Isaca-Untersuchung

Zwei Drittel der Unternehmen kennt ihren IT-Wertbeitrag nicht

06.08.2009 von Jan-Bernd Meyer
Eine Umfrage von Isaca in neun Ländern ergab, dass der Wertbeitrag der IT in zwei Dritteln aller Unternehmen nicht gemessen wird.

Abgehalten hat die Studie die Information Systems Audit and Control Association (Isaca), ein Berufsverband mit über 86000 Mitgliedern aus den Berufsfeldern IT-Governance, Informationssicherheit und IT-Assurance.

Nach der unter 1217 Teilnehmern aus neun Ländern durchgeführten Umfrage gehen Unternehmen weltweit davon aus, dass sie aus den IT-Investitionen einen Wertbeitrag realisieren. Einerseits.

Andererseits hat aber weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen ein gemeinsames internes Verständnis zum Begriff "Wertbeitrag" (Value). Noch bedenkenswerter: Zwei Drittel der Unternehmen messen den von der IT stammenden Wertbeitrag überhaupt nicht.

Massive Wertvernichtung

Die Umfrage "Value of IT Investments" ergab unter anderem : Die Hälfte der Teilnehmer glaubt, dass zwischen 50 und 74 Prozent des erwarteten Wertbeitrags aus IT-Investitionen zu realisieren seien, 25 Prozent der Befragten gehen gar von 75 bis 100 Prozent aus. Bei der Frage, ob sie den tatsächlichen Wert denn wenigstens "bis zu einem gewissen Grade" messen würden, musste die Hälfte der Umfrageteilnehmer passen. Jedes zehnte Unternehmen nimmt gar keine Messungen vor.

IT-Wertbeitrag
Rolle und Bedeutung der IT
Dass die IT für den Unternehmenserfolg wichtig ist, steht generell außer Frage. Das wollten weder die 1200 Teilnehmer am COMPUTERWOCHE-Selfcheck noch die 60 von Boydak Management Consulting befragten C-Level-Manager bestreiten.
Mit der Kür hapert es jedoch
Drei Viertel der Befragten sehen in der IT einen reinen Erfüllungsgehilfen. Das heißt im Umkehrschluss: Nur ein Viertel mag die IT-Abteilung als proaktiv bezeichnen.
Ist die IT ein Business Value Creator?
Auch wenn die meisten Umfrageteilnehmer die IT zumindest in Teilbereichen für eine Kernkompetenz des Unternehmens in Sachen Wertschöpfung halten - als einen "echten" Business Value Creator will nur ein Drittel sie bezeichnen.
Die Pflicht im Griff
Was den alltäglichen Betrieb angeht, so können sich die IT-Abteilungen auf die virtuelle Schulter klopfen: Sieben von zehn Befragten sind mit der Leistung zufrieden. Aber damit kann kein CIO einen Blumentopf gewinnen.
Das Business verpasst Chancen
Knapp zwei Drittel der Befragten räumten ein, dass die Chancen und Potenziale der Technik in der Geschäftsstrategie vernachlässigt werden. In diesem Fall kann die IT auch nicht viel ausrichten.
Portfolio-Management fehlt häufig
Voraussetzung für eine konsequente Wertorientierung ist ein funktionierendes Projekt-Portfolio-Management. Leider fehlt es offenbar in zwei von drei Unternehmen.
Kein Budget für Innovationen
Die Tatsache, dass die IT vielfach für reaktiv gehalten wird, lässt sich zum Teil sicher darauf zurückführen, dass sie kaum Geld für Innovationen hat. In den meisten Fällen ist höchstens ein Viertel des Projektbudgets dafür reserviert.
Effektivität der IT-Prozesse fraglich
Ganze 23 Prozent der Befragten gaben an, die Effektivität der IT-Prozesse zu messen und zu beobachten. Die Mehrheit tappt in dieser Hinsicht im Dunkeln.
Wertbeitrag - welcher Wertbeitrag?
Nur eins von fünf Unternehmen misst den Nutzen der IT aus Sicht des Business. Wie sollen die IT-Verantwortlich da nachweisen, dass sie einen guten Job machen?
Topmanagement hält die IT für zu teuer
Die Folgen sind zwangsläufig: Mehr als die Hälfte der von Boydak befragten Topmanager ist der Ansicht, die IT koste mehr als sie bringe.

Rolf von Rössing, International Vice President der Isaca, kommentiert die Ergebnisse so: "Diese Umfrage zeigt die Gefahr massiver Wertvernichtung durch nicht vollständig überschaubare Investitionen in der IT." Die fehlende Messbarkeit würde "irreführende und nicht verlässliche Business Cases" produzieren. Im Endeffekt werden so auch Projekte freigegeben, "die im Unternehmen keinen Wert schaffen."

Warum Investitionen? Keine Ahnung.

Isaca-Mann John Thorp sagt zu den Erkenntnissen der Umfrage: "Die Ergebnisse bestätigen die Beobachtungen aus früheren Studien. Die meisten Unternehmen glauben, dass die IT einen Beitrag zur Wertschöpfung erbringt. Aber wenige haben eine klare Vorstellung davon, was "Wertschöpfung" bedeutet - und noch weniger messen sie."

Hier stelle sich die Frage, so Thorp, auf welcher Grundlage in Unternehmen überhaupt Investitionsentscheidungen getroffen werden. Firmen, die den Wertbeitrag nicht messen, könnten nicht zwischen erfolgreichen und schwachen Investitionsvorhaben unterscheiden. Sie würden deshalb Umsatz verschenken, erfolglose Investmentstrategien verfolgen und mögliche Wettbewerbsvorteile vernachlässigen.

Bauchentscheidungen des Managements

"Die meisten Entscheidungen in Sachen Wertschöpfung aus der IT sind subjektiv und werden aus dem Bauch getroffen, nicht aufgrund von Tatsachen. Unternehmen werden nie den vollen Wertbeitrag der IT realisieren, wenn sie nicht effektives Value-Management betreiben und die Verantwortung dafür beim Vorstand und nicht beim CIO ansiedeln", so Thorp weiter.

Die Verantwortung für den Return on Investment (RoI) für zunehmend größere und komplexere IT-Investitionen liegt 49 Prozent der Umfrageteilnehmer beim CIO oder IT-Manager. Nur in 15 Prozent der Unternehmen ist diese Verantwortung auf Vorstandsebene angesiedelt, in elf Prozent der Fälle beim CEO und in neun Prozent der Fälle beim Finanzvorstand. Immerhin noch acht Prozent der befragten Unternehmen gab an, "niemand" habe die Verantwortung für den RoI von IT-Investitionen - ein bemerkenswertes Ergebnis.

An der Isaca-Befragung nahmen Teilnehmer aus Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Hong Kong, Kanada, Indien, Mexiko und aus den USA teil. (jm)