Nach einer langen und aufwendigen Entwicklung plant SAP, die ERP-Software "Business ByDesign" Mitte des Jahres in den Markt einzuführen. Mit dem Produkt stellt der Softwarekonzern eine integrierte Business-Software als Software as a Service (SaaS) oder on Demand zur Verfügung, mit der Unternehmen ihre Geschäftsprozesse über standardisierte Abläufe unterstützen können. Nutzer sollen in der Lage sein, diese Geschäftsapplikation in kurzer Zeit (zwei bis vier Monate) und ohne Ausbau der eigenen IT-Infrastruktur in Betrieb zu nehmen.
Die SaaS-Lösung stellt einem Unternehmen einen Satz an vorgefertigten und miteinander integrierten Funktionen sowie die Ablaufumgebung und die für den Betrieb erforderlichen Dienstleistungen bereit. Der Kunde zahlt dafür einen monatlichen Betrag pro Nutzer. Die Gebühr je Anwender richtet sich nach den bereitgestellten Programmfunktionen.
Business ByDesign in Kürze
- Die betriebswirtschaftliche Software soll auf Mietbasis zur Verfügung stehen.
- Sie wird komplett in einem externen Rechenzentrum betrieben.
- Der Zugriff erfolgt über einen Web-Browser und via Internet.
- Die Software bietet Standardfunktionen für betriebswirtschaftliche Prozesse inklusive Berichtswesen.
- Die Anwender zahlen eine monatliche Gebühr pro Nutzer.
Wie ist Business ByDesign aufgebaut?
Die Systemumgebung wurde speziell für die SaaS-Anwendung entwickelt und besteht unter anderem aus Linux, der SAP-eigenen Datenbank "SAP DB" und der Applikation, die in der SAP-Programmiersprache "Abap" entwickelt wird. Alle Kunden verwenden die gleiche Infrastruktur, wobei sie über eine nur für sie zugängliche Umgebung verfügen. Dies ist erforderlich, da Firmen ja unterschiedliche Einstellungen der Software benötigen. Der einzelne Anwender sieht von der Infrastruktur nichts, da er das Programm über das Internet per Browser bedient. Für die dynamische Darstellung der Informationsinhalte nutzt die SaaS-Software die Frontend-Technik "Silverlight" von Microsoft.
Über welche Funktionen verfügt Business ByDesign?
Die SaaS-basierende Business-Software stellt Funktionen für folgende Bereiche bereit:
• Finanzbuchhaltung,
• Personalverwaltung,
• Verwaltung von Kundenbeziehungen (Customer-Relationship-Management),
• Lieferkettensteuerung (Supply-Chain-Management),
• Projektverwaltung,
• Beschaffung und Lieferantenverwaltung (Supplier-Relationship-Management),
• Einhaltung gesetzlicher Auflagen (Compliance-Management) und
• Unternehmenssteuerung.
Der Funktionsumfang deckt die betriebswirtschaftlichen Aufgaben in einem Unternehmen über standardisierte Prozesse ab. Die Lösung automatisiert zudem viele Tätigkeiten und hilft dabei, über das integrierte Berichtswesen die geschäftliche Situation besser einzuschätzen. Dazu stellt die Software vorgefertigte Berichte bereit. Nicht enthalten sind branchenspezifische Anforderungen.
Der Bereich Personalverwaltung umfasst nicht die Lohn- und Gehaltsabrechnung. In Deutschland können Nutzer der SAP-Software das Lohnabrechnungssystem der Datev über eine Schnittstelle einbinden.
Für welche Firmen eignet es sich?
Die Lösung eignet sich für Firmen, die beispielsweise ein Altsystem ablösen oder erstmals eine integrierte Business-Applikation einführen wollen. SAP verspricht einen schnellen Einstieg zu weitaus geringeren Implementierungskosten als bei lokal installierter Software, da der technische Aufbau der IT-Infrastruktur entfällt.
Eine auf eine Branche spezialisierte Software mit tiefgehendem Funktionsumfang (beispielsweise zur Produktion von chemischen oder pharmazeutischen Produkten) wird man mit SAP Business ByDesign derzeit kaum ablösen können. Ebenso wenig ist die SAP-Lösung in ihrer jetzigen Form für umfangreiche kundenspezifische Anpassungen nebst Modifikation der Software vorgesehen.
SaaS oder Cloud?
Cloud Computing bezeichnet den zentralen Betrieb einer virtualisierten, automatisierten und Service-orientierten IT-Infrastruktur. Sie erlaubt es, Ressourcen, Dienste und Anwendungen Nutzern über ein Netz oder das Internet flexibel zur Verfügung zu stellen und verbrauchsbezogen abzurechnen.
