Assoziativer Zugriff als wirkungsvolle Unterstützung für Fach- und Führungskräfte:Informationen nach dem Inhalt suchen

30.05.1986

Der Einsatz eines Assoziativspeichers als Datenbankkomponente kann die Informationsverarbeitung von Fach- und Führungskräften mit individuellen, personenbezogenen Informationssystemen wirkungsvoll unterstützen. Die den Informationsstrukturen angepaßte Ablageorganisation und das an den Dateninhalten orientierte Informationsretrieval erweitern die Möglichkeiten konventioneller Systeme. In dem folgenden Beitrag zeigt Wolfgang Adrian* aus anwendungsorientierter Sicht einige Einsatzmöglichkeiten des Assoziativspeichers als Datenbankkomponente auf.

Die derzeit verfügbaren Datenbank- und Dokumentationssysteme zur Unterstützung der Informationsverarbeitung im Bürobereich eignen sich in erster Linie für Anwendungen, deren zugrundeliegende Informationen nach eindeutig definierten Kriterien für den späteren Zugriff abgelegt werden können: Die tabellarische Struktur einer relationalen Datenbank oder der Thesaurus eines Dokumentationssystems verlangt, daß die Suchmerkmale für das Retrieval implizit festgelegt werden.

Insbesondere Fach- und Führungskräfte verarbeiten aber Informationen, die sich nur schwer in eine derartige Ablage überführen lassen: Hier werden Adreß- und Telefonverzeichnisse, Fachliteratur und Korrespondenz ebenso wie Notizen über geführte Gespräche und geplante Aktivitäten verarbeitet. Es ist offensichtlich, daß die Suchkriterien zum Zeitpunkt der Ablage für viele dieser Informationen noch gar nicht bestimmt werden können, denn Relevanz und Zweckbezug sind noch unklar.

Geringe Unterstützung durch herkömmliche Hilfsmittel

Dementsprechend gering ist die Unterstützung durch herkömmliche Hilfsmittel. Da sich die Ablage der Informationen bereits an dem späteren Zugriff orientiert, ist eine wirklich flexible Informationsrecherche nur eingeschränkt möglich: Spontane Informationsbedürfnisse nach beliebigen Suchkriterien werden benachteiligt, so daß die Informationsfindung teilweise stark auf der Gedächtnisleistung aufbauen muß.

Das Unterstützungssystem im Bürobereich sollte sich in erster Linie an den inhaltlichen und strukturellen Eigenschaften der zugrundeliegenden Informationen orientieren.

Die zu verarbeitenden Informationen werden zuerst nach ihrem Inhalt und dann erst nach ihrer Struktur zu Informationsbanken gruppiert. Das Datenbankkonzept stellt damit ein umfassendes Informationsspektrum für Ablage und Recherche zur Verfügung.

Die Lösungsidee für die Anwendung ist nicht neu: Die Informationen müßten durch die Angabe nicht eines Suchmerkmals, sondern des Inhaltes der Daten abrufbar sein.

Einen solchen adreßunabhängigen, inhaltsorientierten Datenzugriff bietet der Assoziativspeicher: Ein Teil der gewünschten Information wird vorgegeben, der gesamte

Speicherbereich wird mit hoher Geschwindigkeit durchkämmt, und die betreffenden Daten werden ausgegeben.

Gegenüber der adreßorientierten Speicherung bietet der Assoziativspeicher damit folgende Vorteile:

- Flexibilität in der Wahl der Datenstruktur

Informationen der unterschiedlichsten Struktur können abgerufen und vorhandene Strukturen flexibel geändert werden;

- geringer Aufwand für die Datenverwaltung da Lage und Anzahl der Wörter unerheblich sind; - Schnelligkeit aufgrund des parallelen Datenzugriffs.

Strukturierte Informationen werden in der Regel wie in eine relationale Datenbank tabellarisch eingespeichert. Für die unstrukturierten Informationen können Bereiche für eine dokumentweise Ablage programmiert werden, in die die Texte eingegeben werden können.

Damit bietet sich aber die Möglichkeit der integrierten Verarbeitung beider Informationsarten: Neben einer Relation für die strukturierten Informationen wird unmittelbar ein Bereich für die Eingabe von Kurztexten, Notizen etc. programmiert.

Relational erfaßte Daten können so mit ergänzenden Informationen kommentiert werden. Inwieweit von dieser Lösung Gebrauch gemacht wird, ist im einzelnen eine Frage von Programmierungsaufwand und erwartetem Nutzen.

Die Qualität eines Datenbanksystems wird wesentlich von der Qualität der Informationsrecherche und den erzielbaren Abfrageergebnissen bestimmt. Die Kommandosprache eines Assoziativspeichers umfaßt beispielsweise

- Vergleichsoperatoren zur Formulierung von Suchbedingungen;

- Boolesche Algebra zur Verknüpfung von Suchbedingungen;

- Wortfragmentierung durch die Maskierung von Wortteilen, oder die Angabe auch der Länge des Suchbegriffs.

In der Praxis zeigt sich, daß die Sprachen nicht nur einfach in der Handhabung sind, sondern auch im Vergleich mit komfortabel ausgestatteten Softwaresystemen durchaus zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Der wesentliche Vorteil in der Anwendung besteht darin, daß die konventionelle Beschränkung auf vordefinierte Suchkriterien beim Einsatz des Assoziativspeichers entfällt.

Welche Möglichkeiten bieten nun herkömmliche Datenbanksysteme in der Realisierung? Konventionelle Systeme unterstützen in der Regel schwerpunktmäßig eine der beiden Informationsarten: Relationale Datenbanksysteme eignen sich vorwiegend für die Verarbeitung strukturierter Daten, Dokumentationssysteme für Ablage und Retrieval unstrukturierter Informationen.

Aber dabei ist auch von Bedeutung, daß einerseits der Assoziativspeicher als Komponente eines auf Kleinrechnern implementierten Datenbanksystems eingesetzt wird (wie beispielsweise Synfo-Base), das Unterstützungsssystem andererseits aber auch konventionell auf vorhandenem Großrechner und unter Einsatz vorhandener Software (SQL oder QBE kombiniert mit Stairs) realisiert werden kann.

Diese kombinierte Problemlösung könnte unter geringem zusätzlichen Aufwand entwickelt werden und auf die komfortablen Systemfunktionen der Produkte zurückgreifen. Selbst wenn die Software im Zuge der Realisierung eines unternehmensweiten Informationssystems erst angeschafft werden muß, lassen sich die Unterstützungssysteme quasi als Nebenprodukt zusätzlich implementieren.

Integrierte Verarbeitung wird aufgegeben

Damit wird aber gerade der Vorteil des Assoziativspeichers, die Informationen integriert zu verarbeiten, aufgegeben. Zu berücksichtigen ist auch, daß hinter einem Stairs eine umfangreiche Speicherverwaltung mit invertierter Datei und Wörterbuch steht, während der Assoziativspeicher so auf die Daten zugreift, wie sie im Speicher abgelegt sind.

Assoziative Speicher als Datenbankkomponente in einem personenbezogenen Unterstützungssystem für Fach- und Führungskräfte stellen damit - auch von der Kosten-Leistungs-Seite her - eine interessante Alternative zu konventionellen Datenbanksystemen dar. Sie ermöglichen die Realisierung individueller, personenbezogener Informationssysteme, die die nur schwer strukturierbaren Führungsinformationen integriert und benutzerorientiert verarbeiten.

*Wolfgang Adrian ist Unternehmensberater bei Zündel und Partner, Nettetal.