CeBIT '98 Virtueller Messe-Rundgang

Anwendungsentwicklung für das Intranet

06.03.1998

Intranet und Internet als Anwendungsplattform voranzutreiben haben sich besonders die Großen der Branche auf die Fahnen geschrieben. Sie warten mit übergreifenden Frameworks auf, unter denen sie Produkte und Technologien subsumieren, die teilweise schon länger am Markt sind, für das Internet umgebaut oder gleich neu entwickelt wurden.

IBM legte im letzten Jahr das "Network Computing Framework for E-Business" vor, das neben grundlegenden Services wie Datenbanken und Transaktionsdiensten auch Entwicklungswerkzeuge und Connectoren umfaßt. Letztere sollen bestehende Enterprise-Daten und -Applikationen für das globale Netz öffnen. Unter diese Kategorie fallen "CICS Internet Gateway", "CICS Gateway for Java" und "MQ Series Internet Gateway". Nähere Informationen dazu gibt es auf dem Stand für Network Computing in Halle 2, Stand D28. Ebenfalls dort stellt Big Blue die "DB2 Universal Database" aus, die in der Version 5 das Modul "Net.data" für die Web-Anbindung enthält.

Eine wichtige Rolle innerhalb des IBM-Frameworks spielt die Tochter Lotus mit den Server-Produkten "Domino", "Domino Mail" und dem Web-Server "Lotus Go". Die Vollversion von "Domino" wurde in der Version 4.6 besonders als Entwicklungsplattform für Web-Anwendungen aufgewertet und verfügt mit dem Zusatzprodukt "Notes Pump" über die nötige Anbindung an Unternehmensdaten. Lotus Development stellt in Halle 2, Stand C38, zudem das Java-Paket "E-Suite" vor, das auch in einer Entwicklerversion angeboten wird.

Rivale Microsoft bündelt ebenfalls eine Reihe von Produkten und Techniken zu einem Framework, der "Distributed Internet Applications Architecture" (DNA). Ihr Fundament bilden neben der Komponententechnik COM das Software-Paket "Back Office". Der Softwareriese informiert in Halle 2 , Stand D02, über seine Tools zur Entwicklung von Web-Anwendungen. Weitergehende Beratung gibt es nach Anmeldung am Hauptstand in der Back Office Gallerie.

Auch der Wegbereiter von Anwendungsentwicklung auf Basis von Internet-Standards, Netscape Communications, definiert anhand zahlreicher Technologien und Produkte eine eigene Architektur. Das "Open Network Environment" (ONE) setzt auf Internet-Protokolle, Corba, Java und Javascript und soll sogenannte Crossware, also plattformunabhängige Anwendungen, möglich machen. Kern von Netscapes Portfolio ist das Server-Paket "Suite Spot", das in Halle 6, Stand D18, zu sehen ist. Neu dabei ist der kürzlich zugekaufte Applikations-Server "Kiva", der jetzt unter dem Namen "Netscape Application Server" firmiert.

Datenbankspezialist Oracle stellt bei der Anwendungsentwicklung mit der "Network Computing Architecture" (NCA) ebenfalls die Weichen in Richtung Internet-Standards. Der "Developer/2000" wurde mittlerweile zum Werkzeug für die Programmierung von Cartridges aufgerüstet. Es handelt sich dabei um Corba-kompatible Objekte, die sich am Client, am Anwendungs-Server oder der hauseigenen Datenbank einhängen lassen. Tools sowie den "Web Application Server" stellt die Oracle Deutschland GmbH in Halle 3, Stand C57, aus. Zu begutachten gibt es außerdem Software zur Entwicklung von E-Commerce-Lösungen, beispielsweise den "Payment Server" und den "Commerce Server". Oracle Consulting Services will dort Referenzanwendungen auf Basis dieser Produkte vorführen.

Die Web-Architektur ist grundsätzlich mehrstufig, wobei die Anwendungslogik im Gegensatz zu zweistufigen Applikationen auf Servern hinterlegt wird. Mit der steigenden Akzeptanz des Intranet als Anwendungsplattform erhöht sich daher der Bedarf an Applikations-Servern. In diesen rasch wachsenden Markt drängen eine Vielzahl von US-Start-up-Firmen, die mit ihren innovativen Produkten der CeBIT zum Großteil fernbleiben. Dazu zählen beispielsweise Bluestone Software, Bulletproof Corp., HAHT, Infoscape, Silverstream oder Weblogic. Aber auch etablierte Anbieter wie Gemstone sind nicht auf der Hannoveraner Messe vertreten.

