Nach der Einigung von Ericsson und Qualcomm

AT&T setzt eigenen Handy-Standard

09.04.1999
MÜNCHEN (CW) - Der schwedische TK-Anbieter Ericsson und das amerikanische Unternehmen Qualcomm haben ihren jahrelangen Patentstreit über das Mobilfunkverfahren Code Division Multiple Access (CDMA) beigelegt. Doch der amerikanische TK-Riese AT&T setzt weiter auf ein proprietäres System.

Ein weltweit einheitlicher Mobilfunkstandard, der den Nutzern künftig internationales Roaming beschert hätte, ist erneut in Gefahr. Die amerikanische Telefongesellschaft AT&T hat jetzt gemeinsam mit den Netzbetreibern Bellsouth und SBC Communications bestätigt, am Übertragungsverfahren TDMA (Time Division Multiple Access) festhalten zu wollen. In diesem Zusammenhang kündigte AT&T ferner an, für rund eine Milliarde Dollar drahtloses Netz-Equipment bei Lucent Technologies einzukaufen.

Der "heilige Krieg" um den Standard geht weiter

Die AT&T-Entscheidung fällt zu einem Zeitpunkt, da ein weltweiter Handy-Standard in greifbare Nähe gerückt war. Ericsson und Qualcomm hatten sich vor zwei Wochen verpflichtet, alle schwebenden Rechtsstreitigkeiten um eine einheitliche CDMA-Norm beizulegen und ihre Patente gegenseitig zu lizenzieren. Durch die Übereinkunft öffnet sich für Ericsson die Tür zu den lukrativen amerikanischen und chinesischen Handy-Märkten. Im Gegenzug verpflichteten sich die Schweden, Qualcomms Division für drahtlose terrestrische Netze sowie Forschungsstätten mit mehr als 1000 Mitarbeitern - immerhin mehr als zehn Prozent der Gesamtbelegschaft - in den USA zu übernehmen.

Obwohl offiziell kein Kaufpreis für die Labors genannt wurde, rechnen Analysten mit einem Dollarbetrag knapp unter der Milliardengrenze. Darüber hinaus heizte das Abkommen erneut Merger-Spekulationen an: Qualcomm, so verschiedene Analysten, hätte sich von einer verlustreichen Abteilung getrennt und sich dadurch für eine Übernahme herausgeputzt. Die Spekulationen beflügelten den Aktienkurs des Unternehmens von rund 40 Dollar im Oktober 1998 auf inzwischen 115 Dollar pro Anteil.

Dem Abkommen von Ericsson und Qualcomm wird eine weitreichende Bedeutung für die Handy-Branche beigemessen, denn der verbissen geführte Streit behinderte bislang einen weltweiten Standard für den sogenannten Mobilfunk der dritten Generation (3G). Während Qualcomm eigene Verfahren namens "CDMA-One" und "CDMA-2000" bevorzugte, setzte Ericsson bislang auf sein dazu inkompatibles System Wideband-CDMA (W-CDMA). Die Unternehmen wollen künftig gemeinsam eine CDMA-Familie mit drei verschiedenen Betriebsarten entwickeln und die Technologie an andere Firmen lizenzieren. Für den IDC-Analysten Ian Gillott geht der "heilige Krieg" um den Handy-Standard allerdings weiter. Durch die Ankündigung von AT&T hätten lediglich die Kontrahenten gewechselt.