muss der schwachen Konjunktur Tribut zollen

22.12.2000
MÜNCHEN (CW/IDG) - Zum ersten Mal seit zehn Jahren musste Microsoft seine prognostizierten Geschäftsergebnisse nach unten korrigieren. Der Softwareriese reihte sich damit in eine Serie von Umsatz- und Gewinnwarnungen aus der IT-Branche ein und sorgte für einen erneuten Absturz der Technologiewerte an den US-Börsen.

Obwohl bereits Branchenschwergewichte wie Apple, Compaq, Gateway und Intel ihre Umsatz- und Gewinnprognosen nach unten revidieren mussten, reagierte die Wallstreet überrascht auf die Nachricht aus Redmond. Demnach rechnet Microsoft für das Ende des Jahres auslaufende zweite Quartal nur noch mit einem Umsatz zwischen 6,4 und 6,5 Milliarden Dollar und bleibt damit um fünf bis sechs Prozent unter den bisherigen Prognosen. Auch beim Gewinn erwartet die Company bescheidenere Zahlen. Einer Pressemeldung zufolge geht man statt von 49 Cent nunmehr von 45 bis 47 Cent Gewinn pro Aktie aus. Die endgültigen Ergebnisse will Microsoft am 18. Januar vorlegen.

Wie nicht anders zu erwarten, blieb nach Bekanntgabe der korrigierten Zahlen die Microsoft-Aktie, die vor einem Jahr noch über 120 Dollar gekostet hatte, weiterhin auf Abwärtskurs und rutschte auf unter 50 Dollar ab. Auch die Werte anderer PC- und Chiphersteller wie IBM, Intel oder Toshiba mussten Federn lassen, die Technologiebörse Nasdaq sackte um drei Prozent ab.

Geschäft mit Windows 2000 falsch eingeschätztVerantwortlich für die enttäuschenden Ergebnisse machte Microsoft-Finanzchef John Connors das weltweit zurückgehende Wirtschaftswachstum. Dies habe letztlich zu der Verlangsamung von PC-Käufen sowie einer Reduktion von IT-Ausgaben in Unternehmen geführt. Die gleiche Begründung gelte auch für sinkende Einnahmen durch Online-Dienste wie MSN und ausbleibende Werbeerlöse im Internet. Da die Konjunkturflaute allerdings seit langem von Wirtschaftsexeperten vorausgesehen wurde, muss sich die Gates-Company den Vorwurf gefallen lassen, ihr Geschäft schlecht eingeschätzt zu haben, da sie die wirtschaftliche Entwicklung nicht schon zu Beginn des Geschäftsjahres in den Prognosen berücksichtigt hatte. Erst jetzt räumt Connors ein, dass der nachlassende Aufschwung auch weiter die Ergebnisse drücken wird. Entsprechend senkte er den geplanten Umsatz für das gesamte Geschäftsjahr 2000/01 um bis zu sechs Prozent auf 25,2 bis 25,4 Milliarden Dollar.

Branchenbeobachter sehen die Probleme des Softwareriesen vor allem in dem schwach anlaufenden Geschäft mit Windows 2000 sowie dem schleppenden Absatz der Office-Software. Microsoft habe sich auch mit dem Verkauf des seit Februar angebotenen Betriebssystems verschätzt. Nach hohen Investitionen in den vorangegangenen Jahren seien viele Kunden noch nicht bereit gewesen, schon wieder auf ein neues System umzusteigen. Der Produktzyklus von Microsoft, das etwa alle 18 Monate neue Lösungen auf den Markt wirft, sei unrealistisch. Anwender würden eher in einem Rhythmus von drei Jahren ihre Systeme erneuern. Connors hütete sich in einer Analystenkonferenz, konkrete Verkaufszahlen zu Windows 2000 zu präsentieren. Der Finanzchef sagte lediglich, der bisherige Absatz entspräche den Erwartungen.

President Steve Ballmer kündigte einen Sparkurs an, betonte jedoch, dass nicht von Entlassungen die Rede sei. Man werde lediglich weniger offene Stellen ausschreiben.