Web

Apache hat Großes vor mit XML

06.12.1999
Freie Software mit Hilfe von IBM und Sun

Von CW-Redakteur Wolfgang Sommergut

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Apache Software Foundation, Anbieter des quelloffenen und im Internet meistgenutzten Web-Servers, zieht bisher separate Open-Source-Initiativen für XML (Extensible Markup Language) zu einem Projekt zusammen. Unterstützung erhalten die Freeware-Programmierer von Sun und IBM. Die Umsetzung von XML-Standards soll zu einer Referenzimplementierung führen, an der sich kommerzielle Anbieter orientieren müssen.

Das kürzlich angekündigte "Apache XML Project" (CW Infonet berichtete) vereinigt Open-Source-Entwicklungen unter einem Dach, die teilweise schon länger im Gange sind. Dazu zählt "Cocoon", ein Publishing-System auf Basis von XML und Java. Dieses entsprang der Java Apache Group und ist in der Lage, XML-Dokumente mittels XSL Transformations (XSLT) nach HTML zu konvertieren. Die aus Java-Servlets bestehende Software kann zudem über einen eingebauten SQL-Prozessor Datenbanken abfragen und das Resultat in Form von XML-Dokumenten aufbereiten. Das Team hinter Cocoon, für das der Italiener Stefano Mazzocchi federführend tätig ist, betrachtet die derzeitige Version 1 mehr als Konzeptstudie und will die Software im Coocon-2-Projekt grundlegend ändern.

Ebenfalls Produkt der Java Apache Group ist das vor kurzem freigegebene "Element Construction Set" (ECS). Es handelt sich dabei um ein Java-API (Application Programming Interface = Programmierschnittstelle) zur dynamischen Erzeugung von XML und HTML und soll nicht an das XML-Team übertragen werden.

Ein weiteres Freeware-Projekt, das sich nun unter dem Dach der Apache Foundation einfindet, ist das von James Taubner initiierte "FOP". Auch dieses spezialisiert sich auf die Konvertierung von XML-Dokumenten mit Hilfe von XSLT, und zwar in Adobes "Portable Document Format" (PDF).

Für Programme, die XML-Dokumente analysieren, manipulieren oder konvertieren, stellen Parser und XSLT-Prozessoren die nötigen Basisfunktionen zur Verfügung. Für beide Tools richtete Apache eigene Projekte ein, "Xerces" für den Parser und "Xalan" für das XSLT-Werkzeug.

Für diese unumgänglichen Basisdienste stifteten sowohl IBM als auch Sun den Quellcode eigener Produkte. So beruht Xalan im wesentlichen auf der XSLT-Engine von Lotus, die bereits in Cocoon wie übrigens auch in "Mozilla" zum Einsatz kommt. Für die Entwicklung eines W3C-konformen (World Wide Web Consortium) Parsers können die Freeware-Entwickler auf den in Java geschriebenen "XML4J" und sein C-Gegenstück "XML4C" von IBM zurückgreifen. Zusätzlich übergab Sun den aus dem "Project X" stammenden Parser sowie einen solchen für XHTML an das Apache-Team. Eine weitere Zuwendung betrifft die "Xpages" von Datachannel, mit denen sich aus verschiedenen Datenquellen XML-Dokumente zusammensetzen lassen.

Als Open-Source-Entwicklung kann das Apache XML Project auch auf einen reichen Fundus an freier Software zurückgreifen. Dazu zählen unter anderem die diversen Tools des SGML/XML-Gurus James Clark sowie Code von einem anderen XML-Freeware-Team, "Exoffice".

Sowohl die Apache Software Foundation als auch die beteiligten Hersteller verfolgen mit diesem Projekt das Ziel, eine mit dem XML- und verwandten Standards konforme Implementierung vorzulegen. Sie soll kommerzieller Software als Richtschnur dienen und bei hoher Verbreitung bestimmte Hersteller an der eigenmächtigen Änderung von Standards hindern. Dieses Verdienst hat Verleger und Freeware-Mäzen Tim O´Reilly der Apache Group bereits für ihren Web Server zugesprochen, der die Dominanz von Microsoft über das Internet verhindert habe. Die Bedeutung dieses Aspekts kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß mit Tim Bray einer der Erfinder von XML und Mitglied des W3C im Projekt-Management vertreten ist. Eine solche Referenzimplementierung richtet sich natürlich auch hier in erster Linie gegen die Gates-Company, deren XML-Framework "Biztalk" von IBM-Offiziellen erst kürzlich als proprietär kritisiert wurde.

Trotz der starken Ausrichtung auf Standards sind die Apache-Ambitionen keineswegs nur akademische Studien. Bereits heute ist der marktführende Apache Web-Server mit seinen zahlreichen Zusatzmodulen ein vollwertiger Applikations-Server. Die XML-Erweiterungen sowie die Java-Unterstützung, die im Rahmen des "Jserv"-Projekts ebenfalls in Kooperation mit Sun und IBM entsteht, wertet die Freeware zu einer mächtigen Anwendungsplattform auf. In Kombination mit Linux, das bis Mitte nächsten Jahres eine mit Windows gleichwertige Java-2-Implementierung erhalten soll, zeichnet sich eine freie Alternative für Web-Applikationen ab, die auch große Hersteller ernst nehmen müssen.