Auch in Deutschland stehen Veraenderungen ins Haus Dell: Neue Angebotsstrategie und ein veraendertes Vertriebskonzept

13.05.1994

MUENCHEN (CW) - Umorientierung bei der Dell Computer Corp.: Mit neuen Multiprozessormodellen will der Direktanbieter aus Austin, Texas, seine zunehmende Konzentration auf das Server-Geschaeft demonstrieren. Zumindest in den USA deutet sich darueber hinaus mit der Einbindung von Wiederverkaeufern eine Wende im Vertriebskonzept des Unternehmens mit deutscher Niederlassung in Langen an.

Auf der Networld+Interop 1994 vor einer Woche in Las Vegas wartete Dell mit der Technologiedemonstration eines Zweiprozessorsystems auf, bei dem es sich um ein hochgeruestetes "Poweredge-590-SP"- System handelt.

Das Vorfuehrmodell, das zu Intels Multiprozessorspezifikation MPS 1.1 konform ist, arbeitete mit zwei Pentium-CPUs mit 90 Megahertz Taktrate. Weitere Details des Systems waren EISA- und PCI-Bus- Systeme, Fast-SCSI und bereits auf der Systemplatine aufgebrachte Netz-Controller.

Schon im Januar 1994 hatte Dell zu erkennen gegeben, dass man gewillt sei, mit einer veraenderten Produktstrategie neuen Horizonten entgegenzustreben. Vor einem Monat dann offerierte das Unternehmen Michael Dells sechs fuer den Netzbetrieb fitgemachte Server.

Analysten aus den USA reagierten zwar grundsaetzlich positiv auf Dells Ankuendigung, meldeten aber auch Bedenken an. Mit Blick auf den Server-Markt meint Randal Giusto vom Marktforschungsinstitut BIS Strategic Decisions: "Dell muss seinen Produktmix aendern, das ist ganz klar. Aber sie stehen mit ihrem neuen Konzept in einer Schlange mit einer ganzen Reihe von Anbietern." Wenn das Konzept der Texaner aufgehen soll, muessten sie sowohl ihre Distributionskanaele modifizieren als auch die Infrastruktur ihrer Support-Dienstleistungen aendern.

Um die im Vergleich zu PC-Boxen mit mehr Serviceaufwand behafteten Server im gebotenen Masse durch Dienstleistungen aufwerten zu koennen, hat sich Dell - zumindest in den USA - auf die Suche nach Systemintegratoren, Value Added Resellers (VARs) und Dienstleistungsunternehmen gemacht. Auch ist daran gedacht, das Netz der Wiederverkaeufer auszubauen.

Vor allem letzteres koennte auf wenig Gegenliebe stossen, steht doch Dells Direktvertriebskonzept im Gegensatz zu den Interessen von Zwischenhaendlern. Bedenken aeussert denn auch ein 1,2 Milliarden Dollar schwerer Vermarkter von PC- und Netzwerkloesungen: Dell habe zwar Erfahrungen als Direktvertreiber von PC-Produkten. Ob diese im Segment der Server-Systeme, die mit sehr viel Unterstuetzungsdienstleistungen befrachtet seien, tatsaechlich etwas nuetzten, sei aber zu bezweifeln.

Gartner-Group-Analystin Lynn Berg sieht fuer Dell allerdings nicht ganz so schwarz: "Kaeufer von Server-Maschinen gewoehnen sich zunehmend daran, nicht mehr immer an die Hand genommen zu werden." Sie sieht, dass Dell sich die Politik anderer Anbieter zu eigen macht, Standardkomponenten fuer ihre Rechner zu nutzen. Diese Konformitaet mit Wettbewerbern nutze der Dell Computer Corp., die mit ihrem direkten Zugang zum Kunden durchaus Erfolg haben koennte.

Andrew McNeal, der bei der Dell Computer GmbH in Langen die Geschaefte fuehrt, aeusserte sich gegenueber der COMPUTERWOCHE zurueckhaltend. Bezueglich der Modifikation des Distributionssystems "sind wir noch in einer Planungsphase". Innerhalb von drei bis vier Wochen werde man jedoch detaillierte Angaben ausgearbeitet haben.