Anspruchsvolle Bewerber

Arbeitgeber müssen mehr fürs Recruiting tun

24.03.2022
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Jedes zweite Unternehmen hat Probleme im Recruiting und fast ein Viertel berichtet über gestiegene Fluktuation, so eine aktuelle Studie. Und New Hiring, so das neue Modewort, soll es richten.
So weit muss die Anstrengung nicht gehen, Fakt ist aber, dass sich Arbeitgeber mächtig ins Zeug legen müssen, wollen sie neue Mitarbeiter anheuern und die guten im eigenen Unternehmen halten.
So weit muss die Anstrengung nicht gehen, Fakt ist aber, dass sich Arbeitgeber mächtig ins Zeug legen müssen, wollen sie neue Mitarbeiter anheuern und die guten im eigenen Unternehmen halten.
Foto: Jacob Lund - shutterstock.com

Jedes zweite Unternehmen in Deutschland hat ein Recruiting-Problem. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die das Marktforschungsunternehmen Forsa im Auftrag von Xing E-Recruiting in 200 Firmen durchgeführt hat. Dabei geben 52 Prozent der Befragten an, dass sie größeren Herausforderungen bei der Personalsuche gegenüberstehen als vor der Pandemie. Und mehr als jeder fünfte Arbeitgeber sagt, dass die Fluktuation während der Corona-Zeit gestiegen ist.

"Unternehmen müssen sich heute bei Talenten bewerben, nicht umgekehrt. Diese Machtverschiebung wird den Arbeitsmarkt nachhaltig verändern", sagt Frank Hassler, Vorstand der New Work SE und verantwortlich für die Geschäftsfelder Recruiting und Employer Branding. Die Unternehmensbefragung bestätigt dabei die Ergebnisse der Wechselbereitschafts-Studie, die Xing E-Recruiting im Januar unter Deutschlands Beschäftigten erhoben hat. Vier von zehn Deutschen (37 Prozent) sind demnach offen für einen neuen Job oder haben konkrete Schritte in die Wege geleitet, um eine neue Tätigkeit zu finden. Das sind rund vier Prozentpunkte mehr als zu Jahresbeginn 2021, dem ersten Jahr der Corona-Pandemie.

Arbeitgeber kennen nicht die Wechselabsichten

Viele Unternehmen schätzen dabei die Gründe für einen Arbeitgeberwechsel ganz anders ein als die Beschäftigten: Sie glauben, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen des Gehalts (75 Prozent) oder starker Konkurrenz anderer Arbeitgeber (72 Prozent) gehen. Alle anderen Gründe spielen aus Sicht der befragten HR-Verantwortlichen eine eher nachgelagerte Rolle (34 Prozent Führungskraft, unattraktive Tätigkeit 32 Prozent, Sinnhaftigkeit 21 Prozent, Kolleginnen und Kollegen 18 Prozent).

Das allerdings steht im Widerspruch zu den Aussagen der Beschäftigten, die in den vergangenen Monaten bei ihrem Arbeitgeber gekündigt haben. Obwohl in Bewerbungsgesprächen das Gehalt mit 83 Prozent weiterhin eine zentrale Rolle spielt, sind finanzielle Motive nur bei jedem fünften Jobwechsel für Beschäftigte ausschlaggebend. Kompetentere Führung, eine bessere Work-Life-Balance oder eine spannendere Tätigkeit sind die Hauptmotive für das Verlassen eines Unternehmens.

Erwartungshaltung der Bewerber steigt

Grundsätzlich ist laut den befragten Firmenvertretern auch die Erwartungshaltung von Jobsuchenden gestiegen. Neben Gehalt und Tätigkeit spielen zahlreiche andere Themen eine Rolle. Hier liegen die Vereinbarkeit von Beruf & Karriere (75 Prozent, Jobsicherheit (73 Prozent), flexible Arbeitszeiteinteilung (68 Prozent), Unternehmenskultur (65 Prozent) und gutes Führungsverhalten (64 Prozent) auf den vorderen Plätzen - diese sogenannten weichen Faktoren werden also bei der Entscheidung für ein Unternehmen und damit auch im Recruiting immer wichtiger.

Zudem gewinnt auch der Aspekt Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung (37 Prozent). "Unternehmenskulturelle Faktoren stehen sehr viel mehr im Fokus als früher", sagt Hassler. Das wirke sich "massiv" aufs Recruiting aus. Recruiting werde zur "tragenden strategischen Säule" des Unternehmenserfolgs.

New Hiring als das neue Versprechen

Unternehmen müssen deshalb mehr denn je nicht nur auf die Qualifikationen von Kandidatinnen und Kandidaten achten, sondern auch darauf, ob sie ein guter Cultural Fit sind. Gefragt ist eine proaktive und zunehmend individualisierte Ansprache, die auch das Monitoring von Potenzialen einschließt. "Unternehmen müssen ihr Recruiting modernisieren. Es geht nicht mehr nur um den Einsatz von Tools, sondern auch um eine stärkere Ausrichtung auf die individuellen Wünsche der Talente", unterstreicht der Xing-Manager.

Forsa befragte im Auftrag von XING E-Recruiting im Januar 2022 sowohl 2.523 volljährige Erwerbstätige in Deutschland, Österreich und der Schweiz als auch 200 Personalentscheiderinnen und Personalentscheider in Unternehmen mit Firmensitz in Deutschland.