Persönlichkeitstests

Arbeiten "von der Stange" ist out

28.01.2021
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Prof. Dr. Martin Puppatz ist gemeinsam mit Dr. Ronald Franke Gründer und Co-Geschäftsführer der LINC GmbH (Lüneburg Institute for Corporate Learning). Er studierte Wirtschaftspsychologie an der Leuphana Universität und absolvierte dort auch seine Promotion in diesem Bereich. Die LINC GmbH entstand 2015 als Ausgründung aus der Leuphana Universität. Prof. Dr. Martin Puppatz arbeitete mehrere Jahre bei einigen der größten Unternehmensberatungen weltweit und ist derzeit zudem Professor für Wirtschaftspsychologie an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management Hamburg.
Persönlichkeitstests können dabei helfen, Jobs und Aufgaben optimal an der Persönlichkeit der Mitarbeiter auszurichten - so wie New Work und New Normal das vorsehen.
In der Personalentwicklung wird zunehmend darauf gesetzt, die Persönlichkeit der Mitarbeiter aufzuschlüsseln, um Job- und Aufgabenprofile optimal anzupassen.
In der Personalentwicklung wird zunehmend darauf gesetzt, die Persönlichkeit der Mitarbeiter aufzuschlüsseln, um Job- und Aufgabenprofile optimal anzupassen.
Foto: StunningArt - shutterstock.com

Wenn über moderne Arbeitswelten diskutiert wird, sind "Next Normal" und "New Work" die Begriffe der Stunde. Was genau sich dahinter verbirgt, ist oftmals zwar nicht eindeutig definiert und wird von Unternehmen auch unterschiedlich interpretiert. Klar ist jedoch: Die Digitalisierung der Arbeit, das erhöhte Augenmerk auf Agilität in der Projektarbeit und die zunehmenden Herausforderungen für Führungskräfte in einer komplexer werdenden VUCA-Welt geraten immer stärker in den Fokus. Diese Entwicklung, die in den letzten Jahren ohnehin rasant ablief, wurde durch die COVID-19-Pandemie noch einmal enorm beschleunigt. Wie jedoch muss eine moderne Personalarbeit aussehen, um diesen Herausforderungen optimal begegnen zu können?

Ein Schlüsselfaktor ist hierbei, die Persönlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - also deren Präferenzen, Verhaltensstile, Stärken, Interessen und Bedürfnisse - gezielt zu berücksichtigen. Mit diesem Wissen können dann wiederum passgenaue Maßnahmen zur Personal- und Organisationsentwicklung angestoßen werden. Denn so vage Schlagwörter wie "New Normal" und "New Work" auch sein mögen, so klar ist auch, dass Individualität und Diversität in modernen Arbeitswelten eine immer wichtigere Rolle spielen. Wenn es kein Arbeiten "von der Stange" mehr gibt, sollten Unternehmen Arbeitsumgebungen schaffen, in denen die Passung zwischen der Persönlichkeit der Mitarbeiter und deren Aufgaben optimal ist. Unternehmen, die dies verstanden haben, werden erleben, wie ihre Beschäftigten - auch und gerade in den neuen Arbeitswelten - ihr volles Potenzial entfalten und sich stark mit ihren Aufgaben und ihrem Arbeitgeber identifizieren.

Persönlichkeitstests: Qualitative Unterschiede

Die Erkenntnis, dass die Persönlichkeit der Mitarbeiter die Basis für ein modernes Personalmanagement darstellt, ist in zahlreichen Unternehmen bereits angekommen. Die meisten dieser Betriebe setzen in der Personal- und Organisationsentwicklung auf Persönlichkeitstests, um den Faktor "Persönlichkeit" systematisch zu erheben und dann in weitere Maßnahmen einfließen zu lassen. Während ein solcher Ansatz grundsätzlich zu begrüßen ist, scheitert die gute Intention in der Praxis jedoch häufig an einer mangelhaften Umsetzung. Zum Beispiel werden vielfach noch sogenannte Typentests eingesetzt.

