Anwender warten bisher vergeblich Digitals Softwarestrategie ist ein gut gehuetetes Geheimnis

27.04.1995

FRAMINGHAM (IDG) - Seit DEC-Boss Robert Palmer im

Sommer letzten Jahres die Reorganisation des Unternehmens ankuendigte, warten die Anwender auf eine tragfaehige Softwarestrategie des Anbieters. Bisher vergeblich.

Digital habe zwar die verschiedenartigen Software-Aktivitaeten in der Software Business Group konsolidiert, die zur Computer System Group gehoert, diese Einheit aber weder oeffentlich angekuendigt, noch der Anwendergemeinde mitgeteilt, welche Produkte sie fuer ihre Beduerfnisse bereithaelt, moniert Gartner-Group-Analystin Lynn Berg. Das Unternehmen sei bisher nicht in der Lage gewesen, "seine Softwarestrategie zu formulieren". Es gibt laut Berg kein Geschaeftsmodell.

Chris Christiansen von International Data Corp.(IDC) nennt das Fehlen einer solchen Strategie "die dunkle Seite" von Digital. Seit dem Verkauf der Rdb-Datenbank im vergangenen Jahr und einer zweijaehrigen Vernachlaessigung der verschiedenen VMS-basierten Softwaretitel habe der Hersteller sein Softwaregeschaeft schleifen lassen. "Im Grunde haben sie bis auf Middleware- und Systemsoftware das Business kaputtgemacht", erklaert er.

Das Fehlen einer einheitlichen Softwarestrategie wirke sich vor allem nachteilig fuer die bisherigen DEC-Anwender aus, die sich aus Mangel an Unterstuetzung schon bald zur Migration ihrer Systeme entschliessen muessten, vermutet Christiansen. Nur der Wettbewerb mit den unabhaengigen Software-Anbietern, die Digital andererseits fuer sich zu gewinnen sucht, duerfte durch das Manko abgeschwaecht werden.

Angesichts der Krise, in der sich das Unternehmen befindet, haelt es John Mann von der Yankee Group hingegen fuer richtig, dass Digital die Software-Entwicklungs-Kosten senkt und sich keine allzu grossen Gedanken um seine VMS-Kunden macht. Der Hersteller solle besser Software an Neukunden verkaufen: "Die installierte Basis kann auch ein Muehlstein sein."

Bei der deutschen Digital Equipment GmbH wirkt sich die fehlende Softwarestrategie offenbar nicht negativ aus. Um 8,5 Prozent gingen die Einnahmen im zweiten Vierteljahr des laufenden Geschaeftsjahres in die Hoehe. "Nach fuenf Jahren mit Umsatzeinbussen von teilweise 25 Prozent ist das eine gute Nachricht", konstatierte Wolfgang Stuebich, Chef des Geschaeftsbereichs Systeme bei der deutschen Digital-Tochter - einer der drei neuen Divisionen (Grosskunden, Systeme und Commodity). Im dritten Quartal, das gerade zu Ende ging, sei internen Berechnungen zufolge eine aehnliche Entwicklung zu erwarten, so der Digital- Manager.

Bei den Alpha-Rechnern legten die Verkaufszahlen im zweiten Abrechnungszeitraum des laufenden Geschaeftsjahres um 150 Prozent zu, der Absatz an VAX-Systemen sei stabil geblieben. Fast 63 Prozent aller Einnahmen kamen ueber indirekte Kanaele herein. "Unser Ziel ist, den Anteil des indirekten Vertriebs auf 75 bis 80 Prozent zu erhoehen", erklaert Stuebich. Digital Deutschland beschaeftigt derzeit 2800 Mitarbeiter.