Schlüsseltechnologien standen im Mittelpunkt der Leipziger Frühjahrsmesse:

Auch Comecon-Länder haben CIM im Visier

22.05.1987

Mit einer Reihe von Neu- und Weiterentwicklungen und einer breiten Palette von Anwendungslösungen präsentierten sich diesmal noch weitaus stärker als im Vorjahr sowohl die DDR-Kombinate als auch die Außenhandelsbetriebe der übrigen Comecon-Länder in Leipzig. Das Angebot reichte von CAD/CAM-Applikationen bis hin zu flexibel automatisierten Bearbeitungszentren und Fertigungszentren. Nunmehr gilt auch im Comecon die Devise für die Zukunft: Automatisierung auf Basis von CIM.

Wesentliche Grundlage für die in jüngster Zeit zu verzeichnenden Elektronisierungs- und Automatisierungsaktivitäten ist das von den zehn Comecon-Ländern unter Federführung der Sowjetunion im Dezember 1985 verabschiedete und bis zum Jahr 2000 festgelegte "Programm des wissenschaftlich-technischen Fortschritts (Komplexprogramm)". Erklärtes Ziel dieses "Comecon-Eureka-Projektes" ist es, durch möglichst intensive Kooperation und Spezialisierung in Forschung, Entwicklung, Produktion und Anwendung von Schlüsseltechnologien das eigene Technologie-Niveau spürbar anzuheben und das bestehende West-Ost-Gefälle im High-Tech-Bereich in Grenzen zu halten (siehe auch COMPUTERWOCHE Nr. 12/86 vom 21. März 1986).

Ungelöste Probleme bei der Finanzierung

Doch bereits jetzt schon steht fest, daß dieses Komplexprogramm nicht die volle Zustimmung aller Beteiligten gefunden hat, weil nach inoffiziellen Verlautbarungen nationale Interessen einzelner Comecon-Länder den Wünschen der Sowjetunion untergeordnet werden mußten. Daher gilt allgemein die Sowjetunion als Hauptnutznießer der erwarteten Ergebnisse des Elektronisierungs- und Automatisierungsprogramms. Zudem wird zugegeben, daß es in einigen Comecon-Ländern noch ungelöste Probleme hinsichtlich der Finanzierung von Programmprojekten gibt.

Trotz solcher in der offiziellen Presse des Comecon verschwiegenen Unstimmigkeiten gab man sich in Leipzig bewußt optimistisch. Besonders in der DDR stand die Messe ganz im Zeichen der Anstrengungen der Wirtschaftsführer, auf der Grundlage des Komplexprogramms und der Direktive des SED-Parteitages im April des vergangenen Jahres, mit Hilfe von Schlüsseltechnologie die Produktion in der DDR-Industrie zu steigern. Messe Anliegen wurde vor allem in der Tagespresse der DDR mit Beispielen aus den Bereichen des Werkzeugmaschinenbaus oder den Erzeugnissen der Kombinate Carl Zeiss Jena, Robotron Dresden und Mikroelektronik Erfurt dokumentiert. Noch unmittelbar vor der Messe hatte das für Wirtschaftsfragen zuständige SED-Politbüromitglied Günter Mittag auf einem Seminar des SED-Zentralkomitees in Leipzig vor den Generaldirektoren der Kombinate gefordert, daß neue Erzeugnisse zum Zeitpunkt ihrer Produktionseinführung dem Weltstand entsprechen und von diesen bedarfsdeckende Stückzahlen realisiert werden sollten.

Großer Rückstand bei Mikroprozessoren

Im Rahmen der vorgegebenen Zielstellungen bilden die Mikroelektronik, und hierbei in erster Linie die Produktion und Bereitstellung von Halbleiterbauelementen, die Plattform der Elektronisierungs- und Automatisierungsbemühungen aller Comecon-Länder. Führender Hersteller mikroelektronischer Bauelemente in der DDR ist das Kombinat Mikroelektronik Erfurt mit rund 59 000 Beschäftigten in 22 Kombinatsbetrieben. Wie es heißt, kann der große und stetig steigende Bauelementebedarf der Anwenderindustrie der DDR zu einem hohen Prozentsatz aus dem Angebot dieses Kombinats sowie . der Kombinate Elektronische Bauelemente Teltow und Keramische Werke Hermsdorf gedeckt werden. Darüber hinaus sind elektronische Bauelemente auch Bestandteil des Exportgeschäfts. In die Bundesrepublik werden insbesondere Schottky-TTL-ICs geliefert.

