Milliardenverluste durch Napster und Co.

Attraktive Geschäftsmodelle für den Content-Vertrieb gesucht

29.09.2000
MÜNCHEN (CW) - Durch den Vertrieb oder das Verschenken von Raubkopien übers Internet wird die Musikindustrie bis zum Jahr 2005 rund 3,1 Milliarden Dollar Verlust machen. Den Verlagen prognostizieren die Marktforscher von Forrester Research in diesem Zeitraum Einbußen in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar.

Die hohen Verluste sind in erster Linie auf die Verbreitung von Raubkopien zurückzuführen. Laut Forrester hat seit einiger Zeit aber auch ein weiterer Trend geschäftsschädigende Auswirkungen: Künstler und Autoren beginnen, ihre Produkte auf eigene Faust via Internet zu vertreiben - wie zum Beispiel Kultautor Steven King, der seinen Roman "The Plant" abschnittsweise zum Download ins Netz stellt und dabei den Verlag komplett übergeht. Die Tatsache, dass die meisten Leser den zu entrichtenden Obulus von einem Dollar pro Kapitel freiwillig entrichten, zeigt, dass Anwender für Inhalte bezahlen, wenn das Geschäftsmodell auf Akzeptanz stößt.

Nach Ansicht von Forrester-Analyst Eric Scheirer ist die MP3-Tauschbörse Napster auch deshalb beliebt, weil ihr ein einfaches Prinzip zu Grunde liegt. Würden die Verleger Formate und Geschäftsmodelle entwickeln, die von den Kunden gewünscht werden, hätten sie auch mit kommerziellen Web-Angeboten Erfolg, meint Scheirer. Eine Möglichkeit für Plattenfirmen sei zum Beispiel ein Service, bei dem die Kunden eine monatliche Pauschale zahlen und sich dafür so viele MP3-Dateien herunterladen können, wie sie wollen. Solche Wege seien sinnvoller, als Napster und Co. mit juristischen oder technischen Mitteln zu bekämpfen. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung sind Lösungen zum Schutz geistigen Eigentums schnell überholt, meint auch Bill Gurley von der Risikokapitalfirma Benchmark Capital. Durch den Preisverfall bei Datenspeichern und immer höhere Netzwerkgeschwindigkeiten werde es in wenigen Jahren möglich sein, den Inhalt einer Musik-CD per E-Mail zu versenden. Dann brauche man auch kein Napster mehr.