Erste Hauptversammlung verlief glimpflich

Anleger halten Net AG trotz flauem Aktienkurs die Stange

09.03.2001
KÖLN - Die Aktie der Net AG ist mit rund fünf Euro nur noch knapp ein Drittel ihres Ausgabekurses vom März 2000 wert - doch die Aktionäre bleiben erst einmal gelassen. Tumulte waren auf der ersten Hauptversammlung des E-Business-Unternehmens nicht angesagt. Von Beate Kneuse*

Fast schien es, als hätte sich die versammelte Investorenschar da-rauf geeinigt, bei ihrer Premiere pfleglich mit den Unternehmenslenkern der Net AG umzugehen. Selbst die Vertreter der Schutzgemeinschaften der Kleinaktionäre gingen wohlwollend mit dem Vorstandstrio Stefan Immes, Frank Hartmann und Theodor Niehues um. Zwar monierten sie die Verluste von rund 60 Prozent. Insgesamt aber, so der Tenor, sei die Net AG "ein gut geführtes und gut aufgestelltes Unternehmen", dessen Aktie schlicht unterbewertet sei.

Ein Grund für den Vertrauensvorschuss: Im Gegensatz zu anderen Neue-Markt-Unternehmen tauchten bei der Net AG weder Unregelmäßigkeiten in Sachen Bilanzmanipulationen noch Verstöße gegen Insidervorschriften auf. Und die Zahlen stimmen. Der Umsatz im am 30. September 2000 beendeten Geschäftsjahr liegt zwar mit 88,3 Millionen Mark unter den zuvor geplanten 110 Millionen Mark. Ausschlaggebend dafür war aber der zum 1. Oktober 2000 vollzogene Verkauf des margenschwachen Bereichs Lowend-Hardware, um dessen Umsatzvolumen - rund 20 Millionen Mark - die Jahreseinnahmen nachträglich bereinigt wurden.

Den operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen konnte die Net AG auf 9,4 Millionen Mark erhöhen, was gegenüber dem Vorjahr einer Verfünffachung entspricht. Und selbst beim Jahresüberschuss ist das auf Entwicklung und Vermarktung von E-Business-Software, mobilen Mehrwertdiensten und IP-Netzwerken spezialisierte Unternehmen mit 770000 Mark hauchdünn profitabel.

Mit den positiven Ergebnissen aber wird es im laufenden Jahr erst einmal vorbei sein. Bei einem geplanten Umsatz von rund 108 Millionen Mark (ohne Akquisitionen) rechnet Vorstandschef Stefan Immes mit einem operativen Verlust von 4,7 Millionen Mark. Ursache dafür sei "eine kurzfristige Phase hoher Investitionen" in die Sparte Mobility. Deren Aktivitäten wurden bereits Ende 2000 in der neu gegründeten Net Mobile AG zusammengefasst, um sich frühzeitig im noch jungen, aber verheißungsvollen Markt des mobilen Internets zu positionieren. "In Zukunft wird das Internet Sie überall hin begleiten", erklärte Immes seinen Anlegern. "Entsprechend müssen wir für Mobilität von Anwendungen und Diensten sorgen." Dass die Fokussierung auf das Mobility-Geschäft sinnvoll scheint, zeigte nicht zuletzt die Verbesserung der Umsatzstruktur im abgelaufenen Geschäftsjahr. So entfielen auf den Bereich Software & Mobility bereits 51 Prozent des Umsatzes, im Vorjahr waren es gerade mal 18 Prozent gewesen.

Schon heute bietet die Net AG vorzugsweise Großunternehmen und dem gehobenen Mittelstand an, für sie Portale zu bauen und zu betreiben. Mit im Angebot sind zudem mobile CRM-Portale, über die Unternehmen ihre Kundenbindungen erhöhen können.

Den Aktionären gab Firmengründer Immes noch mit auf den Weg, in etwa drei Jahren einen Cash-Flow erreicht zu haben, der es ermögliche, "die Dividendenwünsche der Anleger zu bedienen", bei Akquisitionen nach wie vor vorsichtig zu Werke zu gehen und weiterhin mit Augenmaß zu wirtschaften. Ob die Kölner auch künftig eigenständig ihren Weg gehen werden, bleibt abzuwarten. Angesichts ihres niedrigen Aktienkurses ist die Net AG derzeit ein Schnäppchen. Das könnte kauflustige und finanzstarke Unternehmen dazu verleiten, sich das Treiben der Net AG genauer anzusehen. Allerdings steht einem solchen Ansinnen eine geballte Front von Altaktionären im Weg. 70 Prozent der Anteile sind in ihrem Besitz - und dies noch bis März 2002.

*Beate Kneuse ist freie Journalistin in München

Abb: Starkes Wachstum im Bereich Software & Mobility

Die Konzentration auf Mobility trägt Früchte: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Umsatz deutlich stärker als im IP-Networks-Bereich. (Quelle: Net AG)