In Anpassung an den derzeitigen internationalen Entwicklungstrend stellte das Kombinat Mikroelektronik in Leipzig folgende neue Bauelemente vor:

- die LS-TTL-kompatible CMOS-Logikbaureihe "U74HCT XX DK", die nach offiziellen Hinweisen eine "volle Kompatibilität zu entsprechenden internationalen Baureihen" aufweisen;

- den Einchip-Mikrorechner "U8611 DC 08 mit 8 Bit Verarbeitungsbreite, einer maximalen Taktfrequenz von 8 Megahertz ROM und 128 KB RAM;

- den Grafik-Display-Controller "U 82720D" für den Einsatz in Mikrorechnern zur Steuerung von Rastergrafik- beziehungsweise alphanumerischen Displays;

- Schaltkreise in SMD-Technik, und zwar: CMOS-ICs Einchip-Mikrorechner (Baureihe "UB 88XX"), Consumer- und Industrie-IC

- mikro-optoelektronische Bauelemente (unter anderem Lasermodule und Fotodiodenschaltkreise) sowie

- eine Reihe weiterer ICs wie etwa den LCD-Matrix-Schaltkreis U 714 P" oder eine neue Version des bereits seit längerer Zeit gefertigten 16-Bit-DRAMs "U 256 D" .

Im Mittelpunkt des gegenwärtigen Produktionsprogramms des Kombinates stehen darüber hinaus insbesondere

- ein Standardzellensystem, das die Entwicklung und Produktion von Semikunden-ICs gestattet, sowie

- die Ausweitung der Produktion des 64-KB-DRAMs U2 1 64C und des Zilog-kompatiblen 1 6-Bit-CPU-Systems "U8000" einschließlich der dazugehörigen Peripherie-ICs.

Keine Einzelheiten zur Megabit-Technik

Wie der Pressereferent des Kombinates Mikroelektronik Erfurt, Jürgen Elsholz, betonte, geht es in der DDR zunächst hauptsächlich darum, sich auf die Produktion und Bereitstellung des derzeit technisch Machbaren zu konzentrieren. Daher könne und wolle man zum Beispiel zur Produktionseinführung eines 256-KB-DRAMs noch keine Angaben machen. Ebenso sei es verfrüht, sich bereits jetzt zu Einzelheiten der Megabit-Speichertechnik zu äußern.

Gerade im Falle der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Mikroprozessoren und dynamischen RAM-Speicher-Chips liegt die DDR im West-Ost-Vergleich noch jeweils um mehr als eine Chip-Generation hinter den USA und Japan zurück. Auch die Bundesrepublik rangiert hier noch relativ deutlich vor der DDR. So beträgt beispielsweise der time-lag zwischen den USA und der DDR bei 16-Bit-Mikroprozessoren rund sieben Jahre. Bei 64-KB-DRAMs beträgt der Abstand rund sechs Jahre gegenüber Japan und den USA und etwa drei Jahre gegenüber der Bundesrepublik. Unter Berücksichtigung des bisherigen Entwicklungstempos bei aktiven elektronischen Bauelementen kann man davon ausgehen, daß eine 32-Bit-CPU und ein 256-KB-DRAM in der DDR frühestens ab 1990 vorgestellt werden.

Rückstand wirkt sich bei Folgetechniken aus

Ein solcher Rückstand gegenüber der internationalen Entwicklung wirkt sich zweifellos bei Folgetechnologien, so beispielsweise bei der Mikrorechentechnik, aus. Dennoch gehört die Mikroelektronik-Industrie der DDR aufgrund ihrer Produktionsbreite zu den Leistungsträgern der Elektronik-Entwicklung im Comecon. Demzufolge zählt man sich zu den wenigen Ländern der Welt, die über das Potential verfügen, mikroelektronische Bauelemente zu entwickeln und zu produzieren und hierfür ebenso die notwendigen Fertigungsausrüstungen bereitzustellen. Die Entwicklung und Produktion von Spezialausrüstungen für die Chip-Produktion, insbesondere für Megabit-Speicher, ist im Kombinat Carl Zeiss Jena konzentriert.

