Anfangs das falsche Ziel im Auge:IBMs PC AT bringt Mitbewerbern Probleme

26.10.1984

NEW YORK (CW) - Zu schaffen macht das IBM-Mikrocomputermodell "AT" nach Ansicht von Beobachtern den Mitbewerbern. Die Konkurrenz auf diesem auf rund zehn Milliarden Dollar geschätzten Markt müsse sich nun etwas einfallen lassen. Der AT sei "überraschend" billig und spreche damit einen breiten Käuferkreis an.

Eine ganze Reihe von kleinen Unternehmen mit nur einem Erzeugnis dürften durch die Ankündigung des AT wie "vor den Kopf geschlagen" sein, sagt James Lawson, Vice-President bei SCI Systems Inc., die für rund 90 Prozent der IBM PC die Leiterplatten für die CPU liefert.

Bis jetzt lagen die IBM-Mitstreiter American Telephone & Telegraph Co., Compaq, ITT, Texas Instruments und Tandy Computers gut im Rennen. Sie stellten Mikros her, die für weniger Geld mehr Leistung, Extraausrüstungen und höhere Rechengeschwindigkeiten boten als der Original-IBM-PC. Weniger bekannte "Nachahmungen von Eagle, Columbia und Corona konnten sich anfangs noch durch Ausnutzung der Lieferschwierigkeiten bei IBM und des höheren Preises halten.

Mit dem neuen "AT zielt Big Blue auch auf das Geschäft mit Büro-Computer-Networks sowie den technisch-wissenschaftlichen Bereich ab. Auch als Teil eines Multianwendersystems kann er eingesetzt werden. Nach Ansicht einiger Marktbeobachter hat das Unternehmen bereits genug Halbleiter bei Intel bestellt, um mehr als zwei Millionen

AT-Computer herstellen zu können - doppelt soviel, wie für das laufende Jahr für die fünf anderen IBM PC-Familien zusammen veranschlagt werden. Der Computerindustrieberater Douglas Cayne von der Gartner-Gruppe schätzt, daß der Absatz des neuen PC innerhalb eines Jahres den Verkauf des Original-PC und des XT-Modells zusammen übersteigen wird.

Nach Berechnungen der Future Computing Inc. beherrschen der IBM PC und seine Nachahmer rund 60 Prozent des 9,9-Milliarden-Dollar-Hardwaremarktes und waren in ähnlichem Umfang (1,3 Milliarden Dollar) an den Softwareumsätzen von 2,2 Milliarden Dollar im laufenden Jahr beteiligt. Schon daran lasse sich erkennen, wie ein neues wichtiges

IBM-Produkt die Branche beeinflußt.

So werden industrieweit die Preise zurückgehen, zum Teil deshalb, weil auch die

IBM-PC-Produktion durch den neuen Rechner aus dem eigenen Haus unter Druck gerät. In der Annahme, daß versucht werden wird, den gesamten IBM-PC-Absatz auch weiterhin auszubauen, dürfte es wegen der überlappenden Preise zu einem Krieg zwischen den fünf Familien kommen. So können die Kunden beispielsweise anstatt des 4275 Dollar teuren "Harddisk"-Modells für ein Drittel mehr den AT kaufen, der eine doppelt so hohe Rechengeschwindigkeit und Speicherkapazität bietet.