Beschleunigung des Münchener Kabel-Pilotprojektes:

Angemessene Gerätekosten

11.07.1980

München (gr) - Das für München geplante Versuchsprojekt Kabelfernsehen soll nach Beschluß des bayerischen Ministerrates beschleunigt werden. Bei den Schritten zur Verwirklichung kommen weder die Unternehmen noch die Versuchskaninchen zu kurz. Zur Kasse bittet Bayern für den Versuch die Gemeinschaft aller Bundesländer.

Nach dem Willen des Ministerrates soll die Bundespost unverzüglich mit der Verkabelung der betroffenen Gebiete beginnen. An Netzkosten für 10 000 Haushalte veranschlagt die Bundespost weniger als 50 Millionen Mark. Die Staatskanzlei wurde beauftragt, Verträge über die Beteiligung von Rundfunkanstalten und Presse vorzubereiten. Werbung- allerdings geblockt auf bestimmte Zeiten und unter Beachtung der Interessenlage lokaler Zeitungen - ist nach einstimmigem Beschluß zugelassen. Die Staatskanzlei soll unverzüglich zusammen mit dem Finanzminsterium zusammen mit dem Finanzministerium einen Investitionsplan vorlegen. Wahrscheinlich werden sich die einmaligen Aufwendungen der Verkabelung in Höhe von 20 bis 22 Millionen Mark bewegen, die technische Zentrale dürfte zwischen 20 und 25 Millionen kosten. Die Betriebskosten wären in einer Größenordnung von acht Millionen pro Jahr zu veranschlagen, erklärt der Medienreferent der Bayerischen Staatsregierung weiter. Auch an ein Bonbon für die privaten Versuchsteilnehmer ist gedacht. Der Wirtschaftsminister zusammen mit der Staatskanzlei soll in Verhandlungen mit der geräteherstellenden Industrie wie Siemens und Grundig erreichen, daß den Teilnehmern am Pilotprojekt Endgeräte zu "versuchsadäquaten Kosten" zur Verfügung gestellt werden.

Rolf-Dieter Ring als Medienreferent zufolge lassen sich die Anschaffungskosten für den Haushalt noch nicht abschätzen. Die Betriebsgebühr werde in etwa den Fernsehgebühren entsprechen. Dem bayerischen Wunsch entsprechend soll das Bundesforschungsministerium einen Beitrag aus seinem Budget für Förderung technischer Innovationen leisten. Das BMFT müßte insgesamt rund zehn Millionen Mark für die Beschaffung der Endgeräte zur Verfügung stellen. Damit, so der Medienreferent, wären die Kosten der kleinen Serie vom Testteilnehmer und der Industrie genommen.

Der Computerfachmann und Zivilisationsschützer Joseph Weizenbaum kann sich nicht vorstellen, daß eine Verkabelung nötig ist oder irgendein drängendes Problem löst. "Die Frage nach einem Bedarf wird kaum gestellt", kritisiert Weizenbaum die neuen Medien, die seiner Ansicht nach katastrophale Fehlentwicklungen sind, die zu der "verfluchten Abstraktion" der Welt wesentlich beitragen.

Gerade die Frage nach der Akzeptanz soll der Feldversuch in den vier Städten Ludwigshafen, Dortmund, Berlin und München klären. Das zu verkabelnde Gebiet in der bayerischen Landeshauptstadt umfaßt Ring zufolge 50 000 Haushalte. Mit einer Anschlußquoten von 20 Prozent oder 10 000 Haushalten werde gerechnet. Die Realisierung dürfte noch zwei bis drei Jahre auf sich warten lassen.