Leipziger Frühjahrsmesse stand im Zeichen der Produktionsautomatisierung:

Auch der Ostblock will flexible Fertigung

13.05.1988

CIM macht auch vor dem "Eisernen Vorhang" nicht halt: Heißes Thema auf der diesjährigen Leipziger Frühjahrsmesse war nämlich die flexible Produktionsautomatisierung. Bis die sogenannten CIM-Betriebe in der DDR realisiert sind, wird jedoch noch einige Zeit vergehen.

Spektakuläre Vorstellungen und Ankündigungen waren auf dem Leipziger Frühjahrsmeeting allerdings nicht zu erwarten. Bereits im Vorfeld der Messe, insbesondere aber im Verlauf des vergangenen Jahres hatten die Werkzeugmaschinenbauer und Elektronikkombinate der DDR mit einer Reihe neuer Anwendungslösungen und Erzeugnissen aufgewartet. Maßgeblich hierfür war vor allem, daß entgegen der ursprünglich festgelegten Planungen in verschiedenen. Fällen durch stärkeren Druck der Partei- und Wirtschaftsführung der DDR die Phase der Überleitung von Forschungsergebnissen in der Produktion erheblich verkürzt werden konnte (vergleiche COMPUTERWOCHE 41/87, vom 9. Oktober, Seite 32).

Megabit-Premiere bei Carl Zeiss Jena

Unmittelbar vor der Frühjahrsmesse fand auch in diesem Jahr in Leipzig ein zweitägiges Seminar des Sekretariats des SED-Zentralkomitees statt, an welchem die Generaldirektoren und Parteiorganisatoren der Kombinate teilnahmen. Wie üblich hielt auch diesmal der für Wirtschaftsfragen zuständige ZK-Sekretär Günter Mittag ein Referat, in welchem er zwar einerseits die bisherigen Ergebnisse bei der Nutzung von Schlüsseltechnologien lobte und dabei unter anderem auf die in den Jahren 1986 und 1987 eingesetzten 80 200 Büro- und Personal Computer hinwies. Andererseits kritisierte er jedoch ebenso die ungenügende Verwertung technisch-wissenschaftlicher Ergebnisse und Mängel bei der Produktionsrationalisierung in "einer Reihe von Kombiniaten".

Mit Umstrukturierungen und der Inbetriebnahme neuer Produktionsstätten sowie der Konzentration der Forschung insbesondere innerhalb der Industriebereiche Elektrotechnik/Elektronik und Werkzeugmaschinenbau glaubt man staatlicherseits trotz der von Mittag und ebenso von anderer Seite kritisierten Entwicklungshemmnissen den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt spürbar fortentwickeln zu können.

Zu den staatlichen Maßnahmen zählte auch der SED-Beschluß, den wichtigsten Herstellern mikroelektronischer Steuerungen für Werkzeugmaschinen und Industrieroboter in der DDR, den VEB Numerik Karl-Marx-Stadt, aus Wirtschaftlichkeitsgründen in das Werkzeugmaschinenkombinat "Fritz Heckert" einzugliedern. Entschieden wurde auch, im Kombinat Carl Zeiss Jena die wichtigsten Betriebe und Forschungspotentiale der Mikroelektronik zu konzentrieren, die Produktion neuer Leistungsschaltkreise zu zentralisieren, die Produktion von Spezialausrüstungen für die Herstellung neuer ICs voranzutreiben und so dieses Kombinat zu einem Zentrum der Hochtechnologien auszubauen.

