Aberdeen-Studie zur Virtualisierung

Zu wenig Private Clouds

29.06.2012 von Holger Eriksdotter
Zwar schreitet die Virtualisierung der Serverlandschaften merklich voran, aber die meisten Unternehmen schöpfen das Potenzial der Technologie nicht aus: Weniger als ein Viertel der Anwender nutzen bisher ihre virtualisierte Serverlandschaft zum Aufbau einer Private Cloud.

Anwender adressieren mit Virtualisierungstechnologien vor allem klassische Aufgaben der IT-Administration. Ganz oben auf der Liste der Ziele, die mit Virtualisierung erreicht werden sollen, stehen deshalb eine bessere Auslastung der Hardware-Ressourcen sowie die Themen Ausfallsicherheit, Hochverfügbarkeit und die einfachere Migration von Anwendungen im laufenden Betrieb.

Dabei sind es zurzeit noch die so genannten „Tier 2“-Anwendungen wie Test- und Entwicklungsumgebungen, Web-Applikationen oder Unterstützungsfunktionen, die vorrangig auf virtualisierte Server verlagert werden. Zwar laufen unterdessen bei vielen Unternehmen auch „Tier 1 Anwendungen“ in virtuellen Umgebungen - geschäftskritische Applikationen, E-Mail, Datenbanken oder Server für Desaster-Recovery. Der Anteil ist bisher allerdings noch deutlich geringer.

Foto: Aberdeen Group

Insgesamt hat der Einsatz von Virtualisierungstechnologien deutlich zugenommen. Nach der jüngsten jährlichen Erhebung des auf IT spezialisierten Marktforschers Aberdeen Group wird in den Unternehmen bereits jede zweite Applikation auf einem virtuellen Server ausgeführt. Trotz der inzwischen großflächigen Verbreitung läge aber ein großer Teil des Potenzials der Virtualisierungstechnologie noch weitgehend brach, merken die Analysten von Aberdeen kritisch an – und zielen damit auf den bisher vergleichsweise geringen Einsatz von Private Clouds.

Denn die Unternehmen schafften mit virtualisierten Serverlandschaften alle Voraussetzungen, um die IT von Kostenstelle und Unterstützungsfunktion zu einer echten Business-Unit zu machen, die aktiv zum Geschäftserfolg beiträgt. Allerdings zögerten sie in den meisten Fällen aber noch, den folgerichtigen nächsten Schritt zu tun: den Aufbau einer Private Cloud. Erst damit ließe sich ein Set an Funktionen erschließen, das über den Rahmen traditioneller IT-Aufgaben hinaus den Wertbeitrag der IT sichtbar verbessert.

Mehr als technische Virtualisierung

Die Aberdeen-Autoren beziehen sich auf die Definition von Cloud Computing des amerikanischen Nation Institut of Standards and Technology (NIST-Definition). Sie nennen folgende Merkmale einer Private Cloud, die einer virtualisierten Infrastruktur bedürfen, aber über eine rein technische Virtualisierung hinausgingen:

„Das Cloud-Konzept unterscheidet sich wesentlich von der Rolle der klassischen Unternehmens-IT; Virtualisierung ist dabei eine der wichtigsten Voraussetzungen“, schreiben die Aberdeen-Autoren.

Für ihre Studie haben sie weltweit 137 IT-Manager nach dem Stand von Virtualisierung und Private Clouds in ihren Unternehmen befragt. Das Ergebnis: Während die große Mehrzahl der Befragten bereits in irgendeiner Form auf Virtualisierungstechnologien zurückgreift, liegt der Ausbau von unternehmensinternen Cloud-Architekturen noch weit dahinter zurück. Lediglich ein Viertel der Umfrageteilnehmer nutzt die weitergehenden Möglichkeiten, die sich aus Cloud-Architekturen ergeben.

Verschenktes Potenzial

Am häufigsten setzen IT-Abteilungen bisher Virtualisierungstechnologien ein, um die Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit ihrer IT-Infrastruktur zu verbessern. Dabei geht es darum, dass bei einem Fehler in einer Applikation diese automatisch auf einem anderen virtuellen Server neu gestartet wird oder bei einem Hardware-Fehler mehre Applikationen im laufenden Betrieb auf andere Server oder in ein anderes Rechenzentrum verlagert werden. Rund 70 Prozent der Befragten nannten das als wichtigsten Grund.

Foto: Aberdeen Group

60 Prozent der Umfrageteilnehmer setzen Virtualisierungstechnologien für das Infrastruktur-Management im Bereich Kapazitäts- und Storage-Planung sowie für virtuelle Security-Software ein. Zwischen 30 und 40 Prozent der Befragten nutzen Applikationen für das Workflow-Management. Dazu gehören etwa die automatische Provisionierung (das Zuteilen von CPU-Leistung und Arbeitsspeicher für virtuelle Maschinen zur Laufzeit), Stage Management (wie etwa das Klonen produktiver Server für Test und Entwicklung) sowie Workload Balancing zur Leistungsverteilung virtueller Applikationen über die Grenzen verschiedener Hardware-Pools hinweg.

„Diese Optionen sind wichtig und leisten einen erheblichen Beitrag zur Flexibilisierung der Enterprise-IT“, resümieren die Studienautoren. „Allerdings ändert sich damit nicht grundsätzlich das Verhältnis der IT-Abteilung zum Rest des Unternehmens.“ Um die IT aus der Rolle des Kostenverursachers herauszuholen und einen sichtbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten, müssten die Unternehmen den nächsten Schritt tun und ihre ohnehin virtualisierten Infrastrukturen zu Public Clouds ausbauen.