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Sexuelle Übergriffe

Anmache von Kindern im Internet - "Eltern haben keine Vorstellungen"

16.06.2008
Kinder und Jugendliche werden nach Einschätzung von Fachleuten in Internet-Chatrooms weit häufiger von Erwachsenen sexuell bedrängt als Eltern ahnen.

"Wer es darauf anlegt, der weiß, auf welchen Seiten sich Kinder bewegen", sagte Gisela Braun von der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendschutz (AJS) in Nordrhein-Westfalen der Deutschen Presse-Agentur dpa. Eltern sollten ihre Kinder motivieren, mit ihnen über solche Vorfälle zu sprechen.

Es gebe mehrere Maschen, mit denen sich Männer das Vertrauen Heranwachsender erschlichen. Dabei setzten sie auf Themen, die bei Kindern und Jugendlichen angesagt seien - bei älteren Mädchen etwa Schönheit und Model-Karriere. "Da kommt einer und sagt, er suche Mädchen für ein Casting. Das müsse aber ganz geheimbleiben", nannte die Fachreferentin gegen sexuelle Übergriffe ein Beispiel. Mädchen fänden das toll und seien zu vielem bereit - auch zu Fotos in allen möglichen Positionen.

Andere versuchten, sich einfühlsam zu zeigen und eine Verliebtheit zu erreichen, etwa durch Komplimente wie "du bist sympathisch" oder "du schreibst besser als andere". So ließen sich dann Jugendliche auf den Mail-Kontakt ein. Auch das Thema Stress mit den Eltern nutzen nach Angaben der Expertin viele Pädophile im Netz, um das Vertrauen von Kindern zu gewinnen. Die Erkenntnisse hätten die Fachleute aus Schilderungen von Kindern und Jugendlichen gewonnen sowie aus eigenen Testversuchen in Chatrooms. "Eltern haben keine Vorstellungen, was da passiert."

Drei Fälle von Internet-Bekanntschaften hatten in den vergangenen Tagen bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Ein in Lübeck ausgerissenes 13-jähriges Mädchen hatte wochenlang bei einem Chatroom-Freund gelebt und dabei sexuellen Kontakt gehabt. Die Polizei in Goslar nahm einen 31-Jährigen fest, der eine Zwölfjährige im Internet kennengelernt hatte. Er soll sie in seiner Wohnung sexuell missbraucht haben. In Mönchengladbach wurde ein 58-Jähriger festgenommen, der sich im Internet das Vertrauen einer 13-Jährigen erschlichen hatte. Das Mädchen war ausgerissen und hatte sich mit dem Mann getroffen, wobei es auch zu Geschlechtsverkehr gekommen war. (dpa/tc)