Analysten sind noch nicht restlos überzeugtIBMApple: Abkommen perfekt Produkte aber noch in weiter Ferne

11.10.1991

SAN FRANZISKO (jm) - Die im Juni 1991 abgegebene Absichtserklärung zwischen der IBM und Apple unter Beteiligung von Motorola ist wasserdicht: Ziel der gemeinsamen Anstrengungen sind Technologieabkommen, die die Entwicklung sowohl einer neuen objektorientierten Systemplattform, als auch der Umgebung "Poweropen" - einer Zusammenfassung der beiden Unix-Derivate AIX und A/UX - beinhalten. Ferner sollen IBMs Power-RISC-CPU zum Power-PC-Chip weiterentwickelt sowie zwei Joint-ventures abgeschlossen werden.

Teil der gemeinsamen Vereinbarungen ist auch ein gegen seitiger Lizenzaustausch für Patente und Bildschirmdarstellungen, einschließlich einer "Teillizenz" ("limited license") für die Macintosh-Bildschirmanzeige.

Was etwas undeutlich klingen könnte, wird von Insidern dahingehend verstanden, daß die IBM für die Mac-Benutzeroberfläche nun eine Lizenz erworben hat. Auf Anfrage bestritt die deutsche Apple-Sprecherin Renate Knüfer dies gegenüber der COMPUTERWOCHE entschieden: "Das ist definitiv nicht so." IBM-Sprecher Gerhard Feucht verneinte ebenfalls: "Diese Lizenzierung betrifft nur einige Teilfunktionen der Mac-Oberfläche wie etwa Farbwahlmöglichkeiten."

Mac Jeffery hingegen, Big Blues Sprecher in Armonk, legte das Abkommen gegenüber der COMPUTERWOCHE etwas anders aus: "Nach meinem Verständnis haben wir die Lizenz für die Mac-Oberfläche sehr wohl erhalten. Der Ausdruck ,begrenzt' meint lediglich, daß die IBM die Apple-GUI nicht auf allen ihren Hardwareplattformen einsetzen darf."

Amerikanische Branchenkenner streiten sich nun, ob sich Big Blue auf die Seite von Digital Research stellt, um der Bill-Gates-Company einen Hieb zu versetzen. "Microsoft hat klar gesagt, daß sie ohne IBM auskommen. Ihre Systemsoftware-Strategie läuft entgegen der von Big Blue", äußerte ein Marktkenner. Dies könne IBM, die sich im PC-Betriebssystem-Markt selbst wieder etablieren wolle, nicht dulden. Daher scheint es nicht verwunderlich, daß man sich in Armonk nach einem anderen Betriebssystem-Lieferanten umschaut. DR DOS 6.0 biete hier eine gute Alternative, sagen Fachleute - vor allem, nachdem der Deal zwischen Novell und DR fast perfekt sei.

IBM plant jedoch nicht, MS-DOS aus der Angebotspalette zu verbannen. Lieber würde man DR DOS 6.0 zusammen mit MS-DOS 5.0 anbieten, heißt es bei Big Blue. Wie aus IBM-Kreisen zu erfahren war, habe man in Armonk konkrete Pläne, die Speicherverwaltungs-Funktionen von DR DOS 6.0 zu lizenzieren, um die DOS-Unterstützung, von OS/2 2 x. zu verbessern. Damit stehe den OS/2-Anwendern mehr Speicher für ihre DOS-Applikationen zur Verfügung. DR DOS 6.0 biete in diesen Fall, verglichen mit MS-DOS 5.0, die bessere Unterstützung von OS/2 2.0, meinen DV-lnsider.