Neue Ausbildung für Quereinsteiger und Berufsanfänger

Arbeitsämter unterstützen unabhängige Zertifizierung

16.04.1999
Von Gabriele Müller* Mit einer herstellerunabhängigen Zertifizierung sollen auch Berufsanfänger und Quereinsteiger die Chance erhalten, in der IT-Branche Fuß zu fassen. Das A+-Siegel will es möglich machen.

Der Name klingt in Deutschland noch etwas ungewohnt, aber das soll sich, wenn es nach Robin Adda geht, bald ändern. Adda, Chef des britischen Schulungsanbieters Global Training Solutions (gts), will nun auch hierzulande die A+-Zertifizierung für IT-Support-Spezialisten bekannt machen. Weltweit seien bereits 100000 Lehrgangsteilnehmer damit qualifiziert worden. "In europäischen Ländern wie Schweden und Großbritannien, aber auch in Südafrika, Kanada und den USA ist dieses Training schon weit verbreitet und anerkannt", meint der Trainingsprofi.

Das führt der gts-Chef vor allem darauf zurück, daß die A+-Zertifizierung im Gegensatz zu anderen Modellen wie dem Microsoft Certified Systems Engineer (MCSE) oder dem Certified Novell Engineer (CNE) herstellerunabhängig ist. Dabei wird gts, das die Lernmittel für die Zertifizierung erarbeitet und zur Verfügung stellt, von der amerikanischen Computing Technology Association (Comptia), dem Verband der US-Hard- und Softwarehersteller, unterstützt. Und das war schließlich auch ein Argument, von dem sich das Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen überzeugen ließ.

Die Arbeitsmarktexperten aus Düsseldorf gaben im vergangenen Jahr erstmals ihre Zustimmung zur Förderung eines A+-Lehrgangs. Der fand im Schulungszentrum der Deutschen Angestellten Akademie (DAA) in Siegen statt. "Wir haben diesen Kurs für alle die konzipiert, die im Beruf wissen müssen, wie der PC und seine Peripherie funktionieren, besonders aber für Servicemitarbeiter, für die das Finden und Beseitigen von Fehlern zum Berufsalltag gehört", erklärt Bernd Breuer, Leiter des Siegener Netzwerkschulungszentrums.

Die Teilnehmer des Pilotprojekts, 15 Frauen und neun Männer, kamen aus ganz unterschiedlichen kaufmännischen und technischen Berufen und mußten zunächst einen Eingangstest bestehen. Dann ging es mit Hilfe der speziell von gts entwickelten Lernmaterialien daran, Hardware zu erforschen, Systemkonfigurationen kennenzulernen oder Wartungsverfahren und Problembehandlung selbst zu testen. Auf dem Gebiet der Software wurden Betriebssysteme erläutert, mögliche Optimierungen erprobt und Fehlersuche betrieben, bevor nach rund zwei Wochen die Teilnehmer die beiden Prüfungen zum A+-Servicetechniker ablegen konnten.

Im Test wurden von den Teilnehmern Kenntnisse in Wartungsverfahren und Hardware sowie Installations- und Supportwissen in DOS- und Windows-Systemen abgefragt. "Dieses Schulungssystem wird ständig an den herrschenden Standard in der IT-Branche angepaßt, um die Qualifikation auf dem jeweils neuesten Stand der Technik zu halten", wirbt Adda für das System. "Beide Abschlußprüfungen wurden erst im Sommer 1998 gründlich überarbeitet."

Mit dem reinen Zertifizierungsprogramm wollte sich DAA-Mann Breuer allerdings nicht zufriedengeben. "Wir hielten es für sinnvoll, noch eine weitere Komponente hinzuzufügen und die Teilnehmer auch mit der HTML-Programmierung und dem Web-Design vertraut zu machen", erklärt er. So wurde in Siegen nach dem rund dreiwöchigen Teil der Zertifizierung noch ein weiterer dreiwöchiger Block angehängt, in dem die Teilnehmer den Bau von Internet-Seiten erlernen konnten.

Achim Bäumer, 35 Jahre alt, arbeitsloser DTP-Layouter, der an dem Projekt teilgenommen hat, findet diese Kombination für seine künftige Stellensuche positiv. "Das knüpft gut an meine bisherigen Kenntnisse an und ergänzt sie, so daß ich mich jetzt auf ganz andere Jobs bewerben kann als vorher." Bäumer weiß, wie schwierig in Siegen und Umgebung die Arbeitsmarktlage ist. Denn der ehemalige Stahlstandort kämpft mit einer schweren Strukturkrise. Mit dem technischen und gestalterischen Wissen, das er während des Kurses erworben hat, hofft nun auch Bäumer auf eine neue Chance.

Bei den Unternehmen der Region, das wissen auch die Arbeitsamtberater, haben vor allem gut ausgebildete Praktiker eine Chance. So konnte die DAA nach Abschluß des Kurses, in den auch ein Bewerbungstraining integriert wurde, rund 75 Prozent der Teilnehmer vermitteln. "Da dieser erste Lehrgang so erfolgreich war, planen wir eine Wiederholung und einen Ausbau unseres Angebots", schaut Schulungsleiter Breuer voraus. In Zukunft wird nicht nur laufend auf verschie- denen Ebenen der Einstieg zum A+-Servicetechniker angeboten, sondern auch eine weitere Fortbildung angepeilt.

In wenigen Wochen wird Netzwerk+ als unternehmensunabhängige branchenübergreifende Netzwerkqualifikation hinzukommen. Hier sollen dann Interessenten mit umfassender Erfahrung auf dem Gebiet des PC-Supports zu Spezialisten geschult werden. Informationen gibt es unter http://www.gtspartner.com oder beim DAA Netzwerkschulungszentrum Siegen, Telefon 02 71/880 85-0.

*Gabriele Müller ist freie Journalistin in Wuppertal.