OneCloud mit AWS, Google, IBM und Microsoft

Atos entdeckt die Cloud

17.11.2020
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit seiner OneCloud-Initiative versucht Atos den Befreiungsschlag. Der französische IT-Dienstleister will sich mit einem passenden Cloud-Angebot als Partner für die beschleunigte digitale Transformation auf Seiten der Kunden in Stellung bringen.

"Wir glauben, dass Cloud mehr denn je das 'New Normal' für Digital ist", sagte Elie Girard, CEO von Atos, anlässlich der Vorstellung von OneCloud Mitte November. Atos sei bestens positioniert und biete Kunden den vollen Wert der Cloud, versprach der Manager, der erst vor einem Jahr den langjährigen Atos-Chef Thierry Breton abgelöst hatte. Anwenderunternehmen könnten damit ihre digitale Transformation beschleunigen.

Atos braucht neue Impulse, damit sich die Geschäftsaussichten aufhellen. Die Cloud soll ein Lichtblick für die Zukunft sein.
Atos braucht neue Impulse, damit sich die Geschäftsaussichten aufhellen. Die Cloud soll ein Lichtblick für die Zukunft sein.
Foto: Atos

Atos kombiniert in seinem OneCloud-Angebot zehn Leistungen:

  1. Branchenspezifische Beratung zur Entwicklung von Cloud-Geschäftslösungen. Je nach Industrie und Unternehmen ließen sich individuelle Cloud-Pläne aufstellen.

  2. Multi-Cloud-Orchestrierung von Private und Public Clouds sowie den großen Public-Cloud-Anbietern. Atos hebt hier als Partner AWS, Google, IBM/Red Hat und Microsoft besonders hervor. Dabei seien Portabilität der Anwendungen und Cloud-Interoperabilität gewährleistet. Das trage dazu bei, die Betriebskosten auf Anwenderseite zu senken.

  3. Ein standardisiertes und automatisiertes Management-Framework, um die Architekturen und Infrastrukturen effizient verwalten und steuern zu können.

  4. Eine "Private & Sovereign" Cloud-Plattform für den Betrieb in On-Premises-Rechenzentren. Diese soll Anwendern die Cloud-Migration erleichtern und dabei helfen, Compliance-Anforderungen in Bezug auf Datenhoheit und -sicherheit einzuhalten.

  5. Entwicklung von Cloud-Anwendungen. Atos verweist hier auf den DevSecOps-Ansatz, mit dem Unternehmen die Markteinführung geschäftskritischer Anwendungen beschleunigen könnten.

  6. Cloud Artificial Intelligence und Machine Learning, um Geschäftsprozesse zu verbessern, neue Lösungen zu schaffen und Unternehmensdaten zu monetarisieren.

  7. Bare-Metal-Lösungen, um neben der Cloud auch nicht virtualisierte geschäftskritische Anwendungen zu unterstützen.

  8. Leistungsstarke Cloud-Edge- und Far-Edge-Lösungen (lokal oder Field-Server), kombiniert mit neuen 5G-Konnektivitätslösungen, die eine sichere und lokale Verarbeitung sowie eine optimierte Bandbreitennutzung gewährleisten sollen. Atos geht davon aus, dass mittelfristig 80 Prozent der weltweit erzeugten Daten am Netzwerkrand, dem Edge-Bereich, entstehen.

  9. Integrierte Cybersecurity für Cloud-native Sicherheitskontrollen, um Bedrohungen möglichst schnell zu erkennen und aus dem Weg zu räumen.

  10. Dekarbonisierungsangebote, die Anwendern eine Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks von Cloud-Infrastruktur, Daten und Anwendungen garantieren sollen. Atos stellt seinen Kunden Decarbonization Level Agreements (DLAs) in Aussicht, die wie klassische Service Level Agreements (SLAs) in den Verträgen verankert würden.