Zum unteren Segment zählen Produkte, deren Hauptzweck die Anbindung von (bestehenden) Datenbanken an das Web ist. Die Programmierung von Anwendungslogik beschränkt sich dort auf Skriptsprachen. Einer der erfolgreichsten Anbieter solcher Software ist die Allaire Corp. mit "Cold Fusion", das nach Windows NT jetzt zusätzlich für Solaris verfügbar ist. Auf Stand D24 in Halle 4 zeigt der Hersteller die dazugehörige, eben erschienene Entwicklungsumgebung "Cold Fusion Studio", die auf dem hauseigenen HTML-Editor "Homesite" beruht.

Tool-Spezialist Borland International wartet in dieser Kategorie mit "Intrabuilder" auf, der mittlerweile in Version 1.5 erhältlich ist. Für die Anwendungsentwicklung kommt Server-seitig Javascript zum Einsatz. Die Ausführung "Client/Server" beinhaltet eine abgespeckte Variante des hauseigenen Objectbrokers "Midas", so daß mehrere Instanzen des Applikations-Servers über Windows-NT-Rechner im Netz verteilt werden können. Auf Stand B17 in Halle 3 zeigt Borland zudem den Object Request Broker (ORB) und den Object Transaction Service (OTS) des kürzlich übernommenen Corba-Spezialisten Visigenic.

Im Gegensatz zu Intrabuilder brilliert "Tango Enterprise 3.0" durch Multiplattformunterstützung. Die Software der kanadischen Everyware Development Inc. läuft auf Windows 95 und NT, auf AIX, IRIX, Solaris und Macintosh. Sie wird vom deutschen Distributor Softline GmbH in Halle 4, Stand D24, vorgeführt.

Für komplexere Anwendungsentwicklung kommt eine Reihe neuer Applikations-Server auf den Markt, zu deren Ausstattung meist eine Java Virtual Machine (JVM) und ein Corba-kompatibler ORB gehören. In diese Kategorie fällt beispielsweise "Apptivity", dessen gleichnamiger Hersteller im letzten Jahr von Progress Software übernommen wurde. Das Produkt umfaßt eine visuelle Java-Programmierumgebung namens "Apptivity Developer" und den "Apptivity Server". Neben der aktuellen Ausführung gibt es in Halle 3, Stand E45, die Betaausführung der Version 3.0 zu sehen, bei der unter anderem Teamfunktionen hinzukommen.

Ebenfalls auf 100 Percent pure Java und Corba setzt die Netdynamics Inc. mit ihrer gleichnamigen Software. Bis Ende des Jahres sollen nach einem Abkommen mit Microsoft auch Technologien des Windows-Herstellers integriert werden, beispielsweise COM und die MS Java-VM. Das Produkt liegt bereits in der Version 4.0 vor und wird von ADN Distribution in Halle 6, Stand A32 ( 325), vorgeführt.

Die genannten Anwendungs-Server übernehmen teilweise Aufgaben, die traditionell Transaktionsmonitoren vorbehalten waren. Dazu zählen Connection-Pooling, Session- und State-Management sowie dynamische Lastverteilung.

Umgekehrt öffnen sich TP-Monitore immer mehr gängigen Standards und konkurrieren so mit Anwendungs-Servern. Ein Beispiel dafür ist "Jaguar CTS" von Sybase, der sowohl Corba- und Active-X-Objekte als auch Javabeans aufnehmen kann. Im Gegensatz zu Applikations-Servern beherrscht er auch ein Two- Phase-Commit über mehrere gleichzeitig genutzte Datenbanken. Zu sehen gibt es die Software in Halle 1, Stand 7i2.

Nicht nur für die Neuentwicklung von Anwendungen werden offene Internet-Standards immer interessanter. Sie empfehlen sich auch als Integrationsmedium für bestehende Daten und Applikationen. Eine große Palette von Tools steht mittlerweile zur Verfügung, um von Web-Browsern aus auf Mainframes zugreifen zu können. Für diesen Zweck verfolgen Hersteller drei grundlegende Ansätze.

