Portale/Für kleine und mittlere Unternehmen "Software aus der Steckdose"

Application-Services-Hosting: Abrechnung nach Gebrauch

25.02.2000
Ein Plädoyer für Application-Service-Providing (ASP) lautet meist so: Software und Module müssen nicht mehr gekauft werden. Sie lassen sich je nach Bedarf anmieten, über das Internet-Portal des Anbieters laden und individuell abrechnen. Der Trend, der sich insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen auszahlen könnte, eröffnet in der Tat Möglichkeiten zur nachhaltigen Senkung der Total Cost of Qwnership (TCO). Ingo Wenzel* stellt einige ASPs vor.

Schenkt man den Prognosen der Analysten Glauben, so wird der ASP-Markt und damit der Einsatz von Portalen als Schnittstelle zum Markt in den nächsten Jahren einen erheblichen Wachstumsschub erfahren. Was die Größe dieses Segments anbelangt, so gehen die Meinungen der Institute auseinander. Die Gartner Group beziffert den Markt für 2003 mit 22,7 Milliarden Dollar. Demgegenüber prognostiziert IDC lediglich zwei Milliarden Dollar. Forrester Research erwartet hingegen Umsätze von sechs Milliarden Dollar. Zwar weichen die Meinungen über die tatsächlichen Volumina hier voneinander ab. Doch reagieren nicht nur Internet-Provider auf diesen Trend, sondern auch Softwarehäuser und Hardwarehersteller.

Uunet, einer der weltweit führenden Internet-Carrier, bietet mit dem WTS-Testcenter (Windows Terminal Server) in Karlsruhe die Möglichkeit, Application-Service-Providing in einer hoch performanten Testumgebung zu praktizieren. Mit ASP richtet sich dieser Dienstleister einerseits an Softwarefirmen, die ihren Kunden über das Internet Applikationen zur Verfügung stellen möchten. Zum anderen werden Unternehmen adressiert, bei denen die komplette Auslagerung ihrer internen DV geplant ist. Sie alle profitieren mit Application-Service-Providing von enormen Sparpotenzialen, denn die Anbieter übernehmen die Sicherung und Systemadministration der Server. Also entfallen die Kosten für den Betrieb eines eigenen Rechenzentrums. Gleichzeitig werden die Aufwendungen für Wartung und Aktualisierung der unterschiedlichen Programme minimiert. Dies wiederum ebnet den Weg zu erheblich gesenkter TCO bei firmeninternen DV-Systemen.

Auch die SAP AG hat sich auf den Trend eingestellt. Sie bietet die Möglichkeit, strategisch wichtige, durchgängig betriebswirtschaftliche Anwendungen vollständig über das Internet zu betreiben. Mit "SAP.readytowork" offerieren SAP und seine Partner das Application Hosting im Rahmen von "MySAP.com" mit Branchenlösungen für den kleinen Mittelstand. Diese Lösungspakete lassen sich über WAN-Verbindungen oder via Internet nutzen. Die Gebühr der über Application Hosting genutzten Anwendungen richtet sich nach der Anwenderzahl und wird monatlich berechnet.

Jüngstes Beispiel im Hardwarebereich ist Compaq, führender Hersteller von PC- und Server-Systemen. Gerade hat das Unternehmen die Idee des seinerzeit gefloppten Thin Client wieder aufgegriffen und unter dem Markennamen Ipaq einen abgespeckten PC angekündigt. Ohne größere Erweiterungsmöglichkeiten und Schnittstellen, jedoch mit Intel-Prozessoren und Festplatte ausgerüstet, sind die neuen Devices auch als Stand-alones einsetzbar. Das Konzept dieser Rechnerfamilie orientiert sich allerdings ganz eindeutig am Internet. Die Idee, dass das Internet selbst zum Computer wird, gewinnt an Wahrscheinlichkeit.