Software as a Service (SaaS) beinhaltet als der oberste Layer der Cloud-Architektur die eigentliche Geschäftsanwendung: Das können CRM-, ERP- oder Collaboration-Applikationen sein, die in der Regel von der Fachabteilung, das heißt dem Endnutzer, auf Mietbasis bezogen werden.
Wie wird die SAP-Lösung eingeführt?
Da es sich bei SAP Business ByDesign um eine integrierte Business-Applikation handelt, muss diese über ein Einführungsprojekt auf den Einsatz im jeweiligen Unternehmen vorbereitet werden. Die Einrichtung erfolgt über eine im ERP-System eingebettete Implementierungsmethode. Sie bildet zunächst die Organisationsstruktur der Firma ab. In einem dialoggeführten Verfahren können Anwender die Funktionsbereiche der Software auswählen. Art und Umfang der Funktionsbereiche hängen beispielsweise davon ab:
-
wie viele Betriebsstätten die Firma unterhält und in welchen Ländern diese sich befinden;
-
ob es sich um ein Dienstleistungsunternehmen, eine Handelsgesellschaft oder einen Industriebetrieb handelt;
-
welche Prozesse (zum Beispiel Finanzen, Einkauf, Verkauf und Logistik) abgedeckt werden sollen.
Das Implementierungsverfahren steuert die Systemeinrichtung, den Test der Anwendung und die Inbetriebnahme. Die Einführung beschränkt sich jedoch nicht darauf, einige Knöpfe zu drücken: Bevor die automatisierte Routine greift, sind im Rahmen eines Workshops mit dem Kunden der Umfang der Lösung sowie die Ist-Prozesse und die Soll-Prozesse festzulegen.
Trotz der automatisierten Systemeinführung ist es ferner notwendig, dass ein Experte von SAP beziehungsweise einem SAP-Partnerunternehmen sowie Mitarbeiter des Kundenunternehmens in die Einführung eingebunden sind. Sie erhalten als Hauptbenutzer ("Key User") besondere Aufgaben. An dieser Stelle unterscheidet sich die Implementierung von SAP Business ByDesign nicht von "herkömmlicher" Business-Software.
Die Einführungskosten steigen, wenn Daten einer Altanwendung migriert, Drittsysteme eingebunden und zusätzlich zu den verfügbaren Standard-Reports weitere Berichte entwickelt werden sollen.
So urteilt PAC
SAP hat die technischen Schwierigkeiten weitgehend in den Griff bekommen. Der vorhandene Funktionsumfang genügt völlig, um über standardisierte Verfahren betriebswirtschaftliche Kernprozesse von Unternehmen zu steuern. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Der Erfolg der Lösung sowie des SaaS-Konzepts der SAP wird zu einem großen Teil davon abhängen, ob es gelingt, das Produkt in kurzer Zeit und zu niedrigen Kosten beim Kunden einzuführen. Die derzeit verfügbare Implementierungsmethode eignet sich für eine standardisierte ERP-Einführung ohne tiefgehende kundenspezifische Anpassung. Damit lassen sich die Startkosten gering und die Zeit bis zur Inbetriebnahme kurz halten. Die geführte Routine reduziert zudem die Einführungsrisiken (fehlende Transparenz über den Projektverlauf, mangelnde Dokumentation, Verzögerungen durch nicht erledigte Aufgaben etc.). Zur Kostenreduktion trägt natürlich auch bei, dass der Kunde keine IT-Infrastruktur aufbauen und betreiben muss.
Ein sehr wesentlicher Erfolgsfaktor einer Business-Software-Einführung ist jedoch das Projekt-Management, sprich die Organisation des Projektverlaufs und die Steuerung der Akteure auf Kunden- und Anbieterseite. Auch hierfür bietet Business ByDesign Werkzeuge an. Diese Tools können zwar helfen, häufige Fehler und Versäumnisse zu vermeiden, doch mangelndes Engagement, fehlendes Verantwortungsbewusstsein und eine unklare Kompetenzverteilung innerhalb des Projektteams lassen sich damit kaum aus der Welt schaffen.
Auf einem anderen Blatt steht, ob Unternehmen bereit sein werden, ihre Betriebswirtschaft einer SaaS-Lösung anzuvertrauen. PAC geht davon aus, dass sich mittelfristig SaaS-Angebote auch in Deutschland durchsetzen und einen wesentlichen Teil der IT-Ausstattung von Firmen ausmachen werden. (jha)
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