Jahrelanger Abwärtstrend gestoppt?

Auch im IT-Leasing wird der Service großgeschrieben

09.10.1998

Mit 69,1 Milliarden Mark erreichte der Leasingmarkt in Deutschland 1997, bezogen auf alle Investitionsgüter, einen Rekordumfang. Auf den Bereich DV-Anlagen und Büromaschinen entfielen jedoch nur rund zehn Prozent, wie das Münchner Ifo Institut in einer aktuellen Marktanalyse feststellt. Dennoch ist dieses vergleichsweise geringe Volumen von knapp sieben Milliarden Mark nicht zu unterschätzen, denn der IT-Leasingmarkt hat eine langjährige Konsolidierung hinter sich.

Noch bis Anfang der 80er Jahre hatte das Leasing von Büromaschinen und DV-Anlagen mit einem Anteil von teilweise 60 Prozent am Gesamtmarkt das Geschehen dominiert. Ursache hierfür war unter anderem das Vermarktungskonzept der IBM, deren bis zu 50 Millionen Mark teure Großrechner fast nur auf dem Miet- oder Leasingweg zu großen Anwenderunternehmen gelangen. Das (vorübergehende) Sterben der Mainframes, der andauernde Preisverfall im Hardwaremarkt sowie die Tatsache, daß Software und Dienstleistungen heute kaum noch zum Lieferumfang von IT-Systemen gehören, hatten dann jedoch für eine Zäsur gesorgt.

Und so hat man es im deutschen IT-Leasingmarkt mit einer Entwicklung zu tun, die dem allgemeinen Wachstumstrend im IT-Markt zuwiderläuft. Während laut ifo Institut das entsprechende Marktvolumen seit Beginn der 80er Jahre um nur 50 Prozent gewachsen ist und das DV-Anlagengeschäft längst seine Spitzenposition an das Kraftfahrzeug-Leasing verloren hat, konnten die IT-Umsätze insgesamt um das mindestens Vierfache gesteigert werden. Auf knapp 90 Milliarden Mark schätzt ifo den deutschen IT-Markt 1998. Ein großer Teil des DV-Equipments zählt heute, wie die Münchner Marktforscher schlußfolgern, zu den sogenannten "small tickets". Das heißt, diese Investitionsgüter werden zu einem Preis angeboten, zu dem aus betriebswirtschaftlichen Gründen eher gekauft als geleast wird. Für die Leasingbranche enttäuschend verlief ferner bisher das mit großen Vorschußlorbeeren bedachte Softwaregeschäft.

Dennoch spricht einiges dafür, daß der IT-Leasingmarkt seinen Tiefpunkt überwunden hat. Das gilt nicht nur für die IT-Hersteller, die nach Recherchen der CW-Schwesterpublikation "Computer Partner" teilweise wieder bis zu 15 Prozent des Umsatzes über die Leasing- und Mietfinanzierung ihrer Produkte generieren, sondern auch für die klassischen Leasingfirmen. Unangefochtener Marktführer in Deutschland ist hier nach wie vor die Deutsche Leasing AG in Bad Homburg. Im am 30. September zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 1997/98 lag deren Neugeschäft im "Com"-Bereich (Computer) bei knapp einer Milliarde Mark. Der Branchenprimus konnte somit sein IT-Business gegenüber dem Vorjahr (858 Millionen Mark Neugeschäft) um 18 Prozent steigern. Zweistellige Zuwachsraten meldete zuletzt auch die VR Leasing AG aus Eschborn, deren Sparte "IuK-Technik" im Geschäftsjahr 1997 inoffiziellen Angaben zufolge ein Neugeschäft von knapp 500 Millionen Mark abschließen konnte.

Der gute Eindruck trügt jedoch ein wenig, Leasinggesellschaften stehen wie nie zuvor unter Druck. Sie müssen, um im Geschäft zu bleiben, sehr schnell auf neueste Marktentwicklungen reagieren. "Während früher die Software ein Anhängsel der Hardware war, ist es heute genau umgekehrt", bringt Michael van Dok, Leiter des Geschäftsbereichs Com bei der Deutschen Leasing AG, die wichtigste Entwicklung der letzten Jahre auf den Punkt. Angebotsschwerpunkte im DV-Leasing sind seinen Ausführungen zufolge heute Software- und Client-Server-Lösungen. Auch das Geschäft mit Standardsoftware hat sich bei den Big Playern in der deutschen Leasingszene längst einen festen Platz gesichert - allen voran natürlich Produkte von SAP, Baan und Oracle. Doch die entsprechend hohen Umsätze in diesem vermeintlichen Zukunftsmarkt lassen, wie schon erwähnt, noch auf sich warten. Kein Wunder, daß sich die einschlägigen Anbieter über ihre Geschäftszahlen in diesem Marktsegment ausschweigen.

Ein weiterer zu beobachtender Trend im Leasinggeschäft geht daher immer mehr in Richtung Service- oder Objektleasing - gemeint sind damit Angebotspakete aus Software und zusätzlichen Servicekomponenten. "Com-Enterprise" heißt beispielsweise ein Produkt der Deutschen Leasing AG, das die Finanzierung eines IT-Projekts bis hin zur Vermietung einer betriebsbereiten Systemlösung umfaßt. Sowohl die zu installierende Hard- und Software als auch alle damit verbundenen Dienstleistungen sind hier Bestandteil eines "Enterprise-Contract". Die Leasinggesellschaft tritt dabei als Investor sowie als Projektbegleiter und damit auch Dienstleister auf den Plan.

"Kunden schließen heute keinen Leasingvertrag mehr um der reinen Finanzierung willen ab", macht Deutsche-Leasing-Manager van Dok deutlich. Anwender interessiert immer häufiger die Nutzung eines bestimmten Objekts für einen festgelegten Zeitraum sowie die übergangsweise Übertragung der Ablaufverantwortung an den Partner. Der Investor übernimmt das Coaching und das Consulting, die oft teure dritte Seite, nämlich die Berater, bleiben außen vor. Vielfach beginnt hier der Leasingvertrag erst mit der fertig installierten Teil- oder Systemlösung. Bereits vor Projektbeginn anfallende Kosten, etwa für Installation, Programmierarbeiten, Schulungen oder eben das Consulting, trägt die Leasinggesellschaft.

Doch der Schritt zum Service-Anbieter oder zum "Asset-Management-Unternehmen", wie van Dok es nennt, stellt die führenden Leasinganbieter vor neue Herausforderungen. Die Konkurrenz der klassischen Outsourcing-Firmen und der von Fachkräften leergefegte DV-Markt sind nur zwei der Belastungen, denen die Anbieter ausgesetzt sind. Daß indes die Tage des reinen "Boxenschiebens" im IT-Leasingmarkt vorbei sind, darüber herrscht in der Branche weitgehend Einigkeit. Das ändert aber nichts daran, daß sich in der Leasinglandschaft hierzulande zahlreiche mittelständische Anbieter tummeln, die noch über 70 Prozent ihrer IT-Umsätze mit Hardware erzielen.

Schnelligkeit wird entscheidender Faktor

Jenseits aller großen strategischen Fragen basteln immer mehr Leasinggesellschaften auch an neuen Verkaufsstrategien. Sogenanntes "Vertriebsleasing" wird beispielsweise großgeschrieben. Computergestütze "Scoring"-Systeme sollen helfen, die Kreditwürdigkeit von Kunden rasch nach bestimmten Kriterien zu prüfen - entsprechend schnelle Bearbeitungszeit inklusive. Bereits jetzt können Fachhändler Leasingverträge für standardisierte Produkte in nur wenigen Minuten verkaufen. "Wir rechnen bis zu 20000 Mark in nur 15 Minuten ab", sieht sich Wolfgang Grenke, Geschäftsführer der Grenke Leasing AG, zumindest in puncto Schnelligkeit beim Brot-und-Butter-Geschäft auf der Gewinnerseite.

Andrea Goder ist freie Journalistin in München.