LAN-to-LAN-Koppelung wird zur Nagelprobe fuer ATM und Frame Relay

Anwender warten im weltweiten Datenaustausch auf neue Trends

23.04.1993

Oft genug malen die Marketiers der internationalen Netzbetreiber und Netzhardware-Lieferanten die Zukunft sogenannter intelligenter Value-Added-Networks in den schoensten Farben: Mit Uebertragungstechniken wie Frame Relay, ATM oder Cellnet sollen Anwender in die Lage versetzt werden, ihre gesamte Kommunikation nicht mehr wie bisher ueber zwei, drei oder vier unterschiedliche Netzstrukturen abwickeln zu muessen, sondern alle Applikationen in Form eines Corporate Networks logisch abzubilden. Im Klartext: Anwendungen wie Sprach-, Daten-, Video- und Bilduebertragung werden innerhalb eines Netzes realisiert - bei flexiblen Bandbreiten.

Mehr als die Haelfte aller Grossunternehmen wollen mittlerweile nach einem Bericht der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" aufgrund der Internationalisierung der Maerkte und der zunehmenden Verlagerung der DV auf PC-Netze die LAN-Strukturen ihrer einzelnen Niederlassungen koppeln; haben jedoch bereits bei diesem vergleichsweise bescheidenen Unterfangen grosse Schwierigkeiten. Noch immer stehen naemlich in puncto transkontinentaler Datenkommunikation fast ausschliesslich die zwei "traditionellen" Verbindungsmoeglichkeiten zur Verfuegung: das paketvermittelnde X.25-Protokoll sowie 64-Kbit/s-Mietleitungen.

Beide Varianten sind jedoch fuer diesen Einsatzzweck, so die Erfahrung vieler Netzadministratoren, nur bedingt geeignet. Neben der Tatsache, dass die einzelnen nationalen PTTs dem X.25-Protokoll jeweils eigene, nationale Parameter unterlegt haben und somit von einem gemeinsamen Standard kaum die Rede sein kann, gewaehrleistet, so die Kritik von Experten, die paketorientierte Vermittlung in der Regel nicht die fuer die LAN-to-LAN-Koppelung erforderliche Mindest-Uebertragungsgeschwindigkeit von 64 Kbit/s.

Hohes Tarifniveau schreckt Anwender ab

Bei der Anmietung entsprechender Leitungskapazitaeten von internationalen Carriern werden die Anwender indes durch das nach wie vor hohe Tarifniveau abgeschreckt. So muessen beispielsweise Unternehmen nach Berechnungen des amerikanischen Marktforschungsunternehmens Lynx Technologies bei einer Verbindung von zehn europaeischen Niederlassungen mit 64-Kbit/s-Leitungen derzeit ein monatliches Budget von 100 000 bis 150 000 Mark kalkulieren. Geht es darueber hinaus in den Bereich kontinentenuebergreifender Datenkommunikation, wird es nach Angaben der TK-Experten ueberproportional teurer.

Angesichts dieses Szenarios wird, so die Meinung vieler Insider, verstaendlich, warum viele IT-Verantwortliche langfristig auf die neuen Hoffnungstraeger Frame Relay, ATM oder auch ISDN setzen - sind doch, vor allem im Zusammenhang mit ATM, die in Aussicht gestellten Features wie Uebertragungsbandbreiten zwischen 64 Kbit/s und 155 Mbit/s je nach Bedarf fuer das meist unregelmaessige Datenaufkommen im LAN-to-LAN-Traffic ideal. Frame Relay und ATM haben jedoch, bezogen auf die gegenwaertige Situation, einen Nachteil: Sie stehen nicht flaechendeckend beziehungsweise noch gar nicht zur Verfuegung.

Waehrend Uebertragungsmoeglichkeiten via Frame Relay zwar regional und ueberregional, nicht aber fuer die transkontinentale Datenkommunikation angeboten werden, ist mit entsprechenden ATM- Services fruehestens Ende naechsten Jahres zu rechnen.

Immer mehr Grossanwender behelfen sich daher bis dahin mit Mischloesungen und setzen - wo immer moeglich - auf die neue Frame- Relay-Technik, kalkulieren andererseits jedoch aeusserst sparsam beim Gebrauch internationaler Mietleitungen und setzen diese nur wenn unbedingt notwendig ein. Nicht wenige Anwender suchen daher aber auch, so das Fazit der Marktforscher, ihr Heil im Angebot eines VAN-Dienstleisters, der im Rahmen eines Outsourcing- Vertrages neben finanziellen und administrativen Vorteilen auch die Realisierung eines technischen Backbones fuer die LAN-to-LAN- Koppelung verspricht.