Arbeitsorganisatorische ClM-Hürden schnell abbauen

13.01.1989

Professor Dr.-lng.Rolf Hackstein

Inhaber des Lehrstuhls und Direktor des Instituts für Arbeitswissenschaft

der RWTH Aachen (IAW);

Direktor des Forschungsinstituts für Rationalisierung an der RWTH Aachen (FIR)

In weit über tausend Unternehmen der Investitionsgüterindustrie wurde festgestellt, daß generell mit der Einführung von CIM-(Computer Integrated Manufacturing-)Techniken weitreichende Umstrukturierungen einhergehen: Zum ersten zeigt sich vielfach die Notwendigkeit zu gesamtbetrieblicher Reorganisation. So wird etwa von der Hälfte der Betriebe entweder vom Wegfall bisher existierender oder vom Entstehen zusätzlicher beziehungsweise neuartiger Abteilungen berichtet.

Zum zweiten bedeutet der Einsatz computergestützter Techniken für die meisten Firmen in irgendeiner Form Veränderungen auf der Ebene einzelner Arbeitsplätze. Das Auftreten neuer Tätigkeiten steht dabei sicherlich im Vordergrund; so registriert immerhin rund die Hälfte aller Betriebe des Entstehen neuartiger Arbeitsplätze.

Zum dritten schlagen sich diese Veränderungen bei Arbeitsorganisation und Arbeits kräfteeinsatz selbstverständlich im personalwirtschaftlichen Geschehen nieder. Die Einführung computergestützter Techniken führte bei fast der Hälfte der befragten Betriebe (46 Prozent) zu innerbetrieblichen Umsetzungen. Zu Neueinstellungen kam es etwa bei einem Viertel, zu Personaleinsparungen bei immerhin rund einem Drittel.

Nahezu alle Unternehmen stimmen darin überein, daß der Einsatz von DV-Systemen zumindest bei bestimmten Beschäftigungsgruppen mit veränderten Qualifikationen verbunden ist. Dabei überwiegen die Nennungen mit einer Steigerung der Qualifikationsanforderungen (57 Prozent), die mit einer Absenkung (2,5 Prozent) um ein Vielfaches. Aus den veränderten Anforderungen resultiert in den überwiegenden Fällen auch ein entsprechend erhöhter Schulungsbedarf.

Die meisten Betriebe ziehen bei der Lösung dieser Umstrukturierungsfragen externe Fachleute aus Beratungsfirmen oder aus Instituten, die erfolgreich im Technologietransfer tätig sind, hinzu. So liegt es beispielsweise auf der Hand, daß bei notwendigen Reorganisationsmaßnahmen nicht nur sachliche Einflußgrößen, sondern auch Macht- und Einflußpotentiale einwirken. Hier kann ein qualifizierter Externer wirkungsvoller Lösungshilfen bringen.

Zu der Frage der Veränderung von Arbeitsinhalten (Arbeitsplatzveränderungen) kann man immer wieder von den Chancen hören oder lesen, die die Informationstechnologie zur Überwindung der tayloristischen Arbeitsteilung oder zur Entlastung von Routinetätigkeiten zugunsten kreativer Tätigkeiten bietet. Nach unseren Erfahrungen in einer großen Zahl von Betrieben werden die Gestaltungsspielräume kaum genutzt; man verharrt statt dessen in übernommenen Strukturen.

Die Gründe hierfür liegen - zumal in kleineren und mittleren Betrieben - darin, daß den Entscheidungsträgern weder das Spektrum der möglichen Aufgabenkombinationen in Abhängigkeit von den vorhandenen Qualifikationspotentialen der Mitarbeiter und von betriebsspezifischen Sachmerkmalen bekannt ist, noch der Weg, wie man aus diesem Spektrum eine sowohl menschlich als auch technischwirtschaftlich optimale Lösung findet.

Wir haben im Rahmen unserer Mitarbeit bei der Einführung neuer Informationstechnologien in vielen Betrieben festgestellt, daß Auffinden einer solchen optimalen Lösung aufs engste mit der Frage der Akzeptanz der Neuen Technologie durch die Menschen verbunden ist. Mangelnde Akzeptanz aber ist das Haupthindernis auf dem Weg zum effizienten und wirtschaftlichen Einsatz der neuen Technologie in der betrieblichen Praxis!

Solange noch keine Planungshilfen zur Verfügung stehen, die die Entscheidungsträger im Unternehmen hinreichend in die Lage versetzen, optimale Lösungen in diesem Sinne zu entwickeln, solange wird wohl auch bei der wirksamen Veränderung von Arbeitsinhalten die Mithilfe von qualifizierten Dritten in Anspruch genommen werden müssen.

Mit der Frage der innerbetrieblichen Umsetzungen ist sehr häufig auch die Frage der veränderten Qualifikationen verwoben. Unsere Arbeiten auf diesen Gebieten zeigen deutlich, daß in den überwiegendsten Fällen beim Einsatz der neuen Technologien ein erhöhter Schulungsbedarf entsteht, der von den Betrieben nicht aus eigener Kraft und nicht in eigener Regie gedeckt werden kann.

Bei der Suche nach außerbetrieblichen Abhilfen gibt es noch (allzu) häufig unbefriedigende Situationen. Zum Beispiel werden Lehrmodule angeboten, die weder auf die spezifischen Bedürfnisse des Weiterzubildenden abstellen noch vom Geld- und Zeitaufwand her gesehen vom Entsender akzeptabel erscheinen. In anderen Fällen wird der Weiterzubildende in Lernsituationen gestellt, die die Tatsache negieren, daß dieser ,.Schüler" die Schulbank schon vor Jahrzehnten verlassen hat. Schließlich gewinnt man manchmal den Eindruck, daß einige Weiterbildungsträger die Schulung mit unnötiger Wissensvermittlung befrachten. (Schließlich muß auch derjenige, der einen Führerschein erwerben will, nicht die thermodynamischen Probleme von Verbrennungsmaschinen beherrschen. Genausowenig muß zum Beispiel der Nutzer einer DV-Anlage die Prozessorarchitektur beherrschen.)

Es dürfte also von besonderer Wichtigkeit sein, daß der Entsender jene Weiterbildungsträger aussucht, die ein bedürfnisorientiertes Angebot machen können. Hier bietet sich aber auch - ebenso wie bei den anderen angesprochenen

Problemfeldern - die Möglichkeit an, daß mehrere Firmen einen "Pool" bilden und

mit anderen Institutionen eine entsprechende Zusammenarbeit vereinbaren.