Atos-Chef Girard sprach von einem One-Stop-Angebot. "Wir bieten Kunden alles, was sie für die Cloud brauchen." Das Angebot beinhalte Markteinführung und Organisation aus einer Hand. Darüber hinaus sei OneCloud als modularer Ansatz konzipiert. Kunden könnten so ihre gesamte IT-Infrastruktur in die Cloud migrieren oder nach und nach einzelne Bausteine verlagern. Die einzelnen Module der OneCloud ließen sich zu individuellen Angeboten kombinieren und entsprechend orchestrieren.

Innerhalb von 90 Tagen könne jedes Unternehmen einen eigenen individuellen Cloud-Plan aufstellen, verspricht Elie Girard, CEO von Atos.
Innerhalb von 90 Tagen könne jedes Unternehmen einen eigenen individuellen Cloud-Plan aufstellen, verspricht Elie Girard, CEO von Atos.
Foto: Atos

Der Dienstleister bietet seinen Kunden außerdem an, innerhalb von 90 Tagen einen individuell auf das eigene Unternehmen zugeschnittenen Cloud-Plan zu erstellen. Dabei gehe es um eine Roadmap für die Modernisierung von Anwendungen, Daten und Infrastruktur. Die Atos-Manager raten ihren Kunden, nicht alles im Vorfeld bis ins Detail auszuarbeiten. Das dauere zu lange. Anwender sollten vielmehr zügig in Richtung Cloud starten, dabei auch Fehler machen, diese dann aber auch schnell korrigieren können.

Atos setzt in seiner Cloud-Strategie zudem auf Partnerschaften. Neben den Hyperscalern gehören alteingesessene IT-Schwergewichte wie Dell Technologies und SAP, ferner auch Cloud-Größen wie Salesforce und ServiceNow zum Atos-Ökosystem. Außerdem kündigte Atos-CEO Girard an, in den kommenden fünf Jahren weitere zwei Milliarden Euro in den Ausbau des eigenen Cloud-Programms zu investieren. Das Geld soll vor allem in die Weiterbildung des eigenen Personals, neue Fachleute sowie in die eigene Forschung und in weitere Akquisitionen fließen.

Cloud-Anteil soll deutlich steigen

Die Erwartungen bei Atos sind hoch. Girard zufolge soll der Cloud-Anteil am eigenen Geschäft, der im vergangenen Jahr noch bei etwa 15 Prozent gelegen habe, bis Mitte des Jahrzehnts auf 26 Prozent zulegen. Das sei konservativ geschätzt, sagte der CEO und hofft offenbar, das Cloud-Business noch stärker hochfahren zu können.

Lesen Sie mehr darüber, wie sich Atos im IT-Geschäft aufstellen möchte:

Das ist auch nötig, denn das klassische Business schwächelt. Im abgelaufenen dritten Quartal 2020 ging der Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal von 2,74 auf 2,64 Milliarden Euro zurück. Die beiden zentralen Säulen Infrastructure & Data Management sowie Business & Platform Solutions verzeichnen rückläufige Einnahmen. Lediglich die Geschäfte mit Big Data und Sicherheit legten zu - um 16 Prozent auf 265 Millionen Euro. Allerdings ist diese Sparte mit deutlichem Abstand die kleinste im Atos-Portfolio. Für das Gesamtjahr rechnet der Dienstleister mit einem Umsatzrückgang zwischen zwei und vier Prozent.

CEO Girard muss sich also etwas einfallen lassen, um die Geschäfte wieder in Schwung zu bringen. Der Cloud-Vorstoß dürfte ein erster wichtiger Meilenstein sein, die eigene Transformation voranzubringen. Die Veränderungen bekommen vor allem die eigenen Mitarbeiter zu spüren. Atos spricht zwar davon, in zusätzliche Skills zu investieren. Die Personaldecke dünnt indes deutlich aus. Standen Ende 2018 noch über 122.000 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste des Dienstleisters, waren es Ende September dieses Jahres noch gut 105.000.