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CDU-Hinterbänkler

Ansgar Heveling bezieht virtuelle Prügel von "der Netzgemeinde"

31.01.2012
Die Website des CDU-Bundestagsabgeordneten Ansgar Heveling ist am Montag gehackt worden.

Zuvor hatte der Politiker im Netz wegen eines Web-kritischen Gastkommentars im "Handelsblatt" große Aufmerksamkeit auf sich gezoge. In dem Artikel hatte sich Heveling die umstrittenen US-Gesetzesinitiativen SOPA und PIPA für einen strengen Urheberrechtsschutz befürwortet und die Gesetzesgegner als "digitale Maoisten" bezeichnet.

"Liebe 'Netzgemeinde': Ihr werdet den Kampf verlieren", schrieb 39 Jahre alte Volljurist im "Handelsblatt". "Und das ist nicht die Offenbarung eines einsamen Apokalyptikers, es ist die Perspektive eines geschichtsbewussten Politikers. Auch die digitale Revolution wird ihre Kinder entlassen. Und das Web 2.0 wird bald Geschichte sein. Es stellt sich nur die Frage, wie viel digitales Blut bis dahin vergossen wird", hieß es weiter in dem Kommentar.

Auf Twitter machten sich daraufhin zahllose Anwender unter dem Stichwort #hevelingfacts über die Thesen des Politikers aus Korschenbroich (Nordrhein-Westfalen) lustig. Peter Altmaier, der Parlamentarische Geschäftsführer CDU/CSU-Bundestagsfraktion, reagierte auf Twitter gelassen auf die Debatte: "Seit langem mal wieder ein entspannter Tag. Die Kinder bewerfen sich begeistert mit Förmchen und haben einen Riesenspass. Alles i.O.!"

Am Montagnachmittag erschien dann auf der Homepage des Abgeordneten die Mitteilung "Hiermit möchte ich meinen Austritt aus der CDU öffentlich machen", nachdem sich Mitglieder "der Netzgemeinde") Zugriff zu der Site verschafft hatten (diese war originellerweise mit Vor- und Nachnamen Hevelings als Login udn Passwort "gesichert"). Später war die Seite gar nicht mehr zu erreichen. Heveling sitzt in der Enquetekommission Internet und digitale Gesellschaft und ist über den Wahlkreis Krefeld I / Neuss II in den Deutschen Bundestag eingezogen. Gestern hatte er an einer Podiumsdiskussion der Verwertungsgesellschaft GEMA auf der Musikmesse MIDEM in Cannes zum Thema Zukunft der kollektiven Rechtevertung in Cannes teilgenommen.

Mario Sixtus, der "Elektrische Reporter" des ZDF, visualisierte Hevelings Gastkommentar in einem satirischen Video:

Inzwischen hat die fränkische CDU-Parteikollegin Dagmar Wöhrl, die sich selbst als Silver Surferin bezeichnet, mit einer exzellenten Stellungnahme auf die Entgleisungen Hevelings reagiert. Darin schreibt sie unter anderem:

"Web 2.0 ist nicht Geschichte, sondern der Anfang. Und es wird geprägt, von den Menschen, die es nutzen. Wir müssen aber die Vorteile und Scheu hiergegen abbauen. Als es die ersten Autos gaben, hatten die Menschen auch hiervor Angst. Heute sehe ich aber kaum mehr Pferdefuhrwerke auf den Straßen. Als der erste Mann in die Lüfte ging, wollte ihm kaum einer folgen. Heute freuen wir uns, wenn wir mit hunderten anderen Passagieren in einem A380 fliegen können. Veränderung, Neues, Ungewohntes ist per se nichts Schlimmes. Was sich daraus entwickeln kann, liegt aber an uns allen!

Zusammen können wir sicherlich mehr erreichen, als gegeneinander. Lasst uns in einen ehrlichen und vorurteilsfreien Dialog treten. Lasst uns die verschiedenen Thematiken und Probleme offen diskutieren. Ich habe das Gefühl, dies könnte ein sehr interessanter Austausch werden. Und wie es zu Zeiten Bill Clintons in den 90er Jahren noch hieß: It’s the economy, stupid! So muss es heute wohl heißen: It’s the internet, stupid!!!!" (mit dpa)