Englisches Beratungshaus testete Schutzprogramme

Antiviren-Pakete sind ihr Geld nicht wert

15.05.1998

"Virusscan entdeckt 100 Prozent aller Viren", tönt der vor einigen Monaten zu Network Associates umfirmierte Antivirus-Altmeister McAfee. "Permanenten Virenschutz" und eine Erkennungsgenauigkeit von "nahezu 100 Prozent aller Computerviren" garantiert auch die Hamburger Dependance von Dr Solomon's vollmundig für sein Präventions-Tool "Anti-Virus Toolkit". Ähnlich vielversprechend klingt die Werbung für "F-Secure", das noch bis vor kurzem unter dem Namen "F-Prot" bekannte Antiviren-Schutzpaket des Distributor Data Fellows: "F-Secure Anti-Virus ist das umfassendste Antivirenschutz-Paket für sämtliche Windows-Plattformen" - die Realität sieht anders aus.

Seit nicht weniger als zehn Jahren verbreiten Hersteller von Antiviren-Paketen Angst und Schrecken in der PC-Gemeinde. Ob E-Mail-Erreger, Makro-Viren, Trojanische Pferde oder aber gewöhnlicher Boot-Sektor-Virus - das mittlerweile mehrere Millionen Dollar schwere Antivirus-Geschäft lebt offensichtlich mehr von Panikmache als von wirksamen Produkten: Ein kürzlich veröffentlichter Report des englischen Beratungshauses Brown Wright Security aus Nottingham jedenfalls zweifelt an der Effektivität nahezu sämtlicher angebotener Antiviren-Programme. Unter dem Titel "The Great Scanner Mystery" hat das britische Unternehmen 17 der populärsten Antivirus-Scanner genauer unter die Lupe genommen. In einer Virenbibliothek hatte Brown Wright mehr als 6000 Erreger auf rund 20 Test-Web-Seiten verteilt. Das Ergebnis: Selbst Antiviren-Produkte, deren Hersteller 100prozentigen Schutz garantieren, verfehlten "Hunderte" Erreger. Viele der Testviren waren älter als zwei Jahre. Sogar die sechs Update-Definitionen, die für McAfee 3.0 zwischen Februar und Juli 1997 angeboten wurden, erkannten lediglich 18 neue Viren, übersahen 300 "alte" Erreger, die bereits vor dem Februar bekannt waren.

Keinesfalls besser fiel das Resultat von "Command-Line-Scannern" wie F-Secure (F-Prot) von Frisk Software International, Island, aus. Abgesehen von etlichen Fehlalarmen beim Durchsuchen von nachweislich "sauberen" Verzeichnissen, konnten auch diese Scanner etliche Viren nicht finden. Speicherresidente Pakete bezeichneten die Prüfer als "größtenteils Zeit- und Ressourcen-Verschwendung", die nichts als RAM verbrauchten und die Performance beeinträchtigten, ohne einen adäquaten Schutz zu bieten.

Als bestes der schlechten Programme bezeichnete das Consulting-Unternehmen Dr Solomon's Produkt, das 659 Viren nicht erkennen konnte. Kritik übte Brown Wright auch an der Benutzung der einzelnen Pakete. Nahezu sämtliche Tools ließen sich zu einfach deaktivieren. Ein wirksamer Schutz in Unternehmen sei so nicht möglich.