Selbstmordserie

Analyse belastet France-Télécom-Chefs

16.12.2009
Von pte pte
Eine Untersuchung der beispiellosen Selbstmordserie beim französischen Telekommunikationsriesen France Télécom hat die Konzernspitze schwer belastet.
Die Zentrale von France Télécom in Paris
Die Zentrale von France Télécom in Paris
Foto: orange,France Telecom

Der Freitod von 32 Mitarbeitern innerhalb der vergangenen beiden Jahre ist mitunter auf das "brutale Betriebsklima" in dem Unternehmen zurückzuführen, attestiert die Analyse der Unternehmensberatung Technologia. Das Management der Orange-Mutter habe somit versagt und trage Mitschuld an den Suiziden.

"Wenn Freitode derart gehäuft in einem einzelnen Unternehmen vorkommen und selbst die Konzernleitung einen Handlungsbedarf erkennt, sind die Vorwürfe ihrer Mitschuld durchaus nachvollziehbar", meint Psychologe und Stressexperte Gerd Wenninger im Gespräch mit pressetext. Angesichts der Häufigkeit von Selbstmorden hatte die Konzernspitze Gesprächsbereitschaft etwa mit den Gewerkschaften signalisiert und Untersuchungen angekündigt.

Die Welle an Suiziden hat nicht nur die Belegschaft des im Vorjahr 186.000 Mitarbeiter zählenden nationalen Telekommarktführers erschüttert. Allein in Frankreich sind rund 102.000 Personen beschäftigt. Über 80.000 davon haben der Konzernführung nun ein mehr als schlechtes Zeugnis ausgestellt. Zuvor klagten in ihren Abschiedbriefen bereits einige Betroffene der Selbstmorde die France Télécom der Mitschuld an ihrer Entscheidung für den Freitod an.

Der Technologia-Untersuchung war eine Kontroverse über die mediale Berichterstattung über die Suizidserie vorausgegangen. Kritiker hatten bemängelt, die Häufigkeit der Selbstmorde werde angesichts der hohen Mitarbeiterzahl übertrieben dargestellt. So liegt das Unternehmen mit 14 Freitoden pro Jahr unter dem nationalen Durchschnittswert von 18 Suiziden pro 100.000 Einwohner.

Dem Experten zufolge ist eine derartige Gegenüberstellung jedoch bedenklich. "Suizidgefährdet sind in der Regel besonders ältere und kranke Menschen, die die Statistik bestimmen. Bei der France Télécom waren hingegen hauptsächlich gesunde und leistungsfähige Personen betroffen", unterstreicht Wenninger gegenüber pressetext.

Der Vorwurf von Stress und schlechten Arbeitsbedingungen kommt zudem nunmehr von der überwiegenden Mehrheit der Mitarbeiter. Während noch vor fünf Jahren rund 95 Prozent stolz darauf gewesen seien, bei der France Télécom beschäftigt zu sein, treffe dies heute nur mehr auf 39 Prozent zu. (pte)