Analysten zweifeln am Erfolg Apple geraet wegen technischer Probleme mit Opendoc in Verzug

10.02.1995

SAN MATEO (IDG) - Apple verschiebt die Auslieferung seiner "Opendoc"-Komponenten um sechs Monate. An der Software- Architektur, gedacht fuer den Austausch von zusammengesetzten Dokumenten in verteilten Umgebungen, sind ausserdem Novell und IBM beteiligt. Fuer ein groesseres Problem als die Verspaetung halten Analystem allerdings die fehlende Begeisterung der Software- Anbieter fuer den OLE-Konkurrenten in spe.

Nach Angaben der Apple Computer Inc. gab es Schwierigkeiten bei der Konvertierung der Objektbibliothek "Apple Shared Manager", die an den Linking-Mechanismus Systems Object Model (SOM) der IBM angepasst werden muss. Gina Centoni, Opendoc-Projekt-Managerin bei Apple: "Die Aufgabe erwies sich als wesentlich komplexer als erwartet." Sie fuegt hinzu, dass auch die Technologie zur Automation der verteilten Tasks noch fertiggestellt werden muesse.

Zu der Opendoc-Architektur, die von allen drei Firmen gemeinsam entwickelt wird, traegt Apple die Programmier-Schnittstellen, die Speichertechnik fuer die Komponenten namens "Bento" sowie den Macintosh-Port bei. Nun will das Unternehmen ab Mai eine Version mit allen Features anbieten, so dass die Independent Software Vendors (ISVs) mit Eigenentwicklungen beginnen koennten. Allerdings wird keinerlei Garantie fuer die Stabilitaet uebernommen, so dass das Release die Bezeichnung Beta nicht verdient.

Eigentlich haette Opendoc, das gegen die weit verbreitete Microsoft-Technologie Object Linking and Embedding (OLE) positioniert ist, im November als Beta-Release auf dem Markt sein sollen und im Fruehjahr dieses Jahres als Produkt. Amerikanische Analysten vermuten allerdings mehr als nur technische Probleme: "Opendoc ist ein Standard, der durch die grosse Verbreitung von OLE bereits sinnlos geworden ist", so Dan Kuznetzky, Analyst bei der International Data Corp. (IDC) in Framingham, Massachusetts. "Die einzigen, die sich noch darum sorgen, sind IBM und Apple und wer sich sonst auch immer zu Opendoc bekannt haben mag. Doch hat das ueberhaupt jemand getan?"

Das Gegenargument lautet, OLE eigne sich zwar hervorragend fuer Windows-Systeme, aber nicht fuer heterogene Umgebungen. Hier liegt nach Angaben der Anbieter die Staerke von Opendoc. IBM kommentierte, SOM sei jedenfalls fertig. Bill Kesselring, Opendoc- Manager bei Novell, erlaeutert, man haette ohnehin vorgehabt, das erste komplette Release im Mai auf den Markt zu bringen. ISV Adobe Systems Inc. liess sogar verlauten, das Unternehmen stehe weiterhin zu Open-doc und werde seine Grafikanwendungen darauf hinentwickeln.