Wichtigster Hersteller elektronischer Rechenanlagen ist in der DDR das Kombinat Robotron Dresden. Mit derzeit rund 70 000 Beschäftigten in 19 Betrieben zählt es nicht nur zu den größten Kombinaten in der DDR, sondern ist ebenso einer der wesentlichen Träger der Automatisierungsbestrebungen der SED. Das Robotron-Produktionsprogramm reicht von Eser-Mainframes (Eser, Abkürzung für: einheitliches System der elektronischen Rechentechnik) über Bürocomputer, Arbeitsplatz- und Prozeßrechner bis hin zu PCs und Kleinst-Mikros. Peripheriegeräte und ein recht umfassendes Softwareangebot für die bereitgestellte Hardware sowie Schulungsprogramme für die Aus- und Weiterbildung runden das Leistungsangebot des Kombinates ab. Zweifellos steht es im Comecon-Maßstab an führender Position und daher werden Robotron-Erzeugnisse besonders von sowjetischen Kunden geschätzt. Noch immer sind durchschnittlich mehr als 65 Prozent der Robotron-Erzeugnisse für den Export in andere Comecon-Länder insbesondere für die UdSSR bestimmt, um die dort bestehenden Ausrüstungsdefizite im kommerziellen Bereich zu decken. Dennoch betonten Robotron-Vertreter auf der Messe, daß man insbesondere für die Realisierung des CAD/CAM-Programms der DDR dazu übergehen müsse, den größten Anteil der bei Robotron produzierten Mikros der eigenen Wirtschaft zuzuführen.

Anwendungslösungen im Mittelpunkt

Ausgehend von den Entwicklungen der letzten Jahre und den Parteitagsforderungen standen im Mittelpunkt des diesjährigen Messeangebotes verschiedene neue Erzeugnisse und Anwendungslösungen. Mit dem Eser-Mainframe EC 1057 wurde ein neues Modell der mittleren Leistungsklasse der Eser-Entwicklungsreihe 3 geschaffen, das ab Ende 1987 in Serie produziert werden und dann die Eser-EDVA EC 1055 und EC 1055.M ablösen soll. Wie es in einer Robotron-Mitteilung heißt, kann das neue System "auf Basis eines leistungsfähigen Standard-Softwarespektrums" zur Bewältigung von Routinearbeiten im Dialog und Stapelbetrieb sowie als Mehrrechnersystem eingesetzt werden. In der DDR soll es vor allem in den noch zu schaffenden lokalen Netzen sowie im Rahmen zentraler CAD/CAM-Systeme genutzt werden.

Als Merkmal für die gegenüber seinen Vorgängern verbesserte Leistungsfähigkeit des EC 1057 gilt zunächst die Verwendung verbesserter Schaltkreise (Schottky TTL), die einen Maschinenzyklus von 216 Nanosekunden sowie von 64-Bit-RAM-Schaltkreisen erlauben. Sie gestatten es, den Hauptspeicher bis auf maximal 16 MegaByte auszubauen. Die Zentraleinheit ermöglicht eine Operationsgeschwindigkeit von 850 000 Operationen pro Sekunde. Sie kann entweder als Basisprozessorsystem oder als Doppelprozessorsystem (Anschlußprozessor) konzipiert sein. Ein Doppelprozessorsystem erreicht bei geeigneten Anwendungen eine Maximalleistung von etwa 1,5 Mips (Millionen Instruktionen pro Sekunde). Mit dem neuen Rechner will Robotron zudem auch eine leistungsfähige Peripherie bereitstellen. Geplant ist vor allem der Einsatz von Festplattenspeichern mit 300 MB sowie Laserdruckern; denn auch bei Robotron ist man inzwischen der Ansicht, daß man in der DDR nicht mehr am Laserdrucker vorbeikommt.

Hinwendung zur arbeitsplatzorientierten DV

Neu war ebenfalls das auf dem 8-Bit-Mikrorechnersystem K 1630 von Robotron basierende Grafische Subsystem EC 7945, bestehend aus interaktivem Grafik-Terminal, Digitalisiergerät und Plotter, mit dem der CAD-Einsatz von Eser-Rechnern unterstützt werden soll. Bereits seit längerer Zeit ist Robotron auf dem Sektor der arbeitsplatzorientierten Informationsverarbeitung aktiv und bietet hier Büro-, Personal- und Arbeitsplatzcomputer an. Zu den weiter- und neuentwickelten und in Leipzig vorgestellten Geräten gehören der 8-Bit-PC 1715 W sowie der Kleincomputer KC 87. Bei dem PC 1715W handelt es sich um eine Weiterentwicklung des erstmals 1984 vorgestellten PC 1715. Hier glaubt man, durch eine Erhöhung der RAM Speicherkapazität von 64 KB auf nunmehr 256 KB und durch ein erweitertes Betriebssystem (SCPX 1715) eine komfortablere und leistungsfähigere Nutzeroberfläche geschaffen zu haben, die vor allem eine effektivere Textverarbeitung gestattet. Der KC 87, eine Weiterentwicklung der KC-85/X-Baureihe (ursprünglich als Homecomputer unter anderen Bezeichnungen angeboten), soll speziell im Bereich der Aus- und Weiterbildung eingesetzt werden, läßt sich nach Robotron-Informationen aber auch kommerziell nutzen. Dies wird aufgrund des noch immer bestehenden Rechnerdefizites