Für viele Unternehmen der Branche würden sich damit völlig neue technische Möglichkeiten und geschäftliche Chancen eröffnen. Das zeigt sich in der Gründung eines eigenen Konsortiums zur Förderung der Forschung und Entwicklung von Standards. Zum ASP Industry Consortium (www. aspindustry.org) gehören nicht nur Branchengrößen wie AT&T, Compaq, IBM und Cisco, sondern auch kleinere Anbieter wie Cylex Systems und Marimba.

Auch der nächste logische Schritt ist schon eingeleitet: mit einer weiteren Dienstleistungsform, dem Business Process Outsourcing (BPO). Nicht nur die Anwendungen werden "verliehen", sondern ein Komplettpaket mit Logistik und dazugehörigem Personal, zum Beispiel in den Bereichen Finanzbuchhaltung oder Personalwesen.

Diese Angebote werden zunehmend von Internet-Startups im Silicon Valley genutzt. Denn diese jungen Unternehmen investieren ihre Ressourcen im immer schneller werdenden Markt nicht in den Aufbau von Inhouse-Abteilungen, sondern bevorzugt in die beschleunigte Entwicklung ihrer eigenen Internet-Geschäftsideen.

Von ASPs profitieren viele Seiten

Das neue Dienstleistungsmodell ASP bietet insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, flexibel auf Softwareinnovationen zu reagieren. Hier sind alle Anwendungen in das Internet integriert. Damit erübrigt sich die Anschaffung kostspieliger Hardware. Bei der Einwahl ins Internet werden die benötigten Applikationen geladen, das heißt "Apps on Tap". Der Standard-PC kann in bestimmten Bereichen überflüssig werden und lässt sich durch schlanke Netzwerk-Computer - Thin Clients - ersetzen. Auch der Erwerb und die Verwaltung der Softwarelizenzen entfallen, Updates erfolgen automatisch. Hieraus resultiert eine erhebliche Entlastung der DV-Verantwortlichen - sie sparen sich ab sofort die zeitraubenden Routinen für Wartung und Instandhaltung der IT-Infrastruktur.

Softwarehersteller wiederum erhalten die Möglichkeit, völlig neue Zielgruppen zu adressieren und zu erreichen. Mit ASP können sie vor allem kleinen und mittelständischen Betrieben, die hohe Investitionen in Hard- und Software scheuen, eine echte Alternative anbieten.

Die Preisgestaltung der Anbieter wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach mittelfristig auf zwei Modelle einpendeln: Die Abrechnung zur Nutzung der bereitgestellten Leistungen kann pauschal, aber auch volumenabhängig vorgenommen werden. In weniger intensiven Bereichen - unter anderem bei der reinen Lagerung von Daten - werden Pauschalpreise angesetzt, für Intensivnutzer hingegen kommt ein monatlicher Abrechnungsmodus in Frage. Bei Rundum-Paketen, die auch schon angeboten werden, kann der Kunde ohne eigene Anschaffungen direkt mit der Archivierung und dem Dokumenten-Management via Internet starten. Hierbei werden beide Abrechnungsmodelle zum Tragen kommen können.

Die Anbieter von ASP-Dienstleistungen sind nun in vielerlei Hinsicht gefordert. Potenzielle Kunden werden die gesamte Leistungspalette nur dann via Internet nutzen, wenn sich das Angebot nicht auf Services, Anwendungen und Networking beschränkt. Gleichermaßen entscheidend sind hier die Sicherheitsaspekte.

Angeklickt

ASP-Dienstleister spekulieren darauf, dass die Vorteile ihrer Dienste sich in barer Münze messen lassen. Dazu zählen sie: geringere Investitionskosten und niedrigere Aufwendungen für Wartung und Instandhaltung. Auch der häufig höhere Sicherheitsstandard kann positiv zu Buche schlagen.

Abb.: Eine Reihe von Softwareherstellern wird in Zukunft ihrem bisherigen Geschäftsmodell zufolge sowohl direkt als auch indirekt den Markt adressieren und darüber hinaus zusätzlich die ASP-Kanäle nutzen. Quelle: IDC

*Ingo Wenzel ist Vorstandsvorsitzender der DAA Systemhaus AG in Hügelsheim bei Baden-Baden.