"Alimentierung nicht mehr zeitgemäß"

ARD und ZDF kündigen Kabelverträge

26.06.2012
ARD und ZDF haben ihre Verträge mit den größten Kabelnetzbetreibern in Deutschland zum 31. Dezember 2012 gekündigt.

Sie wollen nicht länger dafür bezahlen, dass ihre Programme in die Netze eingespeist werden. Die sogenannten Einspeiseentgelte seien historisch überholt, sagte MDR-Intendantin Karola Wille am Montag. Nach den Worten von ZDF-Intendant Thomas Bellut (PDF-Link) ist es nicht mehr zu rechtfertigen, dass Gebühren an Unternehmen gezahlt werden, die mit der Vermarktung der öffentlich-rechtlichen Programme gutes Geld verdienten.

Wer jetzt allerdings befürchtet, er müsse damit künftig auf die "Tagesschau" oder das "Aktuelle Sportstudio" verzichten, kann beruhigt werden. Der Rundfunkstaatsvertrag sichert über eine sogenannte "Must-Carry"-Regel zu, das die wesentlichen Angebote von ARD und ZDF über Kabel verbreitet werden müssen. Das gilt zumindest für die Hauptprogramme, allerdings könnte es bei einigen Dritten Programmen der ARD oder für die digitalen Spartensender beider Anstalten Probleme geben.

Betroffen sind mehrere Millionen Haushalte, die ihre Angebote von Kabel Deutschland, Unitymedia und Kabel BW erhalten. Eine genaue Zahl ist schwer zu ermitteln. Die Ausgaben, die ARD, ZDF, aber auch kleinere Sender wie Arte für die Kabeleinspeisung entrichten, werden auf etwa 60 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Bei der sogenannten Bedarfsanmeldung für ihre Etats in der neuen Gebührenperiode ab 2013 hatten ARD und ZDF nicht mehr die Kabeleinspeisungskosten angegeben, was auf eine Kündigung der Verträge mit den Kabelfirmen hindeutete.

Die Kabelnetzbetreiber halten an der Bezahlung fest. Man sei guter Hoffnung, das sich beide Seite in Gesprächen in den kommenden Monaten aufeinander zubewegen, sagte Kabel-Deutschland-Sprecherin Insa Calsow. Auch die Öffentlich-Rechtlichen seien zu Gesprächen mit den Kabelfirmen bereit, um sich für die Interessen der Zuschauer einzusetzen, betonte Wille.

Ende 2011 gab es in Deutschland rund 17,3 Millionen Haushalte, die ihre TV-Programme über Kabel empfingen und dafür Gebühren bezahlten - einzeln oder über die Miete umgelegt. 17,5 Millionen sahen Satellitenfernsehen, etwa 1,8 Millionen erhalten ihr digitales Signal über DVB-T-Antenne. IPTV, Fernsehen via Internet, können 1,3 Millionen Haushalte sehen.

Eine Alimentierung der Kabelfirmen aus Gebührentöpfen sei nicht mehr zeitgemäß, erklärte Intendatin Wille. Inzwischen hätten auch kleinere Netzbetreiber und die Wohnungswirtschaft eigene Empfangstechnik aufgebaut. Das Internet habe weitere Technologie hervorgebracht.

Ihr ZDF-Kollege Bellut betonte, die Kabeleinspeisung sei nicht mit der Verbreitung über Satellit und Antenne (DVB-T) vergleichbar. Betreiber von Satelliten und Sendern hätten keine Beziehung zu Endkunden, sondern vermieteten Übertragungskapazität für Hörfunk und Fernsehen. Die Kabelfirmen hingegen machten ihr Geld im Endkundengeschäft. (dpa/tc)