RISC-Anbieter wollen in kommerziellen Markt, doch

Analysten halten Netz-Server mit CICS-CPU für ausreichend

25.09.1992

FRAMINGHAM (IDG) - Technische Anwendungen sind immer noch die Domäne von RISC-Maschinen. Doch die Workstation-Anbieter versuchen, die RISC-basierten Systeme als Netz-Server zu lancieren. Analysten sehen aber derzeit keinen zwingenden Grund, warum Anwender CICS-Rechner durch RISC-Computer ablösen sollten.

Aggressiv gehen die Hersteller von RISC-Systemen jetzt den kommerziellen Markt an, beobachtet die CW-Schwesterpublikation "Computerworld". Dabei sollen die zuerst für technische Aufgaben konzipierten Rechner den kommerziellen Nutzern als Netz-Server schmackhaft gemacht werden. Immer mehr Workstation-Anbieter erklären, LAN-Betriebssysteme wie Netware oder den LAN Manager auf die RISC-Plattformen zu portieren. Realität ist davon jedoch noch wenig, stellt das US-Fachblatt fest. Die Unix-basierte Netzsoftware wird bei vielen Herstellern nicht vor 1993 verfügbar sein.

Zu den Anbietern, die bereits Produkte aufweisen können, zählt offenbar Sun. Für die Sparc-Workstations und das Solaris-Betriebssystem ist das Novell-Produkt "Netware for Unix" bereits auf dem Markt.

Anfang 1993 soll auch eine Version für die IBM-Maschine RS/6000 erhältlich sein. Die IBM zieht damit also das Fremdprodukt Netware dem eigenen Netzwerk-Betriebssystem Lanserver vor, woraus sich Rückschlüsse auf die künftige Strategie der Armonker in bezug auf das Netz-Betriebssystem ziehen lassen.

In der Gerüchteküche munkelt man davon, daß sich Big Blue von der abgespeckten LAN-Manager-Version Lanserver verabschieden will. Außerdem ist auch HP dabei, Netware for Unix auf die PARISC-Plattform zu portieren, und zwar native. Kommt das Produkt wie geplant 1993 auf den Markt, handelt es sich dem Fachblatt zufolge um die erste Native-Netware-Implementation auf einem Nicht-Intel-Chip.

Ebenfalls starker Nachfrage seitens der RISC-Maschinenhersteller erfreut sich den Informationen zufolge auch das Netz-Betriebssystem LAN Manager von Microsoft. So zählt die AT&T-Tochter NCR bereits zu den Anbietern einer Unix-Version des LAN Managers, die auf dem Mips-basierten "System 7000" läuft. Auch Data General und Dansk Data Electronic schlugen sich auf die Seite von Microsoft.

Beide sollen gerade dabei sein, das Netz-Betriebssystem der Bill-Gates-Company auf ihre Motorola-basierten RISC-Systeme zu portieren. Es drängt sich jedoch die Frage auf, ob Microsoft in Zukunft noch hinter dem LAN Manager steht. Durch Windows NT, das die Funktionen eines Netz-Betriebssystems bieten soll, wird ein separates Netz-Betriebssystem vom gleichen Hersteller eigentlich obsolet.

Daß RISC-Maschinen im Vergleich zu Intel-basierten Systemen den idealen LAN-Server darstellen, begründen deren Befürworter zum einen mit dem hohen I/O-Durchsatz, der durch das Multibus-Design der Rechner realisiert wird. Zum anderen beschleunige die hohe Prozessorgeschwindigkeit - bis zu 100 Megahertz Taktrate - die Datenverarbeitung. Diese Vorteile kämen besonders bei großen LANs oder verarbeitungsintensiven Anwendungen zum Tragen.

Scharfer Wettbewerb im Workstation-Markt

Einen weiteren Aspekt nennt John Dubiel von der Boston Edison Co., der plant, Netware für die RS/6000 einzusetzen, wenn das Programm am Markt verfügbar ist. "Novells Preise hängen von der Zahl der gleichzeitigen Nutzer ab. Das sowie die Kalkulation der Support-Kosten zwingen zu wenigeren, größeren Servern", erläutert Dubiel.

Kaum ein Branchenkenner bestreitet, daß die RISC-Maschinen in den letzten zwei Jahren leistungsfähiger und günstiger geworden sind, berichtet die "Computerworld". So registriert beispielsweise der Workgroup-Technology-Analyst Steve Widen, daß die Workstation-Anbieter, angetrieben vom harten Wettbewerb in den letzten Jahren, Verbesserungen des Preis-Leistungs-Verhältnisses um 50 bis 100 Prozent vorgenommen haben. Vor allem Sun Microsystems, IBM, HP und DEC würden sich in diesem Segment mit aller Gewalt bekämpfen.

Dennoch sieht Bob Buchanan, Vice-President des Benchmark-Labors Lanquest, bei den vorhandenen Anwendungen momentan keinen Bedarf für die Prozessorleistung von RISC-Systemen. Er geht aber davon aus, daß Anwendungen kommen werden, die diese Leistung benötigen. Trotzdem halten es Branchenkenner für möglich, daß Intel-basierte Superserver die Vorteile von RISC-Systemen ausgleichen.