in der DDR-Wirtschaft von verschiedenen hierauf angesprochenen Praktikern auch erwartet. Der Rechner ist unter anderem mit einer 8-Bit-CPU ausgerüstet, weist eine Speicherkapazität von 16 KB ROM (davon 4 KB für das Betriebssystem) und 18 KB RAM (davon 16 KB für den Arbeitsspeicher) auf und arbeitet wie der Robotron PC 1715 auf Basis eines an CP/M angelehnten Betriebssystems.

Mikro-Betriebssystem an CP/M angelehnt

In den Bereich der Mikrorechentechnik ist zudem mit dem P8000 ein ebenfalls neu vorgestelltes 16-Bit-Mikrorechner-Entwicklungssystem einzuordnen. Es stammt aus dem Kombinat VEB Elektro-Apparate-Werke Berlin-Treptow und ist als Programmier- und Entwicklungssystem für Multiuser/Multitask-Anwendungen vorgesehen. Neben den genannten neuen beziehungsweise weiterentwickelten Mikros wurden darüber hinaus bereits im Einsatz befindliche Geräte, wie etwa das interaktive digitale Bildverarbeitungssystem Robotron A 6470 sowie Grafikperipherie für die Robotron-PCs und den 16-Bit-Arbeitsplatzcomputer Robotron A7100 gezeigt. Das Hardwarekonzept dieses Rechners wird vor allem ergänzt durch Betriebssysteme, die kompatibel zum internationalen Standard, also MS/DOS und Rechner-Unix, sind. Um einen möglichst effektiven Industrieeinsatz zu gewährleisten, will Robotron noch in diesem Jahr Festplattenspeicher (10 MB) auf den DDR-Markt. bringen. Ar die ß00 Stück des A7 100 wurden 1986 von Robotron hergestellt. Die Gesamtproduktion dieses Modells betrug im gleichen Jahr etwa 22 000 Stück.

Keine Aussage zur Architektur künftiger PCs

Zu einer Aussage für die Architektur künftiger PCs und Arbeitsplatzcomputer, insbesondere deren CPU-Basis, ließ sich keiner der hierauf angesprochenen Robotron-Vertreter bewegen. Ebenso ist zum gegebenen Zeitpunkt Desktop-Publishing für Robotron kein Thema. Statt dessen wurde auf die Neu- und Weiterentwicklung innerhalb des Robotron-Druckerprogramms verwiesen. Mit erhöhten Druckgeschwindigkeiten und der Fähigkeit, hochauflösende Grafik darzustellen, will man nicht nur den Nutzern in der DDR neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen, sondern auch auf Westmärkten die hier bereits mit Robotron-Druckern erzielten Absatzerfolge weiter ausbauen. Derartige Absatzerfolge in Richtung Westen sollen darüber hinaus vor allem mit elektronischen Schreibmaschinen aus dem Kombinat Robotron unterstützt werden.

Auf der Basis der gegenwärtig angebotenen Mikrorechner-Hardware ist in der DDR eine sich weiter verstärkende Hinwendung zu einem arbeitsplatzorientierten Rechnereinsatz festzustellen. Demzufolge standen im Mittelpunkt des Robotron-Ausstellungsprogramms in Leipzig verschiedene neue Anwenderlösungen. Diese reichten von speziellen Einsatzbeispielen für den Kleinrechner KC 87 über die Trainingsplanung im Volkssport mit Hilfe des PC 1715, Futterberechnungen in der Tierproduktion mit dem Robotron-Bürorechner A 5120, Textverarbeitung auf Basis des PC 1715 und des Arbeitsplatzrechners A7100 bis hin zum Arbeitsplatz für Augenoptiker (PC 1715) und Geschäftsfähigkeit mit dem A7100. Mit einer solchen Einsatzpalette wollte man nach Robotron-Informationen demonstrieren, daß nunmehr auch in der DDR dem Mikro-Einsatz kaum noch Grenzen gesetzt sind und Mikrorechner in allen Wirtschaftsbereichen zur Übernahme von Routinearbeiten ihren Einzug halten.

