Konsolidierung kann Innovationen hemmen

Analysten äußern Besorgnis über Virenschutz-Monopole

19.11.1998
TORONTO (IDG) - Beobachter hegen gemischte Gefühle, was die Konsolidierung im Antiviren-Markt betrifft. Die großen Anbieter Network Associates und Symantec, die im Laufe des letzten Jahres vor allem durch Firmenübernahmen von sich reden gemacht haben, zielen mit ihren Lösungen verstärkt auf das Enterprise-Segment. Antiviren-Tools liefen dadurch Gefahr, so die Befürchtung einiger Analysten, in puncto Innovation auf der Strecke zu bleiben.

Die Konsolidierung im Virenschutz-Bereich vollzog sich Schritt für Schritt: Symantec kaufte Lizenzrechte an IBMs Sicherheits-Tools im Mai 1998, einen Monat später erwarb Network Associates die Dr-Solomon''s-Gruppe für 640 Millionen Dollar. Im vergangenen September sorgte Symantec erneut für Gesprächsstoff, als das Unternehmen die Antiviren-Produkte der "Landesk"-Management-Suite von Intel übernahm. Inzwischen sind die beiden Spezialisten damit beschäftigt, die unterschiedlichen Lösungen zu verdauen und integrierte Produkte auf den Markt zu bringen.

Nahum Goldmann, Chef des Security-Beratungsunternehmens ADD Securenet aus dem kanadischen Ottawa, kritisiert die Marktkonzentration auf zwei übermächtige Anbieter. Er sei sehr beunruhigt, wenn weniger als ein halbes Dutzend Unternehmen in einem derart kritischen Segment forschen würde.

Es biete ohnehin keine Lösung einen 100prozentigen Schutz vor Viren, zumal jederzeit neue Infektionsformen entstehen würden. So seien Makroviren vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen, heute jedoch gehörten sie zum Computeralltag. Ein Risiko entstünde Goldmann zufolge dadurch, daß die Großen der Branche ihr Hauptinteresse darauf verlegen, einen Fuß in das Enterprise-Segment zu setzen.

In das gleiche Horn stößt Jonathan Wheat, Analyst bei dem amerikanischen Sicherheitsdienstleister Icsa. Je weniger Anbieter, desto geringer die Auswahl, so sein Credo. Darüber hinaus liefen Network Associates und Symantec Gefahr, daß sich der Schwerpunkt ihrer Arbeit allein wegen der Größe der Firmen und der Verbreitung ihrer Tools in Richtung Kundensupport verschieben würde. Die Forschung und Entwicklung könnten dabei an den Rand gedrängt werden.

John Rombough hingegen hält es für verfrüht, angesichtes der Marktkonsolidierung in einem Atemzug auf unzureichende Produkte zu schließen. Der Sicherheitsbeauftragte der Toronto-Dominion-Bank ist jedoch besorgt darüber, daß die Branche aufgrund dieser Entwicklung in eine Monopolsituation hineinsteuern könnte. Monopole, so sein Fazit, tendierten zu einem sorglosen Umgang mit der Realität, was für gewöhnlich Probleme bei den Anwendern hervorrufen würde.

Viren-Tools

Network Associates, München, hat unlängst die neue Version der Antiviren-Suite "Total Virus Defense" (TVD) vorgestellt. Sie setzt sich aus den Tools "Virusscan 4.0 Enterprise Edition", "Groupshield 4.0" für die Groupware-Systeme Exchange und Notes sowie aus "Webshield" für Internet-Zugänge zusammen.

Symantec will noch in diesem Jahr eine Version von "Norton Antivirus" für die Anwender von "Tivoli Enterprise" auf den Markt bringen. Laut dem Anbieter mit deutscher Niederlassung in Ratingen läßt sich damit ein unternehmensweiter Virenschutz zentral steuern.