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Astra Zeneca: Videokonferenz statt "Klinkenputzen"

05.11.2001
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Immer mehr Pharmaunternehmen suchen derzeit nach Möglichkeiten, die Vermarktung ihrer Produkte durch den Einsatz von Informationstechnologie effektiver zu gestalten. Nach einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Health Strategies Group gehen die rund 78.000 Pharmavertreter in den USA in der Regel immer noch traditionell von Tür zu Tür, um ihre Waren an den Mann zu bringen. Dabei sei der Aufwand im Vergleich zum Nutzen allerdings unverhältnismäßig hoch, denn den Vertretern stünden durchschnittlich nur 30 Sekunden zur Verfügung, um die Ärzte von den Vorzügen der Produkte zu überzeugen. Zudem komme es bei diesem Vorgehen nur in etwa der Hälfte der Fälle zu einem vertiefenden Gespräch mit den Medizinern, so die Consultants.

Vor diesem Hintergrund hat sich der in London ansässige Pharmakonzern Astra Zeneca dazu entschieden, den Spieß umzudrehen: Mit Hilfe eines Internet-basierten Audio- und Videosystem des US-amerikanischen Anbieters iPhysicianNet sollen Ärzte von sich aus via Internet mit den Firmen Kontakt aufnehmen, um sich mit Produktinformationen zu versorgen.

Das Konzept sieht folgendermaßen aus: iPhysicianNet installiert in den Büros der Mediziner kostenlos Computer mit breitbandigem Internet-Zugang zu ihrer freien Verfügung. Im Gegenzug müssen die Ärzte dann einmal im Monat an Videokonferenzen mit jeder der derzeit acht beteiligten Pharmafirmen teilnehmen. Da die bislang 5.000 angeschlossenen Doktoren selbst den Zeitpunkt aussuchen können, an dem sie über die Produkte informiert werden, sei die Akzeptanz für Produktinformationen deutlich größer als bei der herkömmlichen Methode, so der Anbieter. Dadurch dauerten die Gespräche im Durchschnitt neun Minuten und damit deutlich länger als bei einem persönlichen Besuch.

Dass die derzeit rund 6.000 Pharmavertreter von Astra Zeneca in den USA bald schon überflüssig werden könnten, sieht Richard Williams, Vice-President der amerikanischen E-Business-Abteilung des Konzerns jedoch nicht. Seit der Einführung im März dieses Jahres habe sich gezeigt, dass das System vielmehr als Ergänzung zu ihrer bisherigen Arbeit zu sehen sei. Einerseits wurden dadurch auch Ärzte erreicht, die bislang persönliche Gespräche mit den Vertretern kategorisch ablehnen, zum anderen wünschen sich die Mediziner nun vermehrt persönliche Gespräche, um die via Web erhaltenen Informationen weiter zu vertiefen, berichtet Williams aus der Praxis.