Hier stellt Robotron den Anwendern seiner Rechner ein relativ breites Software-Programm vor. Doch offenbar gibt es in der DDR bei der Softwarenutzung einige Probleme. Besonders die für die industrielle Anwendung entwickelte und bereitgestellte Software wird nach Hinweisen in der DDR-Presse in der überwiegenden Mehrzahl vor allem wegen schlechter Dokumentation, Mängeln in der Anwenderfreundlichkeit und der Flexibilität der Programme zu wenig genutzt. Dessen ungeachtet werden auch im Westen die Softwareleistungen von Robotron inzwischen als solide eingestuft. So konnte auf der Robotron-Pressekonferenz auf eine zwischen dem Kombinat Robotron und der Siemens AG abgeschlossene Kooperationsvereinbarung verwiesen werden. Wie hierzu zu erfahren war, geht es im einzelnen um die Pflege von betriebsnaher Software für die Siemens-Rechner 7500 durch das Kombinat Robotron.

Noch stärker als in den Vorjahren wurden die CAD/CAM-Aktivitäten einzelner Industriekombinate in den Vordergrund des Messegeschehens gerückt. So präsentierte Robotron verschiedene CAD/CAM-Systeme für die angestrebte durchgängige Automatisierung in der Produktion. Hierzu zählten Eser-CAD/CAM auf Basis von Robotron-Mainframes und -Peripheriegeräten sowie Anwendungslösungen auf der Grundlage der 8-Bit-Bürocomputer, PCs und des Arbeitsplatzrechners A7100. Ganz offen wurde von Robotron-Vertretern eingeräumt, daß mit der derzeit in der DDR verfügbaren Hardware noch keine 3-D-Geometrie zur Lösung anspruchsvoller CAD-Aufgaben möglich ist. Nach offiziellen Berichten wurden in den einzelnen DDR-Industriebetrieben bis Ende 1986 insgesamt 24 700 CAD/ CAM-Stationen und -Systeme eingesetzt. Den Gesamtbestand will man bis zum Jahre 1990 auf 85 000 bis 90 000 erhöhen.

DDR-LANs tasten sich vor

Nicht als neu ist das in Leipzig vorgestellte Robotron-LAN "Rolanet 1" zu bezeichnen. Es wurde bereits im Vorjahr von Robotron und dem Kombinat Nachrichtentechnik als Pilotprojekt demonstriert. Diesmal war es als "lokaler Rechnerverbund für die Büroautomation und CAD/CAM" zu sehen. Es wird mit Koaxial- oder Glasfaserkabel betrieben Als Server dient ein PDP-11-kompatibler Rechner. Mittelfristig strebt man an, über Gateway-Einheiten dem künftigen Nutzer den Zugang zu öffentlichen Nachrichtennetzen und Kommunikationssystemen des Kombinates Nachrichtenelektronik Leipzig und überbetrieblichen, paketvermittelt arbeitenden Netzen zu ermöglichen. Doch das alles ist noch Zukunftsmusik, und selbst die Testphase von Rolanet 1 ist bei Robotron noch nicht abgeschlossen. Erst ab 1991 kann man hier wohl mit ersten vorzeigbaren Planungsergebnissen rechnen.

Neben Rolanet wird von Robotron mit Scom-LAN auch eine Low-Cost-Lösung eines LAN angeboten. Sie ist speziell für den Einsatz des Robotron-PC 1715 konzipiert und soll nicht nur den Datenaustausch zwischen PCs ermöglichen, sondern ebenfalls eine Reihe von Applikationen (CAE, CAD/CAM) garantieren. Obwohl sich Robotron mit seinen LAN-Konzepten noch am Anfang einer Rechnervernetzung befindet, wird bereits gegenwärtig über die zu realisierende netzintegrierte Informastionsverarbeitung in Theorie und Praxis diskutiert. Sie soll das Kennzeichen der geplanten rechnergestützten Informationssysteme der Kombinate und Betriebe sein und ebenso die Basis für die Fabrik der Zukunft innerhalb der DDR-Industrie bilden.