Der erste nutzt Middleware-Server zwischen Desktop und Mainframe. Auf einem dem Host vorgeschalteten Unix- oder NT-Server laufen eine Middleware-Software und ein Web-Server. Letzterer stellt den Browsern die aufbereiteten Host-Daten als Web-Seiten zur Verfügung. Unter diese Kategorie fallen "Esker Plus" der Esker Inc. in Halle 11, Stand G14, das "Host Publishing System" von Attachmate in Halle 11, Stand E62, und "Arpeggio Live" von Wall Data in Halle 3, Stand C31. Letzteres sieht zusätzlich vor, daß die Clients Java- oder Active-X-Module zum Drucken oder für den Dateitransfer herunterladen. Einen Middleware-Ansatz verfolgt auch die Santa Cruz Operation (SCO) mit "Tarantella", wobei dieses Produkt Browsern nicht nur Mainframe-Anwendungen, sondern auch MS-Windows und X-Window zugänglich macht. SCO stellt in Halle 3 , Stand A02, aus.

Ein zweites Verfahren ermöglicht Terminalemulation über Java-Applets oder Active-X-Controls, die der Browser von einem Web-Server herunterlädt. Zur Anzeige der Host-Daten wandelt der Client die Daten lokal in HTML um. In diese Sparte fallen "Persona" von Persoft (Halle 6, Stand D18), "Reflection Enterview" von WRQ (Halle 11, Stand F39), "Log-Web" von Logics Software (Halle 1, Stand 7L14), "Winsurf Mainframe Access" von ICOM Informatique (Halle 3, Stand A19), "Onweb Host" von FTP Software (Halle 11, Stand F69) und "Cool" von Cntware (Halle 11, Stand B34). Attachmate bietet für diese Art der Host-Emulation "Host View Server" an (Halle 11, Stand E62). Netmanage Software nutzt für diesen Zweck in "Chameleon Hostlink" Active-X-Technologie, für "3270.Jet" Java (Halle 11, Stand D25).

Die dritte Kategorie sorgt für die HTML-Umwandlung auf dem Host. Solche Lösungen kommen ohne zwischengeschaltete Middleware-Rechner aus. Der Funktionsumfang derartiger Produkte beschränkt sich aber nicht nur auf die reine Konvertierung in HTML. Zwar ist dieser Ansatz sehr zuverlässig, andererseits ist Rechenzeit auf dem Host teuer. Ein Beispiel dafür ist "Brixton Web Integrator" von Cntware.

Web-Lösungen von 4GL-Herstellern

Zu den Legacy-Anwendungen zählen in vielen Firmen nicht nur Host-Programme, sondern auch Client-Server-Applikationen, die mit 4GL-Tools erstellt wurden. Deren Anbieter warten mittlerweile durchweg mit Zusatzmodulen auf, die bestehenden Code für das Intranet nutzbar machen sollen. Die Hamburger Datenrevision GmbH führt in Halle 3, Stand B30, "Jam WEB" vor, das Eingabemasken von Jam-Anwendungen automatisch nach HTML konvertiert und so Web-Browser als Client-Software zuläßt.

SAS Institute zeigt in Halle 3, Stand A03, "SAS/Intrnet", das die Technologien der SAS Software mit dem World Wide Web verbindet. Anwender können somit über Thin Clients weltweit auf SAS-Server zugreifen.

Centura Software demonstriert in Halle 3, Stand C52, den "Web Application Server", der Centura-Anwendungen über das Web zugänglich macht. Außerdem zu sehen gibt es dort das Entwicklungswerkzeug "Web Developer".

Progress Software verfügt nicht nur mit Apptivity über ein Produkt der neuen Generation, sondern zusätzlich mit "Web Speed" über eine Web-Option für Anwendungen, die mit dem hauseigenen 4GL-Werkzeug erstellt wurden. Zu sehen ist die Software ebenfalls in Halle 3, Stand E45.

Die ACI Software GmbH präsentiert in Halle 6, Stand A32, Box 524, Version 6 von "4th Dimension", das nun auch die Anbindung von Datenbankanwendungen an das Web vorsieht.

Die Münchner Softlab schließlich stellt in Halle 3, Stand 30, den "File Access Service" aus, der eine Verbindung zwischen dem hauseigenen "Object Repositoy Enabler" und beliebigen Web-Servern herstellt.