Entwicklung wird im Mozilla-Projekt fortgeführt

AOL gibt den Netscape-Browser auf

25.07.2003
MÜNCHEN (CW) - AOL Time Warner hat alle Netscape-Entwickler entlassen. Die Geschichte des einst beliebtesten Internet-Browsers will nun das Open-Source-Projekt Mozilla weiterschreiben.

Die Entlassung der letzten 50 Netscape-Entwickler war absehbar. Seit einiger Zeit war offenkundig, dass America Online Inc. kein Interesse mehr an der Entwicklung des Browsers mit dem Leuchtturm-Logo hat, den der Internet-Service-Provider 1998 gekauft hatte. Das letzte Haupt-Release, Netscape 7.0, ist vor fast einem Jahr erschienen, das Update 7.1 erst Anfang Juli 2003. Vor drei Monaten hatte AOL mit Microsoft einen Vertrag abgeschlossen, wonach es dessen Internet Explorer für sieben Jahre kostenlos in seiner Software verwenden darf. AOL kapitulierte vor dem Microsoft-Browser, der laut der Forschungsgruppe Websidestory Inc. einen Marktanteil von 94 Prozent besitzt.

Die Geschichte von Netscape findet jedoch eine Fortsetzung. Denn kurz vor der Übernahme durch AOL hatte das Unternehmen 1998 den Quellcode des damaligen Browsers der Community zur Verfügung gestellt. Seither lief - nach einigen Startschwierigkeiten - die Entwicklung der Internet-Benutzeroberfläche als Open-Source-Projekt. AOL betrieb quasi nur noch kosmetische Feinarbeiten. So ist die aktuelle Netscape-Version im Grunde identisch mit der Version 1.4 von Mozilla.

Das Mozilla-Projekt hat parallel zum Ende von Netscape eine Mozilla Foundation gegründet. Ihr Vorsitzender ist der Lotus-1-2-3-Erfinder Mitch Kapor, der auch leitende Funktionen in der Electronic Frontier Foundation und der Open Source Applications Foundation (Osaf) einnimmt. Die Mozilla-Stiftung erhält von AOL zwei Millionen Dollar, Rechte am Netscape-Browser und Computerequipment. Kapor hat aus seiner Privatschatulle weitere 300000 Dollar draufgelegt.

Mit dem Geld will die Organisation etwa zehn Personen, darunter auch jetzt von AOL Time Warner Entlassene, einstellen, um Mozilla weiterzuentwickeln. Die Mozilla Foundation hofft auf zusätzliche Spenden aus der Industrie. Sun hat angekündigt, Mozilla zum Standard-Browser des Betriebssystems Solaris zu machen. Red Hat will den Browser in das Linux-Desktop-Paket "Mad Hatter" aufnehmen, das in der zweiten Hälfte dieses Jahres erscheinen soll. (ls)