Homecomputer aus dem Westen

In der DDR herrscht bei den Verantwortlichen Einigkeit darüber, daß es gegenwärtig nicht wirtschaftlich sei, Homecomputer für den Privatgebrauch herzustellen. Einschlägiges Computerwissen, so war auch auf dieser Messe zu hören, kann man sich jedoch in den beispielsweise an Hoch-, Fach- oder Berufsschulen und in den Betrieben eingerichteten Computerkabinetten beziehungsweise in den von der Kammer der Technik der DDR geförderten Computerclubs aneignen. Da es im Handel keine Homecomputer gibt, versuchen die Hobbybastler in den RFT-Läden einen 8-Bit-Robotron KIT Z 1013 zu erstehen oder - wenn überhaupt vorrätig - Leistungs-ICs für den Selbstbau zu kaufen. Es gibt aber mit Wissen und Duldung offizieller staatlicher Stellen verschiedene Möglichkeiten, an Homecomputer aus dem Westen heranzukommen. So werden in der DDR-Zeitschrift "Der Elektropraktiker" der C64 für rund 6000 DDR-Mark oder der ZX81 für rund 2000 DDR-Mark angeboten.

Solche und andere Rechner gelangen auf legalen und illegalen Wegen in die DDR. Man kann sie jedoch auch auf dem Schwarzmarkt, beim sogenannten "Chinesen", erstehen. Hier gibt es selbst den C128D, einen Amiga oder Atari der ST-Reihe. Für die letztgenannten muß man allerdings schon mit einem Preis von bis zu 60 000 DDR-Mark rechnen. Einfache Homecomputer mit Peripherie kann man jedoch ebenso in ausgewählten Intershop-Läden mit viel Glück und für Westgeld (mit 20 Prozent Aufschlag) kaufen. Schließlich besteht die Möglichkeit, sich von Verwandten oder Bekannten unter Einbeziehung des Geschenkedienstes der Schweizer Firma Platinus (Genex-Geschenke-Katalog) ein solches Gerät mit Floppy-Laufwerk schicken zu lassen. Dementsprechend gibt es in der DDR nicht nur viele Computerfreaks, die einen Homecomputer aus dem Westen besitzen, auch Handwerksbetriebe und andere Kleinbetriebe, die noch keinen offiziell genehmigten Anspruch auf einen Robotron-Mikro haben, nehmen die gebotenen Möglichkeiten wahr. Wie man in Leipzig von unterrichteten Kreisen ebenfalls erfahren konnte, gibt es Computerclubs, die mit Stolz auf ihre C64 oder Ataris hinweisen.

Computerclubs basteln mit C64 und Atari

Mit den Beschlüssen des XI. Parteitages der SED im April 1986 wurde besonders der Werkzeug- und Verarbeitungsmaschinenbau der DDR in den Mittelpunkt der angestrebten flexiblen Automatisierung gerückt. Dieser Industriebereich repräsentiert das Werkzeugmaschinenkombinat 7. Oktober, Berlin-Ost, das Werkzeugmaschinenkombinat "Fritz Heckert", Karl-Marx-Stadt, das Kombinat Umformtechnik "Herbert Warnke", Erfurt, und das Werkzeugkombinat Schmalkalden. Von diesen Kombinaten wurden neue und weiterentwickelte CNC-Werkzeugmaschinen gezeigt, die teilweise ausgerüstet sind mit einer neuen Generation von Steuerungen (Steuerungssystem CNC 700 K; Kombination von 8- und 16-Bit-Technik), Bearbeitungszentren, Fertigungszellen wie etwa die Fertigungszelle "Kompakt" FC400K/2.2 zum Fräsen und Bohren, flexible Pressekomplexe sowie flexible Fertigungssysteme, wie beispielsweise des Systems FMS P 200/ - zur Bearbeitung unterschiedlicher Werkstücke.

Professor Russig vom Forschungszentrum des Werkzeugmaschinenbaus betonte, daß Neu- und Weiterentwicklungen neuer Maschinensysteme nunmehr unter der Berücksichtigung ihrer Eignung als Komponenten für flexible Fertigungssysteme mit der Orientierung auf eine bedienarme Produktion erfolgen. Ihren Ausdruck finde diese Entwicklung in den bereits in die Praxis überführten flexiblen Fertigungssysteme. Zu diesen zählt insbesondere das seit April 1986 im VEB Elektromotorenwerk Dresden und unter Berücksichtigung des neuesten DDR-Know-hows entwickelte flexible Fertigungssystem. Es umfaßt sämtliche betriebswirtschaftlich relevanten Funktionen vom Wareneingang bis hin zum Versand der fertiggestellten Erzeugnisse. Den Kern dieses Automatisierungsvorhabens bilden 16 Fertigungszellen für daß Drehen, Fräsen und Bohren der Werkstücke. Roboter bedienen die Fertigungszellen, die darüber hinaus mit einem Transport-Robotersystem mit einem automatisierten Hochregallager verknüpft sind. Nach Berichten in der DDR-Presse gab es bereits im November des vergangenen Jahres in der DDR-Industrie 80 flexible Fertigungssysteme, davon 27 mit vier und mehr Werkzeugmaschinen.

