Apple lässt den Tiger los

04.05.2005
Das mit "Tiger" bezeichnete Release 10.4 des Apple-Betriebssystems Mac OS X ist weltweit verfügbar.

Gegenüber der Vorversion haben die Entwickler mehr als 200 Neuerungen in Tiger eingebaut, was den Preis von 129 Euro für die Desktop-Version dieses Mal eher rechtfertigt, als es noch bei den Vorgängern "Panther" (10.3) oder "Jaguar" (10.2) der Fall war. Hervorzuheben sind vor allem drei der neuen Features: Die tief im System verankerte Desktop-Suche "Spotlight", das "Dashboard", über das sich mit einem Mausklick oder Tastendruck häufig benötigte Hilfsprogramme einblenden lassen, sowie die Workflow-Funktionen des "Automator".

Auf Spotlight kann man allzeit über ein kleines blaues Lupensymbol in der rechten oberen Ecke der Menüleiste zugreifen. Beim Klick darauf öffnet sich ein Eingabefeld, das schon nach Eintippen des ersten Buchstabens die ersten Ergebnisse ausrollt und diese mit zunehmender Konkretisierung immer mehr verfeinert. Da Spotlight - anders als etwa die derzeit für Windows-Rechner erhältlichen Suchhilfen wie "Google Desktop" - direkt ins Betriebssystem integriert ist, erfolgt die Aktualisierung des Index in Echtzeit.

Index schnell erstellt

Von der Listenansicht lässt sich dann bei Bedarf auch noch in ein Ergebnisfenster mit mehr Details und Sortiermöglichkeiten wechseln. Der Spotlight-Index ist nach der Installation des Systems flugs erstellt (bei einer zu drei Viertel gefüllten 60-GB-Powerbook-Platte in weniger als einer Viertelstunde) und belegt nach Herstellerangaben nur Plattenplatz im MB-Bereich.

Die Integration von Spotlight in die Systeminnereien ermöglicht gleich noch ein weiteres interessantes Tiger-Feature: die "intelligenten Ordner". Dabei handelt es sich um virtuelle Verzeichnisse, die im Prinzip das Ergebnis einer gespeicherten Suche enthalten, so zum Beispiel alle Fotos, die man im Laufe eines Tages schon einmal geöffnet hatte, oder alle Dokumente, die von einem Kollegen in den vergangenen Tagen per E-Mail an den Benutzer geschickt wurden. Die virtuellen Ordner enthalten nur Verweise und sind unabhängig vom physikalischen Speicherort der eigentlichen Daten. Natürlich kann man Spotlight auch einfach nur dazu benutzen, Programme zu starten, die irgendwo tief in der Ordnerhierarchie stecken und zu denen man sich bisher mühsam durchklicken musste.

Als zentrale Tiger-Neuerung wird von Apple auch das Dashboard herausgestellt, das sich mit seinen als "Widgets" bezeichneten Miniprogrammen sehr anschaulich präsentiert. Diese Widgets basieren auf HTML, Javascript und Cascading Style Sheets (CCS) und lassen sich ohne tief gehende Programmierkenntnisse erstellen. 14 solche Miniprogramme liefert Apple bereits mit, darunter Weltzeituhr, Kalender, Taschenrechner, Aktienticker, Wettervorhersage und ein Umrechnungs-Tool. Der Hersteller erwartet jedoch, dass sich rasch eine unabhängige Community von Autoren findet, die weitere Widgets gestaltet.

Automatisierte Abläufe

Ein weiteres Highlight von Tiger, vor allem für professionelle Nutzer, ist das Werkzeug Automator, mit dem sich Workflows automatisieren lassen. Programmierkenntnisse sind hier nicht gefordert, das Erstellen von Aktionen erfolgt visuell über Drag and Drop. Anlässlich der Produktvorstellung präsentierte Apple dies anhand eines Print-Workflows, bei dem eine PDF-Datei mit Wasserzeichen versehen, komprimiert, verschlüsselt und anschließend per E-Mail an einen bestimmten Empfänger versandt wurde.

Abspeichern lassen sich solche Aktionen in unterschiedlichen Systemfunktionen, so etwa auch im Druckdialog. Automator wird bereits mit einer umfangreichen Bibliothek an möglichen Befehlen geliefert. Allerdings sind hier die Drittanbieter unter den Softwarefirmen gefordert, ihre Applikationen möglichst rasch entsprechend anzupassen.

Wer mit seinem Mac häufig ins Netz geht, wird sich über die Verbesserungen am "Safari"-Browser und dem "Mail"-Programm freuen. Safari 2.0 enthält einen integrierten RSS-Reader. Sobald man eine Seite mit Feed besucht, erscheint rechts in der Adresszeile ein blaues RSS-Symbol. Beim Klick darauf wird der Feed eingeblendet. Er lässt sich dann auch als Lesezeichen ablegen. Anders als bei den dynamischen Lesezeichen in Mozillas Firefox kann man aber auch mehrere Feeds zusammen in einen Ordner packen und sich dann kumuliert anzeigen lassen.

Dem Mail-Client "Mail 2.0" hat Apple eine vollkommen neue, in ihrer Gestaltung von anderen Mac-OS-X-Applikationen abweichende Oberfläche spendiert. Die Software ist nun viel intuitiver und ergonomischer zu bedienen als zuvor. Dank integrierter Spotlight-Suche und intelligenten Ordnern sind auch gro- ße Mailboxen vernünftig beherrschbar. (tc/ue)