IT-Berater - nein, danke!

Anwender bevorzugt: Warum SAP-Profis die Seiten wechseln

23.09.2010
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Anwender punkten mit spannenden Projekten

Am Standort München, das meistens auch für den Lebenspartner gute berufliche Perspektiven eröffnet, punktet Triumph vor allem dank interessanter Projekte wie etwa der Einführung einer CRM-Anwendung. Laut Peetz will man Konsumentendaten gezielt für Marketing-Aktionen wie etwa Bonuspunkte einsetzen und Zielgruppen in Kampagnen "treffsicherer" ansprechen können - Aufgaben, die in erster Linie SAP-Profis reizen dürften, die das SAP-Branchenmodul AFS beherrschen. Triumph leitet die europäische AFS User Group, in der sich Firmen wie Hugo Boss, Adidas oder Tommy Hilfiger regelmäßig treffen und sich mit SAP über Entwicklungsanforderungen abstimmen. "Im Gegenzug bekommen wir aus Walldorf Informationen zu technischen Entwicklungen und neuen Releases", stellt Peetz die Sonderstellung seines Arbeitgebers heraus.

Damit spricht der Münchner einen wunden Punkt an. Oft fürchten SAP-Experten, beim Anwender technologisch abgehängt zu werden. Unsinn, meint Frank Wiemer, IT-Vorstand der Kölner Rewe-Gruppe. Das SAP-Umfeld in seinem Haus sei up to date. "Wir setzen in der Entwicklung auf Netweaver mit Webdynpro-Entwicklung und sind auch mit den ERP- und BW-Systemen auf dem neuesten Stand." Regelmäßig fänden Inhouse-Schulungen statt, die speziell auf die Belange von Rewe zugeschnitten seien.

Dass es beim Anwender weniger innovativ zugehe, kann auch Pfaffinger nicht bestätigen. Im Gegenteil, meint der Spezialist für die SAP-Module SRM und MM: Er selbst versteht sich als treibende Kraft, um sein Umfeld auf Neuerungen aufmerksam zu machen. "Die IT muss immer vorangehen und die Fachbereiche hinsichtlich Innovationen und neuen Technologien beraten", lautet sein berufliches Selbstverständnis.

Pfaffinger ist zuversichtlich, bei der Allianz voranzukommen. "Beim Dienstleister gelingt mir das als Berater nur, wenn ich verkaufe." Jetzt hingegen investiert sein Arbeitgeber von vornherein in seine Weiterentwicklung mit der Perspektive, aus ihm eine Führungskraft zu machen.

Eine ganze Liste von attraktiven Arbeitgebern aus dem Kreis der Anwender hat Ralf Breitenfeldt aufgestellt. Er ist seit vielen Jahren als Personalberater auf den SAP-Arbeitsmarkt spezialisiert und hat vor wenigen Wochen die Allfield GmbH in München gegründet. Die Motivation, bei einem Anwender zu arbeiten, lässt sich für Breitenfeldt von der Aufgabenvielfalt und dem Anforderungsniveau ableiten. "SAP-Profis wollen von Anfang an dabei sein und später miterleben, was aus ihren Projekten wird."

Auch beim Gehalt können Anwender mithalten. SAP-Experten erzielen unverändert das höchste Gehaltsniveau in der IT-Arbeitswelt. Nicht nur Breitenfeldt beobachtet, dass sich die Schere zwischen Dienstleistern und Anwendern schließt. Was Beratungshäuser früher für "entgangene Work-Life-Balance" mehr zahlten, machen inzwischen immer mehr Anwender durch kräftige Aufschläge wett. Laut dem Nürnberger Personalberater Werner von Beyer zahlten Anwender teilweise sogar mehr als Dienstleister, "deren Tagessätze kontinuierlich sinken".

Keine Frage, aus Sicht der nach der Krise wieder heftig umworbenen SAP-Spezialisten haben sich Anwender zu einer ernst zu nehmenden beruflichen Alternative gemausert. "Wir sind Ansprechpartner für die Fachabteilungen, wenn es darum geht, Geschäftsprozesse zu verbessern", stellt Peetz ein weiteres Argument der Anwenderunternehmen gegenüber SAP-Beratungshäusern heraus.