Trend zu steigendem Automatisierungsgrad

Nicht alle weisen den Automatisierungsstandard des in Dresden arbeitenden flexiblen Fertigungssystems auf. Dennoch ist hier wie auch in anderen Bereichen des Maschinenbaus, so etwa bei Textil- und Druckmaschinen, vor allem aufgrund des Einsatzes neuer mikroelektronischer Steuerungen ein Trend zu einem ansteigenden Automatisierungsgrad festzustellen. Die 16-Bit-Steuerung CNC700 will man speziell für die angestrebte flexible Automatisierung weiterentwickeln. Auch "höherentwickelte Steuerungssysteme" sollen nach Messeberichten in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen. Im Vergleich zum allgemeinen Entwicklungsstand der rechnergestützten Fertigungsautomatisierung in führenden westlichen Industrieländern weist dieser Bereich in der DDR gegenwärtig trotz der gestiegenen Anwendung der Lichtleiterübertragungstechnik schon wegen der sonst kaum ausreichenden Ergebnisse der Telekommunikation, des zugegebenen Rechnermangels sowie des noch relativ begrenzten Leistungsvermögens der jetzigen Rechentechnik für anspruchsvolle Lösungen der Industrieautomatisierung einen deutlichen Rückstand auf. Dies wurde besonders mit den auf der CeBIT- und Industrie-Messe in Hannover gezeigten Neuheiten, beispielsweise die Rechneranwendungen in Konstruktion und Fertigung westlicher Hersteller, unterstrichen. Dennoch gab man sich in Leipzig optimistisch. Es ist geplant, auf Basis des gegenwärtig technisch Erreichten den Weg in Richtung auf die computerintegrierte Fabrik anzutreten. So ist nunmehr auch CIM für die DDR-Industrie ein besonderes Entwicklungsziel, das man insbesondere durch eine Kooperation mit sowjetischen Partnern bis zum Jahre 2000 erreichen will.

UdSSR setzt auf Technik-Kooperation mit DDR

Schlüsseltechnologie beherrschten auch das Exponatespektrum der übrigen Comecon-Länder. Mit den in Leipzig vorgestellten Neu- und Weiterentwicklungen wollte man vor allem auf nationale Produktions- und

Anwendungsschwerpunkte hinweisen. Dem gegenwärtigen von westlichen Firmen vorgegebenen Automatisierungstrend im Fertigungsbereich folgend, konzentrierten sich sowjetische Aussteller nicht nur auf

neue mit mikroelektronischen Steuerungen ausgerüstete Dreh- und

Fräsmaschinen sowie Transport- und Montageroboter als Grundkomponenten flexibler Fertigungssysteme, sondern auch auf neue rechentechnische Erzeugnisse. Nach Messeberichten arbeitet man in der Sowjetunion zwar bereits seit dem Beginn der siebziger Jahre an dem Aufbau und der Einführung flexibler Fertigungssyteme.

Größere Erfolge erst in den 80er Jahren

Wie in Leipzig betont wurde, konnten jedoch erst im Verlauf der achtziger Jahre, insbesondere durch den Einsatz von Mikrorechnern beziehungsweise dem PC ISKRA 226, im Bereich der Produktionsautomatisierung größere Erfolge erzielt werden. Hier hofft man aber auf Basis einer engeren Zusammenarbeit vor allem mit den Werkzeugmaschinenbau-Kombinaten in der DDR zählbare Erfolge "zu beiderseitigem Nutzen" erzielen zu können. Die Grundlage derartiger Überlegungen bildet eine Vereinbarung zwischen der UdSSR und der DDR über eine Kooperation "bei der Entwicklung, Projektierung und Herstellung flexibler Fertigungsabschnitte für Klein- und Mittelserien". Die DDR ist aber auch der wichtigste Lieferant von Werkzeugmaschinen bis hin zu kompletten Bearbeitungszentren. Rund 50 Prozent des Werkzeugmaschinenexports der DDR entfallen allein auf die UdSSR.

