CW-Kolumne

Apple am Scheideweg

19.01.2013
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Als Steve Jobs starb, war für nahezu alle "Insider" ausgemacht, dass der Abstieg von Apple bald beginnen werde. Die einzige Frage, die noch interessant schien, lautete: Wann geht`s los? Wie lange reicht der Ideenvorrat des genialen Gründers noch, bis Apple in die Knie geht?
Heinrich Vaske, Chefredakteur CW
Heinrich Vaske, Chefredakteur CW

Von überall hagelt es nun Hinweise, wonach der Abstieg schon begonnen habe. Irgendwer weiß von irgendwem, dass Apple zurzeit weniger Bauteile für das iPhone bestellt. Also muss die Nachfrage lahmen. Und bedeutet nicht das Gerücht, Apple wolle ein Billig-iPhone bauen, die Kapitulation im Premium-Segment? Das iPad ist ohnehin bald nicht mehr gefragt: Billigprodukte aus Asien werden den Markt überschwemmen. Zudem kannibalisiert sich Apple mit dem iPad Mini selbst. Und die teuren Mac-Rechner? IDC diagnostiziert einen Absatzrückgang...

Interessanterweise kann man den Untergangspropheten genauso gute Gegenargumente entgegensetzen. So prophezeit Gartner den Macs - anders als IDC - Wachstum. Das iPhone 5 verkauft sich überraschend stark im für Apple bislang schwierigen chinesischen Markt. Allein in einer Woche vor Weihnachten wurden zwei Millionen Stück abgesetzt. Das iPad wird 2013 dank der Einführung des iPad Mini Rekordverkäufe erzielen. Und allein mit iTunes hat Apple 2012 rund zwölf Milliarden Dollar umgesetzt - und die 30- bis 40-prozentige Wachstumskurve pro Jahr ist stabil.

Hintergrund für die unterschiedlichen Wahrnehmungen ist, dass alle Apple-Beobachter wissen: 2013 ist ein entscheidendes Jahr. Wird es Tim Cook mit seinen Leuten schaffen, die Innovationsgeschwindigkeit der vergangenen Jahre aufrechtzuerhalten und den Markt weiter regelmäßig mit neuen Ideen zu überraschen? Geschrumpfte iPhones und iPads werden dafür kaum ausreichen. Viel wird davon abhängen, ob Apple weiter mit genialen Ideen rund um das Thema User Experience aufwarten kann. Beispielsweise läge hier das ganze TV-Geschäft brach. Wer mit seinem "Smart-TV" gelegentlich ins Internet geht, weiß, wovon die Rede ist.