Die Macintosh-Company wildert in Microsoft-Reservaten

Apple versucht sich aus der proprietären Ecke zu befreien

03.04.1992

SAN MATEO (IDG) - Die Apple Computer Inc. präsentiert für eine bessere Integration des Macintosh-Rechners in fremde Umgebungen erste Teile eines umfangreichen Plans. Zugleich bricht das Unternehmen mit einem Drucker und einem Scanner für Windows-Umgebungen in die von Microsoft-dominierte PC-Welt ein.

Apple wird auf der DB/Expo 1992 in San Franzisko die ersten 1000 Seiten eines Konzeptes vorstellen, mit dem sich Macintosh-Systeme mit einer Reihe fremder Hardware- und Softwarekonfigurationen integrieren lassen. Der Rahmenplan hat den Titel "Virtually Integrated Technical Architecture Lifecycle"(Vital).

Damit will Apple nach eigenen Angaben traditionell hierarchischen oder zentral angelegten Konzepten zur Integration heterogener Umgebungen ein konsequent dezentrales Modell entgegenstellen. Unterschiede zwischen den Systemen sollen überbrückt werden, indem Entwickler ein Application Programming Interface (API) von Apple, Integration Services genannt, adressieren können.

Einige Features dieser Integration Services sind bereits im Macintosh-Betriebssystem System 7.0 enthalten, so "Data Access Language" und "Manager". Hinzukommen soll ein "Open Collaboration Environment", ein Set von APIs zur Integration. Apple will die Integration Services auf andere Desktop-Betriebssysteme portieren. Im Verlaufe dieses Jahres soll der gesamte Umfang von Vital veröffentlicht werden.

Keine "heiligen Kühe" mehr für Apple

Zugleich debütiert Apple als Anbieter in Microsoft-Umgebungen mit einem Drucker und einem Scanner, die auch in Windows-Umgebungen zum Einsatz kommen können. Apple-Chef John Sculley bezeichnete die Markteinführung als Beweis für eine neue Apple Inc., für die es "keine heiligen Kühe" mehr gebe: "Wir hätten das schon vor einigen Jahren machen können, mußten aber erst unser Haus in Ordnung bringen."

Der 2200 Dollar teure "Laserwriter NTR" von Apple hat einen mit 16 Megahertz getakteten AMD-RISC-Chip AM19005, 3 MB RAM und eine Auflösung von 300 dpi. Er unterstützt im ROM die Seitenbeschreibungs-Sprachen Postscript Level II und HPs PCL 4Plus sowie Truetype-Fonts, die in Windows 3.1 enthalten sein werden. Der Scanner bietet eine Leseauflösung von 300 dpi bei einer Ausgangsauflösung von 16000 dpi und umfaßt auch eine ISA- sowie EISA-kompatible SCSI-Einsteckkarte für den PC.

Der Vertrieb des Billig-Macintosh-Rechners LC läuft langsam aus. Apple ersetzt ihn ab April durch die Reihe LC II, deren Kern ein Motorola-Chip 68030 mit 16 Megahertz sein wird. An der Typenbezeichnung sollen RAM und Festplattengröße ablesbar sein: Der LC II 4/40 hat 4 MB RAM und eine 40-MB-Festplatte. Das Gerät wird 1700 Dollar kosten. Ein Modell mit doppelt großer Platte soll für 1900 Dollar verkauft werden. Mit der LC-II-Serie wollen die Sculley-Mannen zugleich ein neues CD-ROM-Laufwerk, Apple CD 150, mit 656 MB Kapazität und 380 Millisekunden Zugriffszeit zu einem Preis von 600 Dollar in den Markt einführen.