Carl Zeiss Jena gehört nunmehr mit rund 69 000 Beschäftigten in 25 Betrieben, drei Forschungszentren und einem Absatzbetrieb zu den größten Kombinaten in der DDR. Auf der Grundlage der diesem Kombinat zugewiesenen zentralen Leitfunktion im Bereich der Mikroelektronik sowie ausgehend von dessen bisherigen Forschungs- und Entwicklungsleistungen, konnte es mit einigen Ergebnissen aufwarten. So war man zunächst in der Lage, bereits im Oktober des vergangenen Jahres das Muster eines ersten 256-KB-RAM-Speichers vorzustellen und noch im gleichen Jahr mit der Produktion dieses Chips zu beginnen. Auch war schon vor der Messe bekannt, daß die DDR demnächst im Megabit-Bereich tätig sein wird. Früher als geplant wurde daher in Leipzig von Carl Zeiss Jena das Muster eines 1-Megabit-DRAM präsentiert. Wie verlautete, soll die Vorlaufproduktion noch in diesem Jahr beginnen. Damit folgt die DDR einer Entwicklung, die bereits 1985 zunächst von Japan und dann von den USA eingeläutet wurde.

Doch nicht nur 256-KB-RAM-Speicher fertigt Carl Zeiss Jena seit kurzer Zeit. Noch in diesem Jahr soll die Massenproduktion von 64-KB-RAMs anlaufen. Wie die Präsentation in Leipzig zeigte, zahlen zum Bauelementespektrum des Kombinats nunmehr das Ein-Chip-Mikrorechnersystem U 8047/U 8246, das Standardzellen-Entwurfssystem U 5200 sowie statische Speicherchips. Nach wie vor ist Carl Zeiss Jena alleiniger Produzent von Spezialausrüstungen zur Bauelementeherstellung in der DDR, so beispielsweise für die Fertigung von integrierten Schaltkreisen wie Draht-Bonder und Überdeckungs-Repeater. Zu den auf der Messe neu vorgestellten Geräten zählte vor allem eine Montagelinie für 256-KB-DRAMs sowie die Elektronenstrahl-Belichtungsanlage ZBA 21, einsetzbar zur Strukturierung von Schablonen und Wafern bei der IC-Herstellung. Sie soll - wie auf der Messe mehrfach betont wurde - bis zum Integrationsniveau eines 4-Megabit-DRAM einsetzbar sein.

Neben dem Kombinat Carl Zeiss Jena repräsentierten die Kombinate Mikroelektronik Erfurt, Elektronische Bauelemente Teltow (passive elektronische Bauelemente) und Keramische Werke Hermsdorf (Isolierkörper, Hybridschaltkreise, Hochfrequenztechnik) die Mikroelektronikindustrie der DDR. Die Stellung des Kombinates Mikroelektronik hat mit der Übergabe wesentlicher IC-Produktionen und Forschungskapazitäten an das Kombinat Carl Zeiss Jena an Bedeutung eingebüßt. Dennoch versuchte man, in Leipzig diesen Eindruck zu verwischen, indem auf die Notwendigkeit einer Arbeitsteilung sowie auf die Tatsache hingewiesen wurde, daß der Hauptteil der in der DDR produzierten elektronischen Bauelemente noch immer aus dem Kombinat Mikroelektronik komme. Derzeit umfaßt das Produktionssortiment dieses Kombinats rund 1500 Grundtypen aktiver elektronischer Bauelemente. Dazu zählen 8- und 16-Bit-Mikroprozessoren, Ein-Chip-Mikrorechner und optoelektronische Bauelemente. Aber auch Taschenrechner, Uhren und Kleincomputer werden hier produziert. Zu den in Leipzig vorgestellten neuen Erzeugnissen gehörten unter anderem serielle Interface-Bausteine, Floppy-Disk-Controller und ein weiterentwickelter 8-Bit-Kleincomputer (Typ KC 85/4), der nicht nur für die Ausbildung gedacht ist, sondern auch kommerziell eingesetzt werden soll.

