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AOL: Time Warner und was nun?

18.02.2000
Von Markus Lindermayr*

America Online (AOL) war die Kursmaschine der vergangenen drei Jahre. Der Wert der Aktie stieg auf das 25fache, der Marktwert des Unternehmens auf 130 Milliarden Dollar - etwa das 26fache des Jahresumsatzes. AOL hat mit 24 Millionen Abonennten die Marktführerschaft bei den Content-Providern errungen und erzielt rund 20 Prozent seines Umsatzes mit Werbeeinnahmen. Die vor kurzem angekündigte Übernahme des Medienriesen Time Warner machte klar, in welcher Größenordnung sich die Marktbewertungen von Internet-Unternehmen bewegen. Time Warner weist mit 108 Milliarden Dollar einen geringeren Börsenwert als AOL aus. Um die Position des Unternehmens für die Zukunft abzusichern, war der Zusammenschluss für AOL ein wichtiger Schachzug. Time Warner hat mit Printmedien, Filmrechten, Verlagen, Musik- und Filmstudios den Rohstoff, während AOL eine unangefochtene Vertriebsposition im Internet besitzt.

Ein völlig anderer Aspekt ist die Bewertung des neu entstehenden Konzerns. Unter Verwendung eines langfristigen Bewertungsmodells (Discounted Cashflows) lässt sich errechnen, dass der neue Konzern in den nächsten zehn Jahren jährlich 22 Prozent Umsatzwachstum generieren muß (bei unveränderter Rentabilität), um dem Aktionär eine Rendite von 10 Prozent per annum zu erwirtschaften. Angesichts der Größe des Konzern kann man bezweifeln, ob dies als realistisch angesehen werden kann und ob das Wachstum des Internet-Bereichs nicht gar auf Kosten des klassischen Mediengeschäfts gehen wird. Außerdem könnten Übergangsschwierigkeiten auftreten, die bei Fusionen nicht selten sind. Somit erscheinen zur Zeit die Aktien von Time Warner und AOL nicht attraktiv. (Weitere Börseninfos unter: www.computerwoche.de)

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