Wichtiger Lieferant von Bearbeitungszentren

Zu den in Leipzig von dem Außenhandelsbetrieb Elektronorgatechnika gezeigten rechentechnischen Erzeugnissen zählten unter anderem der IBM-kompatible 16-Bit-PC ES-1840, der Prozeßrechner SM 1424, der ebenfalls für den Industrieeinsatz vorgesehene Mini SM 1810, der 8-Bit-Schulcomputer Elektronika UK-NZ sowie der 16-Bit-Mikroprozessor Elektronika BK 0010 zur "Steuerung von Haushaltsgeräten" und einsetzbar als PC und Programmiergerät. Der nunmehr auch in der Sowjetunion diskutierte "Dialog mit dem Computer" soll Messeberichten zufolge insbesondere mit Hilfe von Rechnernetzen unterstützt werden. Als Beispiel hierfür wurde das von einem Vertreter des Außenhandelsbetriebes Elektronorgatechnika das bereits Mitte 1986 als Pilotprojekt in Betrieb genommene "Akademset" (Akademierechnernetz) der Akademie der Wissenschaften der UdSSR und des Staatlichen Komitees der UdSSR für Wissenschaft und Technik genannt. In ihm soll - vom PC bis zum Supercomputer - die ganze Palette der gegenwärtig produzierten Rechner einschließlich Datenfernübertragungsperipherie zum Einsatz kommen.

Wie bereits in den Vorjahren, so präsentierten auch diesmal die Außenhandelsbetriebe Ungarns einige dem derzeitigen internationalen Entwicklungsstandard angepaßte Neuheiten aus der Produktion der wichtigsten Rechnerhersteller. Videoton zeigte neben dem sowohl für einen 8- als auch 16-Bit-Betriebsmodus konzipierten Mikro VT20/IV/M mit 512 KB RAM, in der Grundausführung, CP/M- und MS/DOS-kompatibel, auch einen 16-Bit-Grafikarbeitsplatz für CAD/CAM-Anwendungen und LAN-Einsatz (Ethernet-kompatibles Netzinterface mit der Bezeichnung VT32) und schließlich den mit einer DDR-CPU bestückten 8-Bit-PC Primo der Firma Mikrokey. Das Rechnerangebot wurde durch eine Reihe von Peripheriegeräten, insbesondere Drucker und Plotter, ergänzt.

Technik-Kooperation zwischen Polen und DDR

Polen betonte in Leipzig besonders die Technik-Kooperation mit der DDR und verwies im gegebenen Zusammenhang auf die anstehenden Elektronisierungs- und Automatisierungsaufgaben. Ausgestellt wurden verschiedene Bauelemente des Staatsbetriebes Unitra, elektronische Tischrechner und Mikrocomputer aus den Mera-Elwro-Werken sowie verschiedene Werkzeugmaschinen polnischer Maschinenbauer, die neuerdings zum Teil mit numerischen Steuerungen aus der DDR ausgerüstet sind.

Auch die bulgarischen Aussteller stellen mit den gezeigten Werkzeugmaschinen sowie einem flexiblen Bearbeitungszentrum die wachsende, Bedeutung der Fertigungsautomatisierung heraus. Mikrorechner zur digitalen Bilderfassung und -bearbeitung sowie für den Laboreinsatz aus der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften sowie Komponenten der Kommunikationstechnik sollten zudem auf die zunehmende Rolle der Informations- und Kommunikationstechnik hinweisen.

Zunehmende Rolle der Kommunikationstechnik

Im Mittelpunkt des Messeprogramms der tschechoslowakischen Außenhandelsbetriebe Kovo und ZSE standen verschiedene Erzeugnisse der Meß- und Automatisierungstechnik sowie der Büro- und Rechentechnik. Wie in Leipzig zu erfahren war, will man bestehende Rückstände bei der Industrieautomatisierung mit DDR-Hilfe aufholen. So ist unter anderem eine enge Kooperation bei der Herstellung flexibler Bearbeitungszentren geplant. Neue Werkzeugmaschinen bildeten in Leipzig daher den Schwerpunkt des Messeprogramms. Dieses traf ebenso für Rumänien zu. Auch hier werden die Maschinenbauer von der DDR unterstützt. Dem Automatisierungstrend folgend, stellte darüber hinaus der Außenhandelsbetrieb Electronum mit dem Felix-PC und dem Mini Independent 102F/4M sowie den Displays Junior und DAF 2020 weiterentwickelte rechentechnische Erzeugnisse der Firma Felix vor.

*Klaus Krakat ist Berliner Korespondent der COMPUTERWOCHE.