Die New Yorker Börse reagiert mit einem Run auf Aktien der Sieger

Apples Klage gegen Microsoft und HP größtenteils abgewiesen

24.04.1992

SAN FRANZISKO (CW) - Ein amerikanisches Bundesgericht hat die Klage der Apple Computer Inc. gegen die Microsoft Corp. und die Hewlett-Packard Company wegen der Verletzung von Urheberrechten durch die Benutzeroberflächen "Windows" und "New-Wave" dieser Firmen in den meisten Punkten zurückgewiesen.

Apple hatte in der 1988 erhobenen Klage geltend gemacht, man besitze nicht nur das Copyright an einigen Details, etwa den Icons der Macintosh-Benutzeroberfläche. Vielmehr könne das Unternehmen schon für die Idee der Technik überlappender Fenster und beweglicher Symbole Urheberschutz verlangen.

HP und Microsoft erklärten dazu, Apple könne keine Originalität beanspruchen, sondern habe nur Methoden kopiert, die zuvor schon Xerox und IBM entwickelt hätten. In der Anhörung vom 15. April 1992 kritisierte Richter Vaughn Walker den Apple-Anwalt Jack Brown, er habe hinsichtlich einiger Einzelaspekte der Mac-Software argumentiert, nicht aber die Ansprüche seiner Mandantin auf das Gesamtkonzept belegen können.

In seinem Urteil erklärte Walker diesen wichtigsten Punkt in der Apple-Klage für abgewiesen. Microsoft habe ohnehin auf der Grundlage eines Lizenzabkommens aus dem Jahre 1985 gehandelt. In zwei Punkten ließ er die Entscheidung allerdings noch offen: Ist Microsoft mit seiner Font-Technik in Windows 3.0 über Lizenzrechte hinausgegangen? Und darf HP Mac-Symbole für bestimmte Verfahren, so den Papierkorb zum Löschen von Dateien, verwendend? Zu diesen Punkten wurden Gerichtssitzungen für den 15. Mai und 8.Juni anberaumt.

Die New Yorker Börse reagierte auf den Richterspruch mit ungewöhnlichen Kursgewinnen bei Microsoft und Hewlett-Packard. Die Microsoft-Aktie stieg noch am Tag des Urteils um 11,9 auf 128,9 Dollar. Der HP-Anteilsschein verteuerte sich um 2,4 auf 82,5 Dollar. Das "Wall Street Journal" zitierte David Readerman, Analyst bei Shearson Lehman Brothers Inc., mit der Aussage, das Urteil "nimmt die meisten rechtlichen Risiken von der Anlage".

Die Börsianer hatten eine derart weitgehende Gerichtsentscheidung offenkundig nicht erwartet. Jetzt sind sich die Analysten einig, daß Apple kaum noch Chancen hat, die gerichtlich geforderten Schadensersatz-Ansprüche von insgesamt 5,6 Milliarden Dollar durchzusetzen. Apple hatte erst vor einem Monat ihre Forderungen um eine Milliarde Dollar erhöht. Als Argument diente die Berechnung, allein durch Windows 3.0 und darauf aufsetzenden Anwendungen von Microsoft seien dem Unternehmen 2,4 Milliarden Dollar Umsätze im Macintosh-Geschäft entgangen.

Apple dürfte die Niederlage verschmerzen können. Am Tage der Niederlage vor Gericht konnte das Unternehmen zufriedenstellende Ergebnisse im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres melden. Die Umsätze sind um 7,4 Prozent auf 1,7 Milliarden Dollar gestiegen, der Gewinn hat um zwei Prozent auf 135,1 Millionen Dollar zugenommen.

Apple-CEO John Sculley meinte erklärend, nach der Restrukturierung des Unternehmens im vergangenen Jahr sei der Anteil der Fixkosten an den Umsätzen in drei aufeinanderfolgenden Quartalen konstant gefallen. Zudem erwiesen sich die Produkte als erfolgreich. Innerhalb des letzten halben Jahres seien 200 000 Powerbooks, Apples Notebook-Rechner, verkauft worden. Hervorzuheben seien auch die günstigen Ergebnisse bei Macintosh-PCs der mittleren Preis- und Leistungsklasse.