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AOL Time Warner muss Bilanzen korrigieren

24.10.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der weltgrößte Medienkonzern AOL Time Warner muss nach eigenen Angaben 190 Millionen Dollar Umsatz aus seinen Bilanzen der vergangenen zwei Jahre streichen. Die Maßnahme werden die Pro-forma-Ergebnisse in den Quartalen vom September 2000 bis Juni 2002 um insgesamt 97 Millionen Dollar belasten. Der Korrekturbedarf war vor kurzem bei einer Überprüfung der Bücher festgestellt worden, teilte AOL Time Warner mit. Mit 66 Millionen Dollar Umsatz sei ein Großteil der Falschbuchungen im dritten Quartal 2000 aufgetreten, hieß es, also kurz vor der Fusion von AOL mit Time Warner. Der Konzern gab jedoch nicht bekannt, um welche Transaktionen es sich dabei handelte. Obwohl die Summe nur ein Prozent des Gesamtumsatzes von America Online in diesem Zeitraum ausmache, nehme man die Angelegenheit sehr ernst, erklärte CEO Richard Parsons.

Verschiedene US-Zeitungen hatten bereits vor längerer Zeit darüber berichtet, dass der Online-Dienst AOL seine Werbeeinnahmen durch fragwürdige Tauschgeschäfte künstlich aufgebläht habe. Wegen des Verdachts auf Bilanzfälschung ermitteln die US-Börsenaufsicht SEC und das Justizministerium schon seit mehreren Monaten bei dem Medienkonzern (Computerwoche online berichtete).

Wenig erfreulich war auch die schlechte Geschäftsentwicklung der Online-Sparte im dritten Quartal: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ging der Umsatz um sieben Prozent auf 6,8 Milliarden Dollar zurück, die Werbeeinnahmen brachen um 48 Prozent ein. Diese negative Entwicklung konnte auch die Zunahme der Abonnementserlöse um 15 Prozent nicht auffangen.

Im gesamten AOL-Time-Warner-Konzern kletterte dagegen der Umsatz um sechs Prozent auf zehn Milliarden Dollar. Den Nettogewinn bezifferte der Konzern mit 57 Millionen Dollar oder einem Cent pro Aktie. Im Vergleichsquartal des Vorjahres wurde ein Verlust von 997 Millionen oder 22 Cent je Anteil ausgewiesen. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) fiel gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent auf 2,09 Milliarden Dollar. Der operative Gewinn der Online-Sparte sank dabei um 41 Prozent von 736 Millionen auf 432 Millionen Dollar.

In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres erwirtschaftete AOL Time Warner einen Umsatz von 29,6 Milliarden Dollar, das entspricht einem Zuwachs von 3,3 Milliarden Dollar gegenüber der Vorjahresperiode. Gleichzeitig erhöhte der Medienkonzern den Nettoverlust von 3,1 Milliarden auf 53,8 Milliarden Dollar. Grund für das hohe Defizit sind Wertberichtigungen in Höhe von 54 Milliarden Dollar. (mb)