Zweifellos hat die Mikroelektronikindustrie der DDR inzwischen einen bedeutenden Stand erreicht und vor allem mit ihrer 1-Megabit-Premiere in Leipzig Aufmerksamkeit auf sich lenken können. Trotz dieses "für die DDR enorm wichtigen Schrittes in Richtung auf das internationale Spitzenniveau" bei Speicherchips und der damit verbundenen recht euphorischen Stimmung, räumten einige DDR-Vertreter gegenüber westlichen Journalisten und Fachleuten ein, daß es "noch einige Hürden" bis zur Beherrschung des Produktionsprozesses zu nehmen gäbe. Dies gelte sowohl bei 256-KB-DRAMs als auch bei den 1-Megabit-DRAMs. Zunächst will man noch in diesem Jahr rund 50 000 Speicherchips der 256 KB-Kategorie produzieren. Für den 1-Megabit-Chip wurden dagegen noch keine Produktionszahlen genannt. Wie Erfahrungen westlicher Hersteller von Megabit-Speichern gezeigt haben, werden daher auch in der DDR noch ein bis zwei Jahre vergehen, ehe man dort 1-Megabit Chips in größeren Stückzahlen ohne allzu große Fehlerquoten produzieren kann.

Wie für alle DDR-Industriekombinate, so ist auch für Robotron, qrößter Computerproduzent der DDR, die Leipziger Frühjahrsmesse eine "Hausmesse". Die Spezialisten von "Mikro bis Makro" zeigten demzufolge ihr gesamtes Produktspektrum. Im Mittelpunkt stand dabei als neues Flaggschiff der neue Supermini RVS K 1840 (RVS = Rechner mit virtuellem Speicher). Laut Robotron weist der Supermini unter anderem folgende Leistungsparameter auf:

- eine Arbeitsleistung von etwas über einer Million Operationen pro Sekunde;

- einen realen Hauptspeicher mit einer Kapazität von 2 bis 16 Megabytes;

- einen virtuellen Adreßraum bis 46 Bytes sowie

- einen Ausbau der externen Speicher bis zu 36 Bytes in Verbindung mit schnellen Datenübertragungsraten bis zu 2 Megabytes pro Sekunde.

Robotron präsentiert neuen Supermini

Der Rechner ist mit einer Mikroprogrammsteuerung ausgestattet und verfügt über mehr als 300 Befehle, mehrere Adressierungsarten sowie die erforderlichen Datentypen. Der Systemkern ist um einen internen Synchronbus angeordnet, der mit rund 13 Megabytes pro Sekunde bei einer Zykluszeit von 200 Nanosekunden einen schnellen Informationsaustausch ermöglicht. Das Rechnersubsystem auf Basis des Robotron-Mikros K 1620 (mit 2 parallel geschalteten 8-Bit-Verarbeitungseinheiten) stellt das Bindeglied zwischen Operator und Rechnersystem dar. Die zentrale Verarbeitungseinheit des RVS K 1840, bestehend aus der Arithmetikeinheit, der Adressierungseinheit und den Gleitkommazusätzen, wurde auf der Basis eines 32-Bit-Slice-Prozessors (Schottky-TTL) realisiert. Dieser verwaltet das Mehrfach-Bussystem und den Speicher, steuert den Mikroprogrammspeicher, die Befehlsabarbeitung, den Cache-Speicher sowie das Rechenwerk. Westliches Vorbild des Superminis: die DEC-VAX-Systemfamilie 11/7XX. Rechner dieser VAX-Familie kamen in der Bundesrepublik Deutschland erstmals Ende der siebziger Jahre auf den Markt.