Hierbei handelt es sich um veraltete, wissenschaftlich nicht fundierte Verfahren, welche die Persönlichkeit des Menschen zu einer einzigen zentralen Information zusammenfassen, wie etwa der "blaue Typ". Damit wird Schablonendenken befördert, Angestellte wenig wertschätzend behandelt und zudem kaum belastbare Ergebnisse "erhoben". Moderne Persönlichkeitstests, wie zum Beispiel der LINC Personality Profiler, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, zeichnen hingegen ein ganzheitliches, differenziertes Bild von der Persönlichkeit der Mitarbeiter. Die Ergebnisse liefern aussagekräftige Persönlichkeitsprofile, die so individuell wie ein Fingerabdruck sind und damit eine wertvolle Basis für Recruiting sowie Personal- und Führungskräfte-Entwicklung bieten.

Persönlichkeitstest als Erfolgsfaktor: Praxistipps

Die folgenden Tipps zeigen, wie Sie in der Personalarbeit die Persönlichkeit der Mitarbeiter zum Erfolgsfaktor machen:

  • Achten Sie auf eine wissenschaftliche Fundierung: Damit Persönlichkeitstest sinnvolle Ergebnisse liefern können, müssen sie auf den Erkenntnissen der modernen Persönlichkeitspsychologie fußen. So sollte die Persönlichkeit zum Beispiel mit Hilfe des sogenannte "Big Five Modells" erfasst werden, welches den "Goldstandard" in diesem Bereich darstellt. Von Testverfahren, die Menschen in verschiedene Typen einteilen (Farben, Buchstaben etc.) sollten Sie hingegen Abstand nehmen. Sie liefern ein falsches Bild von Persönlichkeit und schaden oft mehr als sie nutzen.

  • Binden Sie das Verfahren in einen guten Prozess ein: Es ist nie empfehlenswert, Menschen mit dem Ergebnis eines Testverfahrens allein zu lassen. Stattdessen sollte der Einsatz eines Persönlichkeitstests in einen durchdachten Gesamtprozess eingebunden werden. In der Personalentwicklung kann der Test beispielsweise als Auftakt eines Einzel-Coachings dienen oder als Baustein eines Entwicklungsprogramms für Führungskräfte. In jedem Fall sind eine transparente Kommunikation und das professionelle Besprechen der Ergebnisse von zentraler Bedeutung.

  • Achten Sie auf die Aussagekraft und Verständlichkeit der Ergebnisse: Einige Persönlichkeitstests weisen als Ergebnis kryptische, völlig unverständliche Graphen oder Diagramme aus. Die Interpretation der Ergebnisse ist dann ausschließlich für Personen möglich, die mit dem Verfahren sehr vertraut sind, für die meisten Anwender bleiben die Ergebnisse hingegen eine Black Box. Unter dem wichtigen Aspekt der Anwenderakzeptanz sind solche Verfahren sehr kritisch zu beurteilen.

  • Achten Sie darauf, wie die Ergebnisse formuliert sind: Manche Verfahren sind in der Formulierung der Resultate sehr tendenziös und zum Teil wenig wertschätzend. Nicht selten ist dann von Personalern oder Führungskräften zu hören: "Die Ergebnisse nutze ich ausschließlich für mich als Informationsgrundlage. Den Mitarbeitern kann ich das nicht aushändigen, ich will die Leute ja nicht vor den Kopf stoßen".

  • Seien Sie nicht dogmatisch: Ein Persönlichkeitstest, und sei er auch noch so gut, kann immer nur eine Annäherung an die "echte" Persönlichkeit eines Menschen sein. Die Testergebnisse sollten daher nicht als ultimative, in Stein gemeißelte Wahrheit gesehen werden, sondern als Grundlage, um die Person bestmöglich kennenzulernen und um deren Selbstreflexion und persönliche Weiterentwicklung anzustoßen.

  • Persönlichkeitstests stellen im Gegensatz zu Intelligenztests keinen Leistungsnachweis dar, sondern geben Aufschluss über die Selbstwahrnehmung der Mitarbeiter. Unter Umständen kann es hilfreich sein, die Resultate mit Hilfe eines Selbstbild-Fremdbild-Abgleichs durch Fremdeinschätzungen noch zu ergänzen.

  • Ergebnisse eines Persönlichkeitstests können in der Personalauswahl über die Vorauswahl hinaus auch Anwendung als Grundlage für ein Vorstellungsgespräch finden.