Outsourcing-Deal über zehn Jahre erwies sich als unrealistisch

Andersen verliert Großauftrag von Sears

07.11.1997

Auf umgerechnet fast eine Milliarde Mark (344 Millionen Pfund) beziffert der britische Informationsdienst "Computergram" den Wert des Abkommens, das im Januar des vergangenen Jahres für eine Laufzeit von zehn Jahren getroffen wurde. Darin verpflichtete sich Andersen Consulting, die IT-Aktivitäten der Sears Plc. zentral zusammenzufassen und anschließend auch zu betreiben.

Der erste Teil dieser Abmachung ist erfüllt. In Leicester hat Andersen Consulting eine IT-Zentrale für das Handelsunternehmen installiert. Unklar ist derzeit jedoch, wen die 200 dort beschäftigten Datenverarbeiter künftig bedienen werden, denn Sears ist dabei, sein Gesicht gründlich zu verändern: Das angeschlagene Handelsimperium, das einen Jahresumsatz von rund zwei Milliarden Pfund (knapp sechs Milliarden Mark) ausweist, wird voraussichtlich große Unternehmensteile veräußern - darunter die Kaufhauskette Selfridge's, die allein 15 Prozent zu den Gesamteinnahmen beiträgt. Sein Versandgeschäft und die angeschlossenen Schuhläden will Sears ebenfalls abstoßen.

Dieser Schrumpfungsprozeß verändert auch die Ausgangsbasis für den Vertrag zwischen Sears und Andersen Consulting. Nach Angaben von David Martin, Pressesprecher in der Londoner Niederlassung des Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens, verhandeln die beiden Parteien derzeit, ob und wie das Abkommen unter den geänderten Bedingungen weitergeführt werden könne.

Selbstverständlich könne Andersen Consulting stur auf Vertragserfüllung bestehen. "Aber das werden wir sicher nicht tun", wagt Martin zu prognostizieren.

Der Fall Sears wirft die Frage auf, welchen Sinn und Zweck die teilweise extrem langfristigen Outsourcing-Verträge eigentlich haben, wenn die schnellebigen Märkte die Kundenunternehmen zwingen, ihre Strukturen laufend den Gegebenheiten anzupassen. Mit einer Antwort auf diese "quasi philosophische Frage" hielt sich der Andersen-Sprecher dezent zurück.

Als Sears im Januar des vergangenen Jahres daran ging, seine IT-Organisation auszulagern, kostete das, so "Computergram", nicht nur ein Drittel der Informatik-Belegschaft den Arbeitsplatz. Vielmehr habe das Unternehmen auch umgerechnet 100 Millionen Mark aufbringen müssen, um die neue Organisation einzuführen. Diese Investition sollte sich den Planungen zufolge durch jährliche Einsparungen in Höhe von etwa 40 Millionen Mark bis zum Jahr 2000 amortisiert haben. Jetzt sieht es so aus, als behielten diejenigen recht, die schon damals vor einem Verlust der unternehmerischen Flexibilität durch langfristige Outsourcing-Verträge gewarnt hatten.