Innerhalb der Systemsoftware für den neuen Robotron-Rechner sind zwei Betriebssysteme implementierbar das echtzeitorientierte Hauptbetriebssystem SVP 1800 (externspeicherorientiert mit Multiuser-Betrieb und Multiprogrammarbeit) und das Unix-kompatible interaktive Teilnehmersystem Mutos 1800 (Multiuser-Timesharing-Operation-System). Für den Betrieb lokaler und anderer Netze sind Netzroutinen vorhanden, die einen Betrieb von 8-und 16-Bit-PCs am Robotron-Supermini ermöglichen. Aufgrund seines Leistungsspektrums soll der neue 32Bit-Mini in den verschiedensten -Zweigen der Wirtschaft, insbesondere im Bereich der rechnerintegrierten Fertigung (CIM), wie Entwicklungs- und Konstruktionsarbeiten (CAD), Fertigungssteuerung (CAM), rechnergestützte Planung und Qualitätssicherung (CAQ) sowie Arbeitsplanung (CAP), eingesetzt werden. Die Produktion ist bereits Ende 1987 angelaufen. Über beabsichtigte Stückzahlen für 1988 wollte sich Robotron indes nicht äußern.

Laserdrucker für Eser-Mainframes

Neben dem Supermini demonstrierte das Kombinat, zum Teil mit Anwendern seiner Technik, weitere Rechner-Hardware und auf dieser basierende Losungen, so auf der Grundlage des 16-Bit-Arbeitsplatzcomputers AC 7150, des IBM-XT-kompatiblen Personal Computers EC 1834 und des 8-Bit-PC 1715 W, eine Reihe von CAD/CAM- und CAQ-Lösungen sowie Möglichkeiten der Büroautomatisierung. Während der AC 7150 schwerpunktmäßig für einen Einsatz als CAD/CAM-Arbeitsplatz vorgesehen ist, soll der PC 1834 insbesondere im Rahmen der Büroautomatisierung, aber auch für die Abarbeitung von , "CAD-Aufgaben mittleren Leistungsumfanges" eingesetzt werden. Ein Robotron-Sprecher betonte in Leipzig, daß neben dem PC EC 1834 "bald auch ein IBM-AT-kompatibler-Rechner" mit der Bezeichnung EC 1835 vorgestellt werden soll. Im Rahmen der rechnergestützten Qualitätssicherung offerierte Robotron verschiedene gerätetechnische Komponenten. Zu diesen zählten der Leiterplattentester P 3040 (In-Circuit-Testsystem) mit Digitalmeßteil zur Prüfung von gelöteten Leiterplatten und der mikrogesteuerte Verdrahtungsprüfautomat P 3000.

Als weitere neue Hardwarekomponenten präsentierte Robotron das Betriebsdatensystem BDS A 5230 zur Unterstützung der betrieblichen Informationsverarbeitung, das auf PC-Basis arbeitende digitale Bildverarbeitungssystem Image-C (Software geschrieben in der Programmiersprache C) sowie den bereits im Herbst 1987 angekündigten Laserdrucker EC 7230. Der Laserdrucker arbeitet nach dem Laser-xerografischen Verfahren und ist als Ausgabedrucker für Eser-Mainframes (Eser: Einheitliches System der elektronischen Rechentechnik der Comecon-Länder) vorgesehen. Seine effektive Druckgeschwindigkeit beträgt 20 Blatt pro Minute im DIN-A4-Format. Mit den PCs hatte Robotron seine elektronischen Schreibmaschinen in den Mittelpunkt der Büroautomatisierung gestellt. Betont wurden dabei die variable Interface-Ausrüstung serieller und paralleler Schnitstellen zur Integration in die Robotron-Computertechnik. Darüber hinaus soll die neue Generation elektronischer Schreibmaschinen in Rechnerverbundsysteme und lokale Rechnernetze integrierbar sein.

Zu der neuangebotenen Software von Robotron, basierend auf dem MS-DOS-kompatiblen Betriebssystem DCP (Disc Control Program), zählten das integrierte Programm Ariadne DCP, bestehend aus den Funktionskomplexen Textverarbeitung (Erfassen, Andern, Formatieren und Gestalten von Texten), Datenspeicherung (relationales Datenbanksystem), Tabellenkalkulation und Geschäftsgrafik sowie der Window-Editor DCP für die Textverarbeitung (Full-Screen-Editor). Weiterhin wurden Standardsoftware (lauffähig auf DCP), unter anderem das Informationsrecherchesystem Aidos, ein Datenkommunikationssystem und mathematisch-statistische sowie Branchensoftwere vorgestellt.

