AT&T-Boß Scanlon: Wir wollen die Nummer eins werden

27.04.1984

Mit dem Vizepräsidenten des US-Telefongiganten sprach auf der Hannover-Messe CW-Mitarbeiter Wolf-Dietrich Lorenz

- Welche Marketing-Strategie will AT&T in Verbindung mit Olivetti verfolgen?

AT&T will eigene Produkte mit der Olivetti Company zum Verkauf bringen, genau wie bereits angekündigt, und auch die Produkte, die in Hannover auf der Messe gezeigt wurden.

- Welchen Teil der Produktpalette will AT&T für den US-Markt übernehmen?

Olivetti ist zweifellos im Kleinen ganz groß, bezogen auf die Palette von Büroerzeugnissen. Genau das ist, so sind wir der Auffassung, eine gute Ergänzung und eine gute Partie für AT&T und den Markt in USA.

- Planen Sie, Teile von Olivetti zu übernehmen, und wenn, auf welche perspektieren Sie?

Es ist bekannt, daß AT&T einen Anteil von 25 Prozent der Olivetti Company hat, doch insgesamt gesehen betrachten wir unsere Beziehung als eine langfristige Partnerschaft. Olivetti besitzt große Marktkraft außerhalb der USA; das hat AT&T gereizt. Vom Standpunkt Olivettis gesehen, kann dieses Unternehmen von unserem Know-how und der technischen Kapazität partipizieren; das zog wiederum Olivetti an. Deshalb kann man sagen, es gibt keinen Teil von Olivetti, der uns nicht interessiert. So waren unsere Überlegungen, als wir uns für den 25-Prozent-Anteil bei dem italienischen Unternehmen entschieden. Jeder von uns sieht den anderen als vitalen Partner.

- Wo liegen Ihrer Überzeugung nach die größten Probleme im Bereich des Marketings bei dieser Verbindung?

Wir meinen, da gibt es keine Probleme, nur Möglichkeiten. Natürlich hängt das damit zusammen, welchen Teil des Ganzen man gerade betrachtet. Sieht man die Computer, fällt das schnell wachsende Segment der 32-Bit-Minis auf. Um einmal Zahlen anzuführen, wächst ihr Anteil jährlich um 30 Prozent. Als zweites Segment kann man den Bereich Desk-Top-System nennen, und der vergrößert sich um 55 Prozent im Jahr. Am stärksten liegt Olivettis und AT&Ts Interesse deshalb auf diesen zwei Produktmärkten. Betrachtet man den Anwendungsbereich, sieht man deutlich den Bürosektor als attraktivsten Teil des Marktes. Denn es ist ja nun schon eine Binsenwahrheit, daß der Computer mehr und mehr in die tägliche Büroarbeit vordringt.

- Was können Sie über die künftigen Vertriebswege und -netze sagen?

Betrachten Sie die USA, werden wir dort natürlich die Vertriebskanäle von AT&T benutzen. Für den Markt in Europa werden wir, in Übereinstimmung mit Olivetti, deren Vertriebsnetz benutzen und verwerten. Und wir glauben, in Europa in allerbester Form zu sein zusammen mit Olivetti. Wie gesagt, in den USA bleiben wir bei unseren eigenen Vertriebswegen.

- Noch einmal zu Ihrem derzeit wichtigsten Produkt, dem Bürocomputer.

Vorwiegendes Interesse besteht darin, unsere Aktivitäten auf das Single-user beziehungsweise "Oneto-one-Geräte-System" zu richten, nach Multi-user Stationen. Unser Augenmerk gilt also beiden Bereichen. Und in beiden bieten wir Produkte an, denn beides sind unserer Auffassung nach entscheidende Punkte, und nicht nur der eine oder der andere.

- Gibt es bei möglichen Veränderungen in der Managementstruktur auch gute Chancen für einen Europäer, in die AT&T-Vorstandsetage aufzusteigen?

Ganz sicher werden auch Europäer in der Verbindung von AT&T und Olivetti an die Spitze des Managements kommen. In den USA ist ja seit jeher der Einwanderer nichts Neues. Tatsache ist, AT&T wandelt sich zu einem weltweiten Unternehmen. Also wird diese Entwicklung ganz natürlich sein und stattfinden.

- Gibt es Pläne für die Zukunft, im Management Strukturen zu verändern?

Nicht im Augenblick. Denn wir glauben, beide Unternehmen besitzen zur Zeit ein sehr starkes Management. Bei Olivetti stimmt`s in Europa und bei AT&T in den USA ebenfalls; und wenn das Verhalten richtig ist und alles klappt - warum sollte es dann nicht auch so bleiben? Und wir denken, es klappt tatsächlich recht gut!

- Wie schätzen Sie IBM und seinen Einfluß auf den europäischen Markt gerade im Hinblick auf AT&Ts "Ehebund" ein?

IBM ist ein unübersehbar starker Mitbewerber im europäischen Markt und in den USA. Und Olivetti ist das zweitstärkste Unternehmen in Europa. Unsere Allianz verstärkt beide Unternehmen weiter. Wir sind der Meinung, daß der Markt allgemein Konkurrenten erlaubt, denn er wächst ja auch schnell genug. Es gibt also genug Platz für viele Spieler. Auch für genügend große Tiere.

- Heißt das, AT&T will zweiter Sieger sein, also die Nummer zwei weltweit?

Zwei ist eine niedrige Zahl, eins klingt viel besser, eins ist eben einfacher. Jeder hat doch die Ambition, Nummer eins zu sein, wenn er schon Nummer zwei ist!