Web

Atoolo packt den Desktop in den Browser

28.02.2007
Die Atoolo GmbH aus Münster (!) zeigt mit ihrem gleichnamigen "Web-Desktop" eindrucksvoll, was man mit J2EE, JavaScript, AJAX und Web-Standards alles zaubern kann.

Wer sich unter Atoolo.com kostenlos anmeldet, kann nach Bestätigung seiner E-Mail-Adresse umgehend auf einen Online-Desktop zugreifen, den die Softwarefirma Sitepark und die Kommunikationsagentur Cynapsis in den vergangenen acht Monaten gemeinsam programmiert haben. "Für unseren Desktop haben wir ein eigenes Framework enwickelt, das sowohl serverseitig als auch im Browser des Anwenders das Betriebssystem der Online-Plattform bildet", erklärt Atoolos Geschäftsführer Marcus Veigel.

Dieses Framework stellt Funktionen für die Fensterverwaltung, Schnittstellen für den Datenaustausch zwischen einzelnen Tools und das Speichern auf dem Online-Laufwerk "Atoolo-Disk" (1 GB) zur Verfügung. Es wurde Server-seitig in J2EE und auf dem Client in JavaScript realisiert. Die Daten zwischen Server und Browser werden mittels AJAX (Asynchronous JavaScript and XML) übertragen.

Der Atoolo-Desktop funkioniert in modernen Browsern (IE 6/7, Firefox 1.5 und 2) ohne Installation von Zusatzprogrammen. Der Anbieter empfiehlt den Open-Source-Browser Firefox ab Version 2. In der aktuellen Version umfasst der Online-Desktop eine einfache Textverarbeitung und verschiedene Hilfsprogramme, beispielsweise eine Sticky-Notes-Applikation, deren Merkzettel man auch anderen Nutzern auf den Desktop kleben kann. Außerdem sind verschiedene Internet-Werkzeuge wie Google Maps oder Podcasts integriert.

Neue Funktionen kommen laufend hinzu. Geplant sind unter anderem gemeinsam nutzbare Checklisten, Bildergalerien und Werkzeuge zur Bildbearbeitung. Das neunköpfige Entwickler-Team will Atoolo.com im Laufe des Jahres außerdem für die Verwendung mit mobilen Endgeräten anpassen.

Für den Endnutzer ist die Nutzung des Atoolo-Online-Dekstops kostenlos und soll es auch bleiben. Wie funktioniert also das Geschäftsmodell? Ebenfalls Web-typisch, sprich werbefinanziert. Jedes Tool-Fenster kann von einem Sponsor mit seinen Logo und einen Kampagnen-Banner versehen werden. Diese bleiben während der gesamten Sitzungsdauer im Blickfeld des Nutzers. Buchen kann man sie über ein Ad-Portal, wo die Preise mit Online-Auktionen über Angebot und Nachfrage ermittelt werden - "so wie es Suchmaschinen-Marketing schon seit Jahren erfolgreich funktioniert", sagt Veigel.

Erfreulich: Atoolo erstellt keine Profile von seinen Nutzern, man kann sich mit minimalen Informationen ohne Angaben zu Hobbys oder Kaufentscheidungen anmelden. Alle Nutzerdaten seien durch Netztechnik und Firewall "sorgfältig vor Missbrauch geschützt", verspricht der Anbieter. Die Übertragung von und zu Atoolo.com kann zudem auf Wunsch 128-Bit-verschlüsselt erfolgen.

Natürlich bleibt die Frage, ob die unvermeidliche Konsolidierung im Web-x.0-Markt Platz ausgerechnet für ein Produkt aus dem Münsterland lässt. Wie gelungen dies auch immer sein mag - mit den Ressourcen von Web-Riesen wie Google oder Yahoo! können kleine Firmen wie Atoolo schwerlich mithalten. Aber uns würde es zumindest nicht verwundern, wenn Atoolo demnächst von einem der Großen geschluckt würde. So oder so, wir drücken die Daumen. (tc)

P.S.: Unser Kollege Wolfgang Sommergut sieht Atoolo indes mehr als eindrucksvolle Programmierübung mit antiquiertem Konzept, bei der das Thema Web 2.0 verfehlt wurde. Aber lesen Sie selbst.