Mit den gezeigten Hard- und Softwarelösungen, gestützt durch Rechnernetze wie Rolanet, und den für 1988 geplanten Einsatz von etwa 60 000 Büro- und Personal Computern soll sich in den DDR-Industriebetrieben künftig eine Datenkommunikation "in neuen Dimensionen" vollziehen. Mit der bereits auf früheren Messen in Leipzig gezeigten Anwenderlösung Rolanet will man insbesondere die Verwaltungsarbeiten in den Betrieben rationalisieren. In Leipzig wurde diesmal ein solches LAN mit den Robotron-Mikros 8-Bit-PC 1715 W, 1 6-Bit-Computer AC 7150 und 16-Bit-PC 1834 demonstriert. Hervorgehoben wurde dabei, daß sich auch CAD/CAM-Projekte durch problemlose Realisierung eines Datenverbundes aller Arbeitsstationen unterstützen lassen.

Telekommunikation in der DDR noch in den Kinderschuhen

Die überbetriebliche Kommunikation will man dagegen auf Basis der vom VEB Kombinat Nachrichtenelektronik zum Teil in Kooperation mit Robotron entwickelten und in Leipzig vorgestellten digitalen Kommunikationssysteme und Datennetze realisieren. In diesem Bereich steht man in der DDR im Vergleich zum Entwicklungsstand der Telekommunikation in führenden westlichen Industrieländern jedoch noch am Anfang einer Entwicklungsetappe. So fehlen zum Beispiel multifunktionale Endgeräte und Dienste als wesentliche Grundlagen der angestrebten Telekommunikation. Nach verschiedenen Hinweisen von Elektronikfachleuten aus der DDR wird Jedoch unter Berücksichtigung bereits vorhandener, internationaler Standards (OSI-Referenzmodell oder ISDN) von einer Reihe von Forschungseinrichtungen und Kombinaten der Aufbau eines umfassenden Datennetzes mit Informationsübertragung in Paketen vorbereitet.

In engem Zusammenhang mit der Vorstellung des neuen Robotron-Superminis stand in der Halle 15 eine Premiere besonderer Art im Mittelpunkt: Mit Hilfe von fünf DDR-Kombinaten wurde CIM im Modell präsentiert. Die wesentlichsten Hardwarekomponenten des simulierten DDR-Betriebes der Zukunft bildeten Robotron-Erzeugnisse mit dem 32-Bit-Supermini als Herzstück des Gesamtsystems sowie ein Bearbeitungszentrum mit Werkzeugmaschinen und Robotern aus dem Werkzeugmaschinenbau der DDR.

Der bereits im Vorjahr in Leipzig vorgestellte 16-Bit-Mikro (universelles Programmier- und Entwicklungssystem P 8000), der neu entwickelte Zellenrechner P 8100 für die Fertigungsüberwachung sowie die Steuerung EAW-Elektronik S 2000 für eine automatisierte Lagerhaltung - alle Geräte stammen aus dem Kombinat EAW -komplettierten die Hardwarepalette. Die Einzelkomponenten, einschließlich eines in einer 200 Meter entfernten Halle vorgestellten flexiblen Fertigungssystems, waren durch Lichtwellenleiter aus dem Kombinat Kabelwerke Überspree miteinander verbunden. Einige der hierbei ausgestellten neuen Geräte vermittelten jedoch aufgrund ihres Erscheinungsbildes den Eindruck, als seien es noch erste Labormuster.

