IT-Förderung mit veränderten Zielen

Auch Firmen in japanischem Besitz bekommen Geld vom BMFT

01.03.1991

BONN (ciw) - Das Ziel der IT-Förderpolitik, eine starke deutsche beziehungsweise europäische Halbleiter-Industrie aufzubauen, wird aufgegeben: Hierzulande angesiedelte Unternehmen mit japanischer Kapitalmehrheit werden förderungswürdig.

Anläßlich einer Veranstaltung der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) in St. Augustin bei Bonn erklärte Ministerialdirigent Werner Gries vom Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT), die Prinzipien zukünftiger staatlicher Förderung vor allem im von den Japanern dominierten Halbleitersektor. So müsse von einer rein nationalen oder europäischen Betrachtungsweise Abschied genommen werden, wenn es sich um den Aufbau von konkurrierenden Unternehmen im Halbleiterbereich handele. "Es geht nicht darum, eine europäische Halbleiterindustrie aufrechtzuerhalten oder zu unterstützen, sondern darum, im weltweitem Wettbewerb funktionsfähige Unternehmen zu bilden, die im Wettbewerb zu den dominierenden japanischen Unternehmen auftreten."

Deshalb würden, so der Ministerialdirigent weiter, bei der Vergabe von indirekten Fördermitteln in Zukunft die Besitzverhältnisse der zu fördernden Unternehmen keine Rolle mehr spielen: "Aus langfristiger Sicht der Wirtschaftsförderung müssen wir die Kriterien der Wettbewerbsfähigkeit und der Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa in den Mittelpunkt stellen und nicht den Tatbestand des Übergangs der Kapitalmehrheit in japanischen Besitz. Auch staatliche Förderung dieser mehrheitlich japanischen Unternehmen könnte angebracht sein, wenn die genannten Kriterien von den neuen Kapitaleignern erfüllt werden."

Ziel staatlichen Handelns müsse aber weiter die Verhinderung von Monopolen sein, die Wettbewerb verhindern würden. Die Forschungsförderung, sagte Gries vor der Presse, sei in erster Linie auf die Hochschulen, die außeruniversitären Forschungseinrichtungen und den Verbund zwischen Wirtschaft und Wissenschaft konzentriert: "Die Einzelförderung eines Unternehmens ist im Gegensatz zur Praxis früherer Jahre zu einer Rarität geworden." Die direkte Projektförderung der Wirtschaft beim Forschungsministerium mache nur noch 25 Prozent der staatlichen Zuschüsse für die Informationstechnik aus. Darüber hinaus gebe es eine Konzentration der verbleibenden Mittel auf kleinere bis mittlere Unternehmen, die dazu geführt habe, daß 1990 etwa 50 Prozent der BMFT-Gelder für solche Firmen ausgegeben worden sind.