Aber auch die Exponate und Anwendungslösungen anderer DDR-Elektronikkombinate standen ganz im Zeichen der Produktionsautomatisierung. Hierzu zählte beispielsweise aus dem Kombinat Automatisierungsanlagenbau die modulare, universell einsetzbare Steuerung MRS 704/705. Diese gestattet in Verbindung mit dem Kommunikationssystem MRS-net, unter Nutzung des auf industrielle Umgebungsbedingungen ausgelegten Industriecomputers ICA 700.20, die Realisierung von Echtzeitnetzwerken und somit eine Anpassung an den jeweiligen betrieblichen Automatisierungsprozeß. Auch das neuentwickelte rechnerintegrierte Prozeßleitsystem MSA 5000 aus dem gleichen Kombinat ist für Automatisierung von Prozessoren, zum Beispiel in der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, gedacht.

Natürlich war auch der Werkzeugmaschinenbau der DDR, vertreten durch die Kombinate VEB Werkzeugmaschinenkombinat "Fritz Heckert", Karl-Marx-Stadt, VEB Werkzeugmaschinen kombinat "7.Oktober", Berlin (Ost), und VEB Kombinat Umformtechnik Herbert Warnke, Erfurt, wieder mit einer Reihe von Exponaten in Leipzig präsent. Für die flexible Automatisierung werden von den DDR-Maschinenbauern komplette technische Lösungen für das Drehen, Verzahnen, Fräsen und Bohren von Werkstücken im Abmessungsbereich von 315 Millimetern bei Futterteilen, bis 1000 Millimeter Länge bei Wellen und von 250 bis 2000 Millimetern größter Kantenlänge bei prismatischen Teilen im Toleranzbereich bis IT 7 angeboten.

Wie in Leipzig von verschiedenen Seiten betont wurde, werden solche und weitere Leistungen von den vorgestellten Bearbeitungszentren und flexiblen Fertigungssystemen garantiert. Als wesentliche Komponenten solcher Komplettsysteme gelten vor allem die freiprogrammierbare Mikroprozessorsteuerung CNC 700, das modulare speicherprogrammierbare Steuerungssystem SPS 7000 (beide aus dem VEB Numerik des Werkzeugmaschinenkombinates "Fritz Heckert") sowie die modulare Mikrorechnersteuerung EFE 720 (VEB Erfurt-electronik "Friedrich Engels" aus dem VEB Kombinat Umformtechnik).

Billiglösungen aus dem Westen sind nicht erwünscht

CNC-Steuerungen, ausgerüstet mit 32-Bit-Prozessoren, wie sie auf der 7. EMO in Mailand 1987 von verschiedenen westlichen Herstellern als Bausteine künftiger CIM-Lösungen vorgestellt wurden, waren in Leipzig jedoch noch nicht zu sehen. Auf der Pressekonferenz des WMW-Außenhandelsbetriebes wurde hervorgehoben, daß der Werkzeugmaschinenbau der DDR trotz harter internationaler Konkurrenz auf dem Weltmarkt gut mithält. Dabei sprach man dem DDR-Werkzeugmaschinenbau aufgrund seiner derzeitigen Leistungsfähigkeit "Bundesliga-Format" zu. Insbesondere mit Pilotlösungen im Bereich der flexiblen Produktionsautomatisierung habe man auch international auf der 7. Mailänder EMO Anerkennung gefunden, Ziel sei es, mit noch mehr Komplettsystemen auch im Westen "ins Geschäft zu kommen". Für die DDR sei es unproblematisch, in solche Systeme zum Beispiel Siemens-Steuerungen einzubauen. Andererseits beabsichtige man nicht, nur einfache Billiglösungen aus dem Westen einführen; dazu sei der Anspruch der DDR-Industrie an die benötigte Produktionstechnik viel zu hoch.

Bereits während der Frühjahrsmesse stand fest, daß das Werkzeugmaschinenkombinat "Fritz Heckert" nach Frankreich an Ernault-Toyoda Ausrüstungen für die flexible Automatisierung der Produktion im Bereich der spanabhebenden Fertigung sowie in die Bundesrepublik Deutschland an die Firma Howema/ Frickenhausen die mit Messegold ausgezeichnete Fertigungszelle FC 400 K/2.6 liefern wird. Aber auch Verarbeitungsmaschinen, insbesondere Bogenoffsetmaschinen aus dem VEB Polygraph Druckmaschinenwerk Radebeul, sind - so wurde in Leipzig betont - im Westen gefragt und wurden kürzlich unter anderem in die USA an die Firma Royal Zenith Corp., nach Großbritannien, Schweden und in -die Bundesrepublik Deutschland ausgeführt.

Als Spitzenlösungen des DDR-Werkzeugmaschinenbaues wurden in Leipzig verschiedene Komplettsysteme vorgestellt. Dazu zählten insbesondere die Fertigungszelle "Automatendrehen" FC DAMF 6 x 160 (mit CNC 700) als Modul für ein flexibles Fertigungssystem aus dem Werkzeugmaschinenkombinat "7. Oktober", die bereits zuvor erwähnte Fertigungszelle FC 400 K/ 2.6 und der Transfer-Pressekomplex PKPE 4-HHTr-500 aus dem Kombinat Umformtechnik. In den Mittelpunkt des Messegeschehens stellte man jedoch das flexible Fertigungssystem FMSP 500/1 2 aus dem Werkzeugmaschinenkombinat "Fritz Heckert" . Ausgerüstet mit dem neuen 3 2-Bit-Supermini sowie dem 16-Bit-Arbeitsplatzcomputer AC 7150 von Robotron wird diese Systemlösung bereits als der Baustein eines künftigen rechnerintegrierten DDR-Betriebs angesehen. Trotz des auch wieder in diesem Jahr in Leipzig von DDR-Fachleuten zugegebenen Rechnermangels und der ebenfalls eingeräumten Rückstände im Bereich der Kommunikation wird CIM immer mehr zu einem "heißen" Thema. Bereits jetzt steht fest, daß der Stammbetrieb des Werkzeugmaschinenkombinats "Fritz Heckert" und der VEB Planeta Radebeul zu sogenannten ClM-Betrieben ausgebaut werden sollen.

Somit wird es also auch in der DDR zum Jahr 2000 mit konzentrierter staatlicher Unterstützung erste CIM-Betriebe geben, insbesondere in den stark exportorientierten Industriebereichen. Die Masse der Industriebetriebe, darunter auch Betriebe namhafter Elektronik-Kombinate, wird sich aufgrund eines vergleichsweise unterentwickelten Niveaus der Informations- und Kommunikationstechnik - weil begrenzte Investitionsmöglichkeiten - aber noch längere Zeit mit reinen Rationalisierungslösungen, unter anderem mit Hilfe von CAD, zufriedengeben müssen.

Als größter Aussteller aus dem Comecon konzentrierte die UdSSR ihr technisches Exponatespektrum nicht nur auf die "integrierte Meß-, Prüf- und Regelungstechnik-" sowie auf Werkzeug und Bearbeitungsmaschinen, sondern auch auf die Rechentechnik. So umfaßte daher das Angebot des sowjetischen Außenhandelsbetriebes Elektronorgtechnika eine Reihe von Mikro- und Personal Computern bis hin zur Eser-Mainframe EC 1066 (mit einer Leistung von 5,5 Millionen Instruktionen pro Sekunde). Trotzdem konnte auch auf dieser Messe die Stagnation im DV-Bereich kaum verschleiert werden, zumal man diesmal im Zeichen von Perestroika und Glasnost selbstkritisch auf entscheidende Mängel verwies.

Probleme soll es nach den Worten von DV-Fachleuten aus anderen Comecon-Ländern insbesondere hinsichtlich der Betriebszulässigkeit sowjetischer Mikros und Groß-DV geben. So entsprechen beispielsweise die in der Sowjetunion inzwischen gefertigten PCs noch nicht den geforderten technischen Parametern. Für 1987 war zwar bereits die Aufnahme der Massenfertigung von PCs angekündigt worden, doch wurde dieses Vorhaben wegen nicht näher bezeichneter Schwierigkeiten nunmehr erst für Anfang 1989 in Aussicht gestellt. Probleme gibt es aber auch im Softwarebereich. Lange Zeit galt nicht nur in der Sowjetunion, sondern auch in anderen Comecon-Ländern allein die Gerätetechnik als eine Handelsware. Dagegen wurde die Software als immaterielles Gut weder bewertet, noch ermittelte man für sie richtige Preise. Doppelentwicklungen und ein relativ niedriges Entwicklungsniveau waren unter anderem die Folge.

Entwicklungsrückstände im Hard und Softwarebereich, insbesondere bei Super-Computern, will man jedoch nicht nur mit Hilfe des bereits gegen Ende 1985 beschlossenen Komplexprogrammes der Comecon-Länder überwinden. Mit umfassenden Reorganisations- und Investitionsmaßnahmen soll ebenfalls verlorenes Terrain bis zum Jahr 2000 gutgemacht werden. Darüber hinaus glaubt man, die bürokratische Trägheit von Planungsinstitutionen auch durch Gründung von Joint-Venture-Unternehmen besonders mit potenten westlichen Partnern, überwinden zu können. Verbunden mit den EDV-Problemen gestaltet sich zwangsläufig die Durchsetzung integrierter Lösungen wie auch der weitere Aufbau einer flexiblen Fertigungsautomatisierung recht mühsam. Mit gezielten Aktivitäten des eigenen Werkzeugmaschinenbaus und mit Importen, vor allem aus der DDR, sollen zunächst die vorhandenen Lücken gestopft werden.

Ungarn war in diesem Jahr mit einer vergrößerten Ausstellung und daher auch mit einem erweiterten Exponatespektrum in Leipzig präsent. Wie bereits im Vorjahr konzentrierte sich Videoton auf die Vorstellung unterschiedlich leistungsfähiger PCs, in den Grundausführungen CP/M- und MS-DOS-kompatibel, sowie neuer elektronischer Bauteile für Computer. Trotz umfangreicher Aktivitäten im Bereich der Rechnerfertigung einschließlich Softwareerstellung herrscht in Ungarn - wie auch in anderen Comecon-Ländern - ein inzwischen chronischer Mangel an leistungsstarken Rechnern für den Fertigungsbereich.

Ein Rückschlag hatte zudem die ungarische Bauelementeindustrie verzeichnen müssen, als gegen Ende des vergangenen Jahres eine gerade fertiggestellte Fabrikanlage aus noch ungeklärten Gründen abbrannte. Die hierdurch entstandenen Probleme wie auch die Rechnerknappheit glaubt man in Ungarn durch verstärkte Leistungen der Elektronikindustrie lösen zu können. Darüber hinaus sollen besonders im Softwarebereich die Aktivitäten in Richtung Westen verstärkt werden.

Im Rahmen des Branchenkomplexes "Elektrotechnik-Elektronik-Informationstechnik" stellten die tschechoslowakischen Außenhandelsbetriebe KOVO und ZSE wiederum unterschiedliche Erzeugnisse der Meß- und Automatisierungstechnik sowie der Büro- und Rechentechnik vor. Zu den neuen Exponaten zählte dabei das Mikrorechnersystem M 1622, das sowohl in Industrie und Handel, aber auch in Wissenschaft und im Ausbildungswesen einsetzbar ist. Von offizieller Seite wurde auf der Messe der bisher realisierte Stand der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit mit der DDR im Bereich des allgemeinen Maschinenbaues, insbesondere bei der flexiblen Automatisierung in der Fertigung betont.

Hiervon verspricht man sich in der CSSR besondere Vorteile mit Blick auf die künftige Ausgestaltung der industriellen Produktion. Gegenwärtige Engpässe bei der Fertigung elektronischer Bauelemente will man vor allem durch westliche